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Schöne Aussichten. Sollte sich die Modemesse Bread & Butter ganz aus Berlin zurückziehen, könnte dies ganz neue Perspektiven für das ehemalige Tempelhofer Flughafengebäude eröffnen.
© Entwurf: Berlin Zentralbibliothek

Teilrückzug Bread & Butter: Wie die Zukunft des Flughafens Tempelhof aussehen könnte

Jahrelang verhinderte die Bread & Butter andere Pläne für das ehemalige Flughafengebäude in Tempelhof. Nun zieht sich die Modemesse offenbar teilweise zurück – das setzt viele Ideen für die Nutzung des Baus frei.

Seit Tagen wurde über den möglichen, nun nur teilweisen Rückzug von Bread & Butter aus Berlin spekuliert, das bringt neuen Schwung in die Debatte um das ehemalige Flughafengebäude in Tempelhof. Denn seit 2009 erschwert die Modemesse, die zweimal jährlich alle Hangars, die Haupthalle und das Flugvorfeld für einen Monat nutzt, eine umfassende Sanierung und Entwicklung des denkmalgeschützten Baus. Grünen und Linken wäre es lieber, wenn Bread & Butter sich nicht nur teilweise, sondern komplett verabschiedete. Auch die Regierungsparteien SPD und CDU fänden es gut, wenn in das riesige Gebäude endlich mehr Leben käme. Das von der Modemesse bisher noch genutzte Flughafengebäude ist mit 294 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche Europas zweitgrößter Bau.

Ein Standort für Events und die kreative Szene

„Es muss endlich Geld in die Hand genommen werden, um das Gebäude zu ertüchtigen“, sagte der CDU-Fraktionschef Florian Graf dem Tagesspiegel. Besonders geeignet sei es als „Standort für Events, die kreative Szene und Großveranstaltungen“. Außerdem könnte die Dachterrasse ausgebaut werden, 2017 käme das Alliierten-Museum nach Tempelhof und das ehemalige Terminal könnte eingebettet werden in eine „Meile der Geschichte“ vom Checkpoint Charlie bis zum Platz der Luftbrücke.

Auch der SPD-Wirtschaftsexperte Frank Jahnke hält es für „wünschenswert, dass das alte Flughafengebäude stärker genutzt wird“. Für die Unterbringung der Zentral- und Landesbibliothek sei es nicht optimal geeignet, aber dies wäre immerhin eine „Tempelhofer Lösung“. Die Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop hält es ebenfalls „einer Diskussion wert, die Landesbibliothek dort unterzubringen“. Das könnte die Sanierung und Entwicklung des Baus voranbringen.

Möglicher Nutzungsmix für das Flughafengebäude

Die Ex-Senatorin und Stadtentwicklungsexpertin der Linken, Katrin Lompscher, hat einen ganzen Strauß von Ideen. Sie plädiert dafür, die Polizeidirektion 5 in der Kreuzberger Friesenstraße an den Platz der Luftbrücke zu verlagern und den dann leerstehenden Backsteinkomplex für den Wohnungsbau zu nutzen. Auch Lompscher kann sich vorstellen, dass die Landesbibliothek in das Bestandsgebäude in Tempelhof zieht, ansonsten schlägt sie einen „Nutzungsmix aus Hotel, Landesbehörden, Gewerbe, Ateliers und Studentenwohnungen“ vor. Das könne schon wegen der hohen Kosten nur schrittweise geschehen. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hatte schon einen Plan, der nach dem erfolgreichen Volksentscheid zum Tempelhofer Feld zurückgezogen wurde, um das Konzept und dessen Finanzierung zu überarbeiten. Instandsetzung und Sanierung des Gebäudes kosten nach bisherigen Schätzungen fast 200 Millionen Euro.

Die Verwaltung favorisiert ein Drei-Säulen-Modell: Verbesserung und Ausbau der Dauervermietung (für Büros, Dienstleistungen, Gewerbe- und Lagerflächen), die „kontinuierliche Erweiterung der Vermietung für Events“ und die Ansiedlung des Alliierten-Museums sowie die „Erschließung historisch und touristisch interessanter Bereiche“. Dazu gehörten die Dachterrasse, die ehemaligen Sportbereiche der US-Armee, Gastronomie, Ausstellungen und Gebäudeführungen.

Senatsverwaltung hält Teilrückzug für verkraftbar

Aus Sicht der Senatsverwaltung für Wirtschaft ist der Teilrückzug der Messe kein fundamentaler Rückschlag. „Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung bedauert diese Entscheidung“, sagte Sprecherin Claudia Hamboch. Aber sie ergänzte: „Bei allem Bedauern über den Umzug wird die Fashion Week im Winter auch ohne die Bread & Butter ihre Bedeutung haben.“ Die Standortbedingungen für Modemessen in Berlin seien gut. „Die Besucherzahlen und die wirtschaftliche Bedeutung der Fashion Week wachsen ständig weiter“, sagte sie – da falle ein Wegzug der Bread & Butter weniger ins Gewicht als noch vor einigen Jahren.

Als der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) 2009 still und heimlich den Mietvertrag mit Bread & Butter-Chef Müller aushandelte, gab es auch senatsintern Ärger. Denn damit wurde ein laufender Ideenwettbewerb für die Entwicklung und Nutzung des Gebäudes blockiert. Zum Beispiel wäre das Filmstudio Babelsberg gern nach Tempelhof gezogen. Der damalige Oppositionspolitiker Graf (CDU) warf Wowereit 2009 vor, der Vertrag sei „in unangenehmer Weise Symbol für die Selbstherrlichkeit Ihrer Politik“.

Barcelona, Berlin, Seoul

Bis heute ist nicht klar, wie hoch die Miete für Bread & Butter in Tempelhof ist. Gerüchteweise sollen es 1,6 Millionen Euro jährlich für 61 000 Quadratmeter sein. Der Mietvertrag war 2009 auf Drängen der Opposition und nach Androhung einer Verfassungsklage durch die CDU im Datenraum des Abgeordnetenhauses einsehbar, blieb aber vertraulich.

Erst am Dienstagabend hatten die Spekulationen, was Bread & Butter-Chef Müller jetzt wirklich vorhat, ein Ende: Im Januar Barcelona, im Juli Berlin, im September Seoul. Und auch mit Amerika wird schon geliebäugelt. Am Donnerstag fliegt er mit seinem Team mit unbekanntem Ziel los – weder nach Südkorea noch nach Barcelona. Aber, so hieß es aus dem Umfeld der Bread & Butter: Müller habe etwas Wichtiges woanders zu tun. Eine Stadt, die schon oft genannt wurde, ist Istanbul.In der Türkei ist ein Großteil der Jeansproduzenten beheimatet, die Regierung hat ein Interesse daran, dass sich die Modeindustrie entwickelt. Aber Müller hat dem Standort mehrmals eine Absage erteilt. Barcelona werten viele Experten als Rückschritt. Immerhin war Müller schon ein paar Jahre dort, und die Messe entwickelte sich immer mehr von einer professionellen Plattform zu einem Happening für Modeleute, ihre Freunde und Angehörigen. In der Nähe gibt es kaum Industrie und Südeuropa ist wirtschaftlich nicht so stark, dass sich daran bald etwas ändert.

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