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Laut PISA-Studie wird jeder sechste deutsche Schüler regelmäßig Mobbing-Opfer.
© IMAGO

Berliner Schulpolitik: Wenig Transparenz bei Gewalt und Mobbing

Straftaten an Berliner Schulen werden nur ungenau dokumentiert – das zeigt eine Anfrage des FDP-Politikers Marcel Luthe. Mehrere Abgeordnete verlangen nun Aufklärung.

Wie viele Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, Polizeieinsätze und Notrufe gab es in den vergangenen drei Jahren an Berliner Schulen? Genauer gesagt: Welche Vorfälle sind in der Polizeidatenbank „Poliks“ zu den Adressen der einzelnen Schulen verzeichnet? Das wollte der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe in einer schriftlichen Anfrage von der Senatsinnenverwaltung wissen.

Die Antwort von Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) fällt denkbar knapp aus, sie besteht lediglich aus einem Satz: „Die Fragestellungen lassen sich nicht automatisiert aus dem Polizeilichen Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (Poliks) beantworten.“ Ein Sprecher der Innenverwaltung ergänzte auf Anfrage des Tagesspiegels: „Es geht technisch nicht.“

Luthe beklagt mangelnde Transparenz

Luthe hatte in seiner nicht weniger als 16 Seiten umfassenden Anfrage alle Schulstandorte einzeln und mit Adressen aufgeführt. Ein Polizeisprecher erklärte, die Daten zu all diesen Schulen hätte man händisch heraussuchen müssen – und ein solcher Aufwand hätte den Rahmen gesprengt. Die Kriminalitätsstatistik (die letzte zugängliche stammt aus dem Jahre 2015) führt allerdings eine Rubrik „Straftaten an Schulen“ – und diese Daten wiederum werden mithilfe von Poliks erhoben. In der Kriminalitätsstatistik wird nach Bezirken und nach Art der Straftaten aufgeschlüsselt, nicht jedoch nach Einzelschulen. Im Zeitraum 2014/15 wurden demnach 5179 Straftaten registriert, bei den meisten handelte es sich um Diebstahl (1227) und Körperverletzung (1205).

Der FDP-Politiker Luthe will sich mit der Auskunft der Innenverwaltung auf seine Anfrage nicht zufriedengeben. „Gewaltvorfälle sind eines der größten Probleme an den Berliner Schulen. Wir brauchen eine Erfassung der Vorfälle nach rechtsstaatlichen Maßstäben.“ Die Probleme würden durch fehlende Transparenz sonst zu oft unter den Teppich gekehrt. Deshalb hat Luthe nun vor, Klage beim Verfassungsgericht einzureichen. Seiner Auffassung nach verstoße es gegen die Verfassung von Berlin, dass ihm als Abgeordnetem diese Informationen nicht zugänglich gemacht würden.

Schulen müssen nicht Alles melden

Eine Übersicht über Gewaltvorfälle an Schulen besitzt die Senatsbildungsverwaltung. Sie veröffentlicht regelmäßig eine Statistik – gibt diese Daten aber ebenfalls nicht schulgenau heraus.

Schulen sind verpflichtet, Gewaltvorfälle ab einem bestimmten Gefährdungsgrad zu melden. Im vergangenen Schuljahr wurden 3225 Vorfälle gemeldet. Allein im ersten Halbjahr 2016/17 wurden 430 Fälle von schwerer körperlicher Gewalt gemeldet – und mehr als 1000 Vorkommnisse von Beleidigung, Drohungen und Tätlichkeiten. Letztere drei gehören zur Kategorie I – dem geringsten Schweregrad. Schulen sind nicht verpflichtet, Vorfälle dieser Kategorie zu melden.

Der SPD-Abgeordnete Joschka Langenbrinck kritisiert das Verfahren. „Wir brauchen mehr Transparenz“, fordert Langenbrinck. „Auch Vorfälle der ersten Kategorie müssen meldepflichtig werden. Außerdem muss die Senatsverwaltung wieder einen jährlichen Bericht zur Gewaltprävention veröffentlichen.“ Diese beiden Punkte stehen auch in einem Antrag der SPD-Fraktion, der im Juni 2016 vom Abgeordnetenhaus beschlossen wurde. Die Bildungsverwaltung teilt mit, dass das Meldeverfahren derzeit überarbeitet werde.

Sylvia Vogt

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