Beschwerden bei den Berliner Ordnungsämtern: Was bringt die Ordnungsamt-App?
Jeden Monat beschweren sich etwa 10.000 Bürger online bei den Berliner Ordnungsämtern. Aber die meisten Bezirke wissen nicht genau, ob und wann die Probleme gelöst werden.
Ein ganz normaler Montag in Berlin: In Pankow steht ein Mercedes ohne Kennzeichen herum, in Friedrichshain-Kreuzberg modert auf dem Mittelstreifen der Warschauer Straße eine alte Matratze, und in Lichtenberg werden Ratten am Müllplatz gesichtet. In Tempelhof-Schöneberg beschwert sich ein Bürger über einen hässlichen Bauwagen, der seit einem halben Jahr ungenutzt herumsteht, und in der Wuhlheide laufen mal wieder sämtliche Hunde ohne Leine herum.
Dies alles sind klassische Fälle für die Berliner Ordnungsämter, denen monatlich etwa 10.000 neue Beschwerden über ein Onlineportal zugeschickt werden. Vor drei Jahren wurde das Projekt gestartet – wie in Berlin üblich, war es ein Kaltstart mit stotterndem Motor.
Großes Vorbild war der brandenburgische Internetauftritt „Maerker“, den es schon zehn Jahre gibt und an dem sich 110 Kommunen beteiligen. Zunächst war geplant, dass die zwölf Berliner Bezirke unter die Decke von „Maerker“ schlüpfen, aber nur Lichtenberg beteiligte sich 2011 als Pilotbezirk, die anderen Bezirksämter drückten sich erfolgreich.
Erst als die damaligen Regierungsfraktionen SPD und CDU Druck machten und den Senat aufforderten, „schnellstmöglich eine Onlineplattform für Mängelbehebungen einzuführen“, nahm die Sache etwas Fahrt auf. Berlin entschied sich für einen eigenen Weg und im Juli 2015 war das neue „Anliegen- und Beschwerdemanagement“ einsatzbereit.
Seit Januar 2018 sind alle Bezirke dabei
Allerdings befürchteten die meisten Bezirke, dass das Online-System zusätzlich Arbeit machen könnte. Und so kam es, dass das Ordnungsamt im Internet erst einmal nur von Lichtenberg und Treptow-Köpenick ausprobiert wurde. Die anderen Bezirke zuckelten peu à peu hinterher – seit Januar 2018 sind nun endlich alle dabei. Seitdem macht auch Steglitz-Zehlendorf mit.
Natürlich sind die bezirklichen Ordnungsämter weiterhin per Telefon, Mail oder Brief erreichbar, aber das Onlineangebot entwickelt sich allmählich zu einem Berliner Erfolgsmodell. Man kann es per Notebook oder PC auf dem Serviceportal des Landes Berlin finden, und für das Handy gibt es eine App. Sie heißt „Ordnungsamt-Online“, wurde aber erst von 10.000 Nutzern heruntergeladen.
Bei rund 2,5 Millionen erwachsenen Berlinern ist die Nachfrage also stark ausbaufähig. Das ist wohl auch ein Grund dafür, dass die Koalitionsfraktionen – jetzt sind es SPD, Linke und Grüne – noch einmal per Parlamentsbeschluss Druck machten. Der Senat solle für eine „korrekte Müllbeseitigung“ sorgen, in diesem Zusammenhang sei auch „die App Ordnungsamt-Online stärker zu bewerben“ und deren Wirkung zu überprüfen.
Es geht allerdings nicht nur um den Sperrmüll, der illegal abgeworfen wird, sondern ganz allgemein um „Störungen im öffentlichen Raum“. Dazu können auch wild wuchernde Bäume gehören, die Fußgängerwege unpassierbar machen, oder der Lärm von Staubsaugern an Autowaschanlagen, die täglich von 7 bis 22 Uhr in Betrieb sind.
Wem es Spaß macht, der kann sich auf der Internetseite der Berliner Ordnungsämter anschauen, was den lieben Nachbarn so alles stört. Um anschließend selber Meldung zu machen. Besonders viele Beschwerden hagelt es online in Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und Pankow, während es in den Außenbezirken eher beschaulich zugeht.
Ungereimtheiten zwischen den Bezirken
Das Portal des Ordnungsamts funktioniert nach dem Ampelsystem. Gelb heißt: in Bearbeitung, Grün heißt: erledigt. Die Senatsverwaltung für Inneres führt darüber Buch, und auf Anfrage des Grünen-Abgeordneten Stefan Ziller wurde jetzt eine Statistik veröffentlicht, die auf den ersten Blick beeindruckt. Seit Anfang 2017 bis Ende April 2018 wurden fast 160 000 Beschwerden ausgewertet, mit bezirklichen Erledigt-Quoten von 86 bis 100 Prozent. Und das in Berlin?
Der Haken an der Geschichte ist, dass die bezirklichen Ordnungsämter sich nicht an die vereinbarte „einheitliche Umsetzung der gemeinsamen Beschlusslage“ halten. Man hatte sich ursprünglich darauf geeinigt, dass Beschwerden, die an ein Fachamt im Bezirk, an ein Landesunternehmen oder andere Externe weitergeleitet werden, als „in Bearbeitung“ gelten. Erst wenn das gemeldete Problem tatsächlich erfolgreich gelöst ist, darf grünes Licht gegeben werden. Jetzt räumen manche Bezirke aber ein, dass für sie eine Bürgerbeschwerde schon dann als „erledigt“ gilt, wenn die Meldung erfolgreich weitergereicht wurde. Ohne zu wissen, was damit wirklich geschieht.
Die Innenverwaltung schaut sich das an und verspricht: „Seitens des Senats wird weiterhin eine einheitliche Umsetzung in allen Bezirken angestrebt und unterstützt“. Übrigens werden ab September auch die Straßen- und Grünflächenämter in das Onlinesystem integriert. Acht Bezirke wollen das sogar nutzen.
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