Nach Flüchtlingsunterbringung: Wie der Flughafen Tempelhof zum Kulturzentrum werden soll
Noch in diesem Jahr ist der Baubeginn für die Dachterrasse am Tower geplant. Die Nutzung der Hangars für Geflüchtete endet 2019.
Nachdem das Flugfeld von Tempelhof Skatern, Radfahrern und Feldlerchen überlassen wurde, will der Senat auch das Flughafengebäude peu à peu dem Freizeit- und Kulturpublikum öffnen. In einem aktuellen Bericht ans Abgeordnetenhaus werden erste Vorhaben beschrieben. Demnach soll das Wachhäuschen an der Ausfahrt zum Columbiadamm als Café oder Restaurant genutzt werden. Die Gesellschaft Tempelhof Projekt sucht bereits nach einem Pächter.
Gleichzeitig wird deutlich, dass die Nutzung des Flughafengebäudes für die Erstversorgung und Registrierung von Flüchtlingen unter dem Stichwort Aufnahmezentrum bis Ende 2019 befristet wird. Anschließend soll es nur noch Nutzungen geben, die dem neuen Leitbild als „Stadtquartier für Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft“ entsprechen. Ende 2019 müssen auch die Containerdörfer wieder verschwunden sein, die derzeit auf Teilen des Flugfeldes aufgebaut werden. Die Blumenhalle auf dem Vorfeld ist längst Abriss und Abtransport geweiht, nur will sie offenbar niemand übernehmen.
Besucherzentrum am Ehrenhof
So geht es auch dem Gebäudeteil H2rund, dem ehemaligen Offiziershotel der Amerikaner, das mit Hilfe eines Privatinvestors saniert und vermarktet werden sollte. Inzwischen prüft die Tempelhof Projekt, ob das Ex-Hotel „in eigener Regie“ entwickelt und vermietet werden kann. Weil sich die Arbeiten hier verzögern, wird das Besucherzentrum nicht wie geplant im ehemaligen Speisesaal des Hotels eingerichtet, sondern „perspektivisch“ in den Räumen am Ehrenhof, die derzeit das Theater La Vie en Rose nutzt. Von dort aus soll auch die 80 Meter lange „Ehrenhalle“ am Eingang zur Abfertigungshalle erschlossen werden.
Als Zwischenlösung wird zunächst nur ein Infopunkt am Eingang eingerichtet – von dort sollen künftig die Führungen durch das Gebäude starten. Der eigentliche Bau einer Besucherterrasse am ehemaligen Tower sowie einer Geschichtsgalerie auf dem 1,2 Kilometer langen Dach soll noch dieses Jahr beginnen. Fertig wird der erste Abschnitt aber frühestens 2020. Über den Kopfbau-West am Tempelhofer Damm soll die Terrasse erschlossen werden. Für das Ausbauprojekt sind rund 35 Millionen Euro eingeplant. Das meiste Geld zahlt der Bund.
Schadstoffe verzögern die Bauarbeiten
Der Bund kommt auch größtenteils für die Schadstoffbeseitigung am Gebäude auf. Neben Asbest gibt es schwermetallhaltige Farbanstriche und Belastungen mit PAK-Kohlenwasserstoffen. Ein Gutachten soll einen Überblick über die Gesamtbelastung des Gebäudes geben. Gesundheitsgefahren bestünden derzeit nicht, heißt es. Neben Schadstoffen verzögern auch fehlende Unterlagen aus der Bauzeit Ende der 1930er Jahre die Arbeiten am Gebäude.
Das Ankunftszentrum für Flüchtlinge wurde nicht wie vorgesehen in der Abfertigungshalle eingerichtet, sondern im Hangar 5. Bis August zieht das Zentrum in den Hangar 2 um, weil 5 „zunächst bis Ende des Jahres“ als temporäre Spielstätte der Volksbühne genutzt wird. Bis 2019 sollen die Hangars 1 bis 4 zur Aufnahme und „kurzfristigen Unterbringung“ von Flüchtlingen genutzt werden, aber auch als Ausweichquartier, wenn plötzlich andere Unterkünfte ausfallen oder die Flüchtlingszahlen wieder stark steigen. In Hangar 7 soll das Alliiertenmuseum einziehen, 5 und 6 können ab 2018 wieder für Events vermietet werden.
Flughafen soll irgendwann "autark" sein
Das Flughafengebäude ist seit der Übernahme vom Bund für den Senat ein Zuschussgeschäft. Jährlich werden rund zehn Millionen Euro in die Sanierung gesteckt, das reicht aber nicht aus, um die Kosten zu decken. Ziel ist, „das Gebäude wirtschaftlich autark zu machen“, heißt es im Senatsbericht. Wann dieses Ziel erreicht sein soll, lässt die zuständige Senatorin für Stadtentwicklung, Katrin Lompscher (Linke), offen. Gegenwärtig muss sich Tempelhof Projekt mit Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe herumschlagen, von Veranstaltern, die wegen der Flüchtlingsunterbringung ausweichen mussten. Nach verschiedenen Messebetreibern möchte jetzt auch das Lollapalooza-Festival Geld vom Senat haben.
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