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Zukunft offen. Viele Initiativen wollen auf das Dragoner-Areal.
© imago/Schöning

Berlin-Kreuzberg: Wer darf im Dragoner-Areal einziehen?

Im Juni bekommt Berlin das Dragoner-Areal zurück. Doch was passiert mit den Flächen auf dem Berliner Grundstück? Das wird jetzt geklärt.  

Steigende Mieten in ganz Berlin erschweren die Suche nach bezahlbaren Räumen für soziale und Kulturvereine. Auch der Kreuzberger Kulturverein Orhan Gazi, seit 1982 im Kiez, sorgt sich um sein Fortbestehen. Der Mietvertrag wird nicht verlängert, Ende Februar muss die Gemeinde ihre Räumlichkeiten in der Obentrautstraße 35 verlassen Das Verhältnis zur Hausverwaltung sei immer gut gewesen, aber das Haus wird nun saniert, erklärt der Vereinsvorsitzende Mehmet Alankaya im bezirklichen Integrationsausschuss am 14. Februar. Seit 2011 hat der Verein schon etliche Gewerberäume besichtigt, sogar ein Makler wurde eingeschaltet – bisher ohne Erfolg.

Mit Hilfe des CDU-Bezirksverordneten Timur Husein und von 5500 Unterschriften aus der Nachbarschaft hofft der Verein nun auf Räume im Dragoner-Areal zwischen Obentrautstraße und Mehringdamm. Doch die Fläche gehört der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) – noch. Ende Juni soll das Areal an das Land Berlin rückübertragen werden. Erst danach kann entschieden werden, was mit den Flächen passiert. „Bis im Dragoner-Areal irgendein Raum fertig ist, wird es noch sehr lange dauern“, sagte Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) bei der Ausschusssitzung.

Das Sanierungsgebiet soll im Austausch entwickelt werden

Welche Initiativen auf die 4,7 Hektar große Gewerbefläche des Areals ziehen sollen, wird aktuell in einem mehrstufigen Beteiligungsprozess ausgehandelt. Derzeit gibt es nach Angaben des Bezirksamtes 13 Initiativen, die am Prozess beteiligt sind. Darunter sind Vereine, die die Räume für sich wollen ebenso wie Initiativen, die sich für günstigen Wohnraum einsetzen. Die Stern-Gesellschaft „für behutsame Stadterneuerung“ betreut das Gebiet seit 2016, die Agentur Zebralog wurde vom Bezirksamt für kreative Beteiligungsformate und Öffentlichkeitsarbeit beauftragt. Ein „Lernlabor“ am Dienstag war der Beginn der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren, darunter der Senat, das Bezirksamt, verschiedene Initiativen, Bewohner und Eigentümer. Ziel des Verfahrens ist eine Kooperationsvereinbarung. Dabei sei es wichtig, zwischen gemeinsamen Zielen und Interessen zu trennen, sagt Michael Ziehl, einer der geladenen „Impulsgeber“. Das Sanierungsgebiet soll im Austausch entwickelt werden, laut Ziehl eine „große Chance“. Ausgelernt hatte es sich nach dem ersten Labor noch nicht, weitere Workshops und Treffen werden folgen. Auch der Vorsitzende von Orhan Gazi nahm teil.

Der Deal ist Teil eines Tauschgeschäfts

Aber nichts wird entschieden, solange die Fläche der Bima gehört. Zwar hatte Jens Spahn, Staatssekretär beim Bundesministerium der Finanzen, Anfang des Monats erklärt: „Sowohl das Land Berlin als auch die Bima sind bestrebt, die Grundstücksübertragung möglichst zeitnah zu vollziehen“. Der Deal sei allerdings Teil eines Tauschgeschäftes, bei dem „im Gegenzug der Bund dafür das Eigentum an landeseigenen Kulturliegenschaften erhält“. Das macht die Sache nicht einfacher. Außerdem könnten noch Klagen die Übertragung des Areals behindern. „Sechs betroffene Eigentümer“ seien vor das Oberverwaltungsgericht gezogen, schreibt Spahn. Hintergrund ist ein von der Bima vollzogener Verkauf des Areals an einen Investor mit häufig wechselndem Wohnsitz. Der Deal konnte nur durch ein Bundesrats-Veto gestoppt werden. Auch die Bima hatte sich daraufhin der Klage des verhinderten Käufers angeschlossen. Immerhin konnte das Finanzministerium seine Immobilientochter davon überzeugen, ihre Beteiligung an der Klage fallen zu lassen, sobald das Areal an das Land Berlin übertragen ist.

Den Abschluss des Verfahrens kann Orhan Gazi nicht abwarten, sollte der Verein tatsächlich Ende Februar die Obentrautstraße 35 verlassen müssen. Eine Alternative wäre, Kirchen anzusprechen, die teilweise leer stünden, schlägt Bezirksverordneter Wolfgang Lenk (Grüne) vor. Dies würde allerdings wieder ein Beteiligungsverfahren nach sich ziehen. „Wenn der Verein jetzt kurzfristig keine Räumlichkeiten bekommt, ist er weg“, sagte Unterstützer Husein im Ausschuss. Er hält nach wie vor an der Idee des Dragoner-Areals fest: „Auf dem Areal gibt es vom Bezirk gemietete Gebäudeteile.“ Diese müssten zwar saniert werden, eine Untervermietung sei jedoch möglich, sagte er dem Tagesspiegel. Der Fall Orhan Gazi wird noch in zwei weiteren Ausschüssen beraten.

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