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Linksautonome protestieren in Berlin in der Rigaer Straße.
© Maurizio Gambarini/dpa

Proteste in Berlin-Friedrichshain: Wie ein Augenzeuge die Demo in der Rigaer erlebte

Ein Hobbyfotograf liegt nach den Protesten rund um die Rigaer 94 im Krankenhaus. Wie es dazu kam, erzählt er hier.

Am Sonnabend fand in Berlin eine der aggressivsten Demonstrationen seit Jahren statt, sagt die Polizei. Die linksextreme Szene hatte gegen die Teilräumung der Rigaer Straße 94 protestiert. 1800 Beamte waren laut Frank Henkel im Einsatz, 123 wurden verletzt, ein Beamter befindet sich auch am Montag noch in stationärer Behandlung im Krankenhaus. Es gab 86 Festnahmen. Steine, Flaschen und Pyrotechnik flogen auf Beamte. In der Frankfurter Allee nahmen die Polizisten sogar eine sogenannte Kugelbombe mit, ein extrem lauter Feuerwerkskörper, der in der Regel von professionellen Pyrotechnikern verwendet wird. Hier berichtet ein Zeuge, der von einem Knallkörper verletzt wurde und seither im Krankenhaus liegt.

Noch schnell die Kamera eingepackt, dann ab aufs Fahrrad. Samstagabend, ich war auf dem Weg nach Friedrichshain. Das war vor zwei Tagen. Ich liege immer noch im Krankenhaus. Ich bin über 70 Jahre alt und lebe seit fast vierzig Jahren in Berlin. Hier geboren bin ich nicht, aber ein Berliner bin ich inzwischen trotzdem.

Ich gehe seit Jahren zu Demos und mache Bilder. Proteste gehören auch zur Geschichte der Stadt. Ich war bei den Protesten wegen der Räumung der Cuvrybrache und bin regelmäßig in Kreuzberg am 1. Mai. Am Sonnabend demonstrierten die Linksautonomen der Rigaer Straße 94. Ich saß auf einer Bank am Wismarplatz, bevor die Demo dort um 21 Uhr losging. Mit einem Eis in der Hand unterhielt ich mich mit schwarz angezogenen Protestlern.

Plötzlich ein lauter Knall

Ich hatte Sympathie für ein paar ihrer Anliegen – gierige Investoren und steigende Mieten treiben die normalen Menschen aus unserer Stadt. Das kann so nicht sein. Ich machte Fotos von den jungen Menschen und ihrem Aktivismus.

Dann ging die Demo los, und ich setzte mich wieder auf mein Fahrrad. Am so genannten "Dorfplatz", an der Kreuzung der Liebigstraße mit der Rigaer Straße, könnte ich doch gut Bilder von den ankommenden Demonstranten machen, dachte ich. Mir machen Lautstärke und Hektik bei Demos nichts aus, ich war bei den Fallschirmjägern, zwei Jahre lang, und bin nicht schreckhaft.

Aber nach Sonnabend ist meine Demo-Zeit vorbei denke ich. Ich radelte einen kleinen Umweg und war vor der Demo am Dorfplatz. Als der Wirbel näher kam sah ich den Hass. Es war anders, als bei allen anderen Demos, die ich über die Jahre fotografiert hatte.

Die Räumung der Mainzer Straße habe ich vor zwanzig nur im Fernsehen miterlebt, jetzt brandete der Hass von Bewohnern und Unterstützern der Rigaer in Form von Gebrüll und Wurfgegenständen über mich hinweg. Ohne es zu merken, war ich zwischen Demonstranten und die Polizei geraten.

Plötzlich ein lauter Knall, kurz darauf prallte ich am Boden auf. Ich fühlte mit meinen Händen über den Asphalt, als versuchte ich Halt zu finden, obwohl ich flach auf dem Boden lag. Lärm und Hass waren verstummt. Ich sah, wie die Demonstranten ihre Münder aufrissen, die Gesichter verzerrt von Anstrengung und Wut aber um mich war es absolut still.

Eine Frau aus der Menge kniete sich neben mich und gab mir Tee, Polizisten zogen mich auf die Beine und brachten mich zu einem Krankenwagen. Trommelfellschaden, Knalltrauma. Noch bis mindestens Mitte der Woche muss ich im Krankenhaus bleiben. Wenn ich nach Hause komme, sehe ich mir meine letzten Bilder einer Demo an.

Noch hat der Hobbyfotograf, der seinen Namen nicht öffentlich nennen möchte, nicht mit der Polizei gesprochen. Sobald er entlassen wird, will er allerdings Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung erstatten.

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