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Kein Kinderspiel. Für Kleine ist die Lage hart, für die Ämter auch.
© picture alliance / dpa
Update

Flüchtlinge in Berlin: Weitere Turnhallen als Unterkünfte geplant

In Berlin kommen weniger Flüchtlinge an, aber weiterhin gibt es zu wenig Platz. Deshalb werden weitere Sporthallen belegt – aber dann fällt der Unterricht aus.

Rund 250 Flüchtlinge kamen am Mittwoch nach Berlin. Nur noch, denn vor wenigen Wochen waren es täglich zwei- bis dreimal so viele. Drei weitere Hangars richtet das Lageso im Airport Tempelhof deshalb ein, Platz für 2700 Menschen. Entspannung in der Flüchtlingskrise? Keineswegs, rein rechnerisch füllen die Neuankömmlinge binnen zehn Tagen die neuen Hangars. Das ICC, das bald öffnet, ist schon vorab ausgebucht: Dort ziehen die Flüchtlinge aus der Messehalle 26 ein, die wieder für internationale Ausstellungen benötigt wird.

Derzeit sind insgesamt 40.000 Geflüchtete in der Stadt in 134 Unterkünften untergebracht, zwei Drittel der Behausungen sind aus der Not geboren: Traglufthallen, Hangars, Fabrik- oder Turnhallen. Für fast 25.000 Menschen sucht das Land Gemeinschaftsunterkünfte, mit WCs statt Dixie-Klos, Küchen statt Catering. Wann sie bereit stehen, ist ungewiss.

„Im Moment muss man davon ausgehen, dass weitere Sporthallen noch belegt werden müssen“, sagt die Sprecherin der Sozialverwaltung Regina Kneiding. „Unumgänglich“, nennt sie das, „damit die Flüchtlinge ein Dach über dem Kopf haben.“ Nur wenn weitere „Großunterkünfte“ eröffnen würden, könne sich die Lage entspannen.

Aber woher sollen diese kommen, vor allem in den zurzeit benötigten, gewaltigen Dimensionen? Allein in den 41 derzeit genutzten Turnhallen leben 8400 Menschen, fast doppelt so viele wie in allen Hangars des Tempelhofer Flughafens zusammen bald leben werden.

An zehn Schulen in Berlin gibt es weniger Sportunterricht

Deshalb besteht wenig Hoffnung auf eine Entwarnung: Denn trotz der zahlreichen belegten Sporthallen bleibt der Bedarf unverändert groß. Deshalb müssen Notlösungen her, die schon mal schwerwiegende Folgen haben. Weil in Reinickendorf die Sporthalle eines Oberstufenzentrums demnächst zur Unterbringung von Flüchtlingen beschlagnahmt wird, fällt auch für die Grundschüler der benachbarten Reginhard-Schule der Sportunterricht bis auf Weiteres aus. Und weil die Grundschule bisher wegen des viel zu kleinen Pausenhofs die Sporthalle auch als Aufenthaltsort nutzen musste, stehen sich die Kinder künftig auf den Füßen. Auch in Spandau wurden nun viele Sporthallen als „potentiell geeignet“ identifiziert (die Standorte lesen Sie in diesem Tagesspiegel-Artikel).

„Wir haben sowieso schon Platzmangel, der wird noch schlimmer und außerdem fällt der Sportunterricht aus“, klagt Manuela Schultz, Elternvertreterin der Klasse 6a an der Reginhard-Schule. Am 18. Dezember werde die Halle beschlagnahmt.

Kein Sportunterricht in Reinickendorf

Dass nun auch für die ersten Reinickendorfer Grundschüler der Sportunterricht bis auf Weiteres ausfällt, ist eigentlich eine Panne. Grundschulen sind in Trägerschaft der Bezirke, und die Bezirksstadträtin Katrin Schultze-Berndt hatte trotz Aufforderung des Senats keine Sporthallen zur Flüchtlingsunterbringung gemeldet. Allerdings hatte die Bildungsverwaltung als Trägerin des Oberstufenzentrums dessen Halle für Flüchtlinge frei gegeben. Dadurch waren die Grundschüler gleich ebenfalls ums Turnen gebracht.

„Dabei ist Sport unverzichtbar“, sagt Schultze-Berndt. Gerade für die Kinder in dem nicht ganz einfachen Kiez der Reginhard-Straße, um den sich ohnehin schon Quartiersmanager kümmern müssen, ist Bewegung ein Ventil zum Abbau von Frustrationen und Erlernen von Teamfähigkeit. „Unser Bezirk ist mit Sporthallen eh unterversorgt“, so Schultze-Berndt. Wohin die Schüler ausweichen sollen, ist deshalb unklar.

Der Senatsverwaltung für Bildung sind sonst keine Schulen bekannt, wo der Sportunterricht komplett ausfällt. Aber „von einer Reduzierung der Sportstunden sind gegenwärtig 10 Schulen betroffen“, so Sprecherin Beate Stoffers. So lange die „Notsituation“ anhalte, blieben die Sporthallen in der Zuständigkeit des Lageso. Die Kinder würden während der ausfallenden Sportstunden pädagogisch betreut. Zudem würden „Sport- und Bewegungsangebote“ etwa in „Schwimmhallen, Kletteranlagen, Tanzschulen“ vorbereitet.

Lesen Sie mehr: Auch Spandau soll zwei weitere Sporthallen zur Verfügung stellen - auf www.tagesspiegel.de/spandau lesen Sie sind die Standorte.

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