zum Hauptinhalt
Gegenüber den gewaltbereiten Autonomen in der Rigaer Straße will Innensenator Henkel unnachgiebig bleiben.
© Maurizio Gambarini/dpa

Krawalle in Berlin-Friedrichshain: Der Konflikt um die Rigaer Straße hat zu viele Nutznießer

Autonome und Innensenator Henkel bilden in ihrem Dauerstreit so etwas wie eine politische Zugewinngemeinschaft. Nur eine Gruppe hält sich fein raus. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Werner van Bebber

Es war eine Straßenschlacht, die die Autonomen aus der Rigaer Straße in Friedrichshain gewollt, provoziert und bekommen haben. Allein die Zahlen, die die Polizei im Nachgang veröffentlicht hat, erinnern an die finsterste Zeit der Hausbesetzer in Berlin: 123 verletzte Polizisten, mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen, 86 Festnahmen in einer Sommernacht der Durchgeknallten.

Denn das ist einer der großen Unterschiede zwischen der Gewalt der Autonomen aus der Rigaer Straße von heute und den Hausbesetzern von damals: Die hatten ein politisches Projekt und haben dafür gestritten, auch mit Gewalt. Die Autonomen aus der Rigaer Straße behaupten bloß, so etwas wie politische Überzeugungen zu haben. Den Streit darüber verweigern sie, betonköpfig überzeugt von sich und ihrer Radikalität.

Henkel zeigt Entschlossenheit wie nirgends sonst

1800 Polizisten hat Innensenator Frank Henkel in der Krawallnacht mit Ansage einsetzen müssen, um die gewaltbereiten Demonstranten unter Kontrolle zu bringen und von Zerstörungsorgien abzuhalten. Nur nebenbei: Man kann Henkel einiges nachsagen, aber großformatig gescheiterte Polizeieinsätze wie in Köln bei der Hooligan-Demonstration und in der grässlichen Silvesternacht muss er sich nicht vorwerfen lassen. Überhaupt zeigt Henkel im Dauerkonflikt mit den Autonomen so viel Haltung und Konsequenz wie nirgends sonst. No-go-Areas für Polizisten, autonome Gebiete mitten in Berlin gibt es nicht mit diesem Innensenator, das sollte man anerkennen.

Gewiss hat dieser Dauerstreit zwischen den Autonomen, die von sich selbst glauben, sie wären linksradikal, und dem in Sachen Sicherheit und Ordnung strammen CDU-Mann etwas von einer politischen Zugewinngemeinschaft. Die einen schärfen ihr Profil auf Kosten der Gesundheit vieler Polizisten. Der andere nutzt die Möglichkeit, Entschlossenheit zu zeigen.

Der dritte Nutznießer im Konflikt ist ein Kollektiv – das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Angefangen mit der grünen Bezirksbürgermeisterin und gewieften Henkel-Antipodin Monika Herrmann passen hier alle Grünen, Linken und Sozialdemokraten gut auf, sich fein herauszuhalten. Niemand aus dem Rathaus will haftbar gemacht werden für die Stimmung in einem Kiez, die von Hass und Meinungsunfreiheit geprägt ist und Leuten, die dort einfach nur wohnen wollen, massiv auf die Nerven geht. Nur in einem liegt Herrmann richtig: Die Gefahr besteht, dass in solchen Gewaltnächten mal jemand ums Leben kommt.

Die eingesetzten Polizisten fehlen an anderer Stelle

Und nun? Zu diskutieren gibt es nichts mit den Autonomen. Sie sind außerhalb des demokratischen Konsenses unterwegs. Wie sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller da eine Deeskalation vorstellt, die er von Henkel erwartet, bleibt sein Geheimnis. Der FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja schlägt einen Konsensbeschluss der demokratischen Parteien gegen Linksextremismus vor. Das verdient Unterstützung: Auch Linke und Grüne können den Bürgern dieser Stadt deutlich sagen, dass sie nicht mal klammheimliche Freude über das empfinden, was im Samariterkiez abgeht.

Henkel liegt also richtig, wenn er konsequent bleibt. Doch wenn in ein paar Wochen der Wahlkampf beginnt, wird er damit kaum punkten können. Polizeieinsätze dieses Kalibers gehen längst auf Kosten der Sicherheit und auch der Ordnung in Berlin. Die Berliner Polizei ist in Teilen überstrapaziert – daran hat Henkel nicht wirklich viel ändern können. Dass Autos brennen, ist kaum zu verhindern. Dass aber große Städte wie Berlin zum Eldorado organisierter Krimineller werden, darunter arabische Clans ebenso wie russische Banden auf Raubzug, hat auch mit fehlender Polizeipräsenz zu tun.

Mag sein, dass sich Henkel mit seinen Personalwünschen einfach nicht gegen missgünstige sozialdemokratische Koalitionspartner durchsetzen konnte. Das zeigt bloß, dass dieser Senat mit sich am Ende ist. Für diese Erkenntnis braucht man nicht die geballte autonome Dummheit und Krawallbereitschaft dieser Stadt.

Zur Startseite