BfV-Gutachten: Was der Verfassungsschutz über die AfD in Brandenburg weiß
Laut Verfassungsschutz-Gutachten sympathisiert Cottbuser AfD-Funktionär Jean-Pascal Hohm mit extremen Rechten. Auch Landeschef Kalbitz taucht in dem Papier auf.
Von Brandenburgs AfD-Landeschef wurde er wegen seiner Verbindungen zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“ als Mitarbeiter der Landtagsfraktion rausgeworfen, dann fand er beim Potsdamer AfD-Bundestagsabgeordneten René Springer einen neuen Job. Nun zeigt sich: Jean-Pascal Hohm, ehemals Chef der AfD-Nachwuchstruppe „Junge Alternative Brandenburg“ und heute Beisitzer im Vorstand des AfD-Kreisverbands Cottbus, hat offenbar wenig Probleme mit Milieus rechtsaußen. Der Fall Hohm zeigt, wie eng die Kontakte der AfD mit extremistischen Kreise sind.
Programmatische Nähe zu rechten Burschenschaften
Hohm taucht in dem Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) auf, das Grundlage für die Entscheidung war, die AfD als Prüffall, den Parteinachwuchs „Junge Alternative“ und die Vereinigung „Der Flügel“ als Verdachtsfall einzustufen. Dem Gutachten zufolge soll Hohm im August 2017 auf Twitter ein Video der rechtsextremistischen Band „Hassgesang“ verlinkt und dabei die verbotenen Doppelsigrunen verdeckt haben. Die Rede ist von „Überschneidungen in den Bereich rechtsextremistischer Musik“. Hohm wird auch bescheinigt, zumindest zeitweise für die „Identitäre Bewegung“, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet wird, aktiv gewesen zu sein.
Daneben habe Hohm bei Facebook seine „programmatische Nähe“ zu mehreren rechten Burschenschaften geäußert. Etwa in einem Post einer Dresdner Burschenschaft, der Verbindungen zur neuen Rechten, zu den „Identitären“ und vereinzelten NPD-Kadern nachgesagt werden. Es ging um die Bombardierung Dresdens im Februar 1945. Hohm kommentierte: „Alliierte Kriegsverbrechen – wir vergessen nicht!“ Zugleich registrierte das Bundesamt für Verfassungsschutz Hohms Unterstützung und Reden für die Initiative „Zukunft Heimat“, die in Cottbus regelmäßig Demonstrationen abhält und dabei auch Neonazis duldet.
Foto mit Aktivisten der Bewegung "Casa Pound" bei Rom
Erwähnt wird im Gutachten zudem Hohms Vorliebe für das neurechte Lifestyle-Magazin „Arcadi“. Es präsentiert aktuell, was das BfV nicht meldet, ein Interview mit Hohm. Der in Cottbus studierende AfD-Mann schwärmt von der Stadt, in der man „für das Tragen patriotischer Kleidungsstücke auch gerne mal zustimmende Blicke zugeworfen“ bekomme.
Noch nicht registriert wurde im Gutachten des BfV ein Besuch Hohms im Oktober 2018 bei Rechten in Italien. Ein Foto aus den sozialen Netzwerken zeigt ihn mit einem Aktivisten der Bewegung „Casa Pound“ bei Rom. Deren Anhänger sehen sich als „Faschisten des dritten Jahrtausends“, verehren Mussolini und zeigen den „römischen Gruß“ – in Deutschland der Hitlergruß. Casa Pound war ein Vorbild für die 2012 verbotene Gruppe „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“, die sich auch „Spreelichter“ nannte.
Verbindungen zur Identitären Bewegung
Hohm schreibt bei Facebook schon mal: „Jugend in den Widerstand“. In Brandenburg war er Landeschef der „Jungen Alternative“. Andreas Kalbitz, Gaulands Nachfolger als Chef von Landtagsfraktion und Landespartei, hatte ihn als Mitarbeiter beschäftigt. Nach einem Bericht in den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ im Mai 2017 musste Hohm gehen. Grund war ein gemeinsamer Auftritt mit dem Regionalchef der „Identitären Bewegung“, Robert Timm, im Cottbus-Block bei einem Fußballspiel gegen Babelsberg – inmitten rechter Hooligans. Schon im Dezember 2016 war er an einer Sitzblockade der „Identitären Bewegung“ vor der CDU-Bundeszentrale in Berlin beteiligt.
Gut vernetzt ist Hohm auch mit dem Verein „Ein Prozent“, in dem er Praktikant war. Der Verein versteht sich als Plattform für flüchtlingsfeindliche Proteste und unterstützt „Zukunft Heimat“ in Cottbus. Die Behörden sehen auch dort Verbindungen zu den „Identitären“. Gleich neben dem Bürgertreff von „Zukunft Heimat“ hat die AfD ihr Büro, Hohm sitzt im Vorstand des Kreisverbands.
AfD-Landeschef Kalbitz bei Vereinigung "Der Flügel" aktiv
Im Gutachten des Bundesamtes werden mehrfach Brandenburger AfD-Leute genannt. Die Behörde verweist unter anderem auf einen Eintrag der „Jungen Alternative Brandenburg“ vom Januar 2018 bei Facebook. Da wird die „Masseneinwanderung“ von Flüchtlingen als „Import des Todes“ bezeichnet. Im Oktober 2017 postete der AfD-Nachwuchs bei Facebook: „Es wird Zeit, dass diese multikultiversoffenen Deutschlandabschaffer aus dem Landtag gefegt werden!“ Damit werde „ganz offensiv eine Beseitigung etablierter Parteien aus dem Landtag“ gefordert, schreibt das BfV.
Es nennt zudem AfD-Landeschef Kalbitz einen maßgeblichen Aktivisten der Vereinigung „Der Flügel“. Im Gutachten wird dann auch aus einer Rede von Kalbitz beim „Kyffhäusertreffen“ des „Flügels“ 2018 zitiert. Der AfD-Mann rief die bei Neonazis beliebte Parole, „wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!“ Die Zuhörer sollen den Spruch dann fünfmal skandiert haben.