Ausstellung "Mattresses of Berlin": Republica-Gründer ruft Weltmatratzentag aus
Immer wieder liegen Matratzen auf den Straßen Berlins und anderer Großstädte. Für Andreas Gebhard sind es mehr als alte Matten. Zum ersten World Mattress Day zeigt er Fotos der intimen Objekte.
Gut ein Drittel seines Lebens verbringt der Mensch schlafend. Nichts anderes nimmt im Leben so viel Platz ein, wie die Zeit, die man im Bett verbringt. Das Bett ist so eine Art Lebensgefährte, manche machen gar eine Wissenschaft aus ihrer Matratzenwahl: Latexkern, Memoryschaum – oder doch lieber Kaltschaum?
Und trotzdem landen viele Matratzen auf der Straße, wenn sie ausgedient haben, achtlos abgestellt am Mülleimer, zwischen Flaschenpfand und Dönerresten.
Um auf dieses Paradox aufmerksam zu machen, hat Andreas Gebhard, Mitbegründer der Berliner Digitalkonferenz Republica, den heute erstmals stattfindenden World Mattress Day, den Weltmatratzentag, ins Leben gerufen. Gebhard fing irgendwann an, die auf der Straße zurückgelassenen Matratzen zu fotografieren und Fotos von anderen Matratzen im öffentlichen Raum zu sammeln.
Nachdenken über Matratzen - mit einem Augenzwinkern
Auf seinem Instagram-Account Mattresses of Berlin postet er die Bilder seit etwa einem Jahr. „Ich finde es interessant, dass Menschen Dinge, mit denen sie so viel Zeit verbringen, einfach wegwerfen“, sagt er. Mit dem Lieblingspulli würde man das schließlich auch nicht machen. „Das Bett ist etwas sehr Intimes. Mit dem World Mattress Day wollte ich die Menschen zum Nachdenken darüber anregen – mit einem Augenzwinkern natürlich.“
Am interessantesten findet Berufsnerd Gebhard aber, wie verbreitet die Matratzenfotos im Netz sind. „Das ist ein globales Phänomen“, sagt er. Und tatsächlich: Auf Instagram gibt es – um nur einige Beispiele zu nennen – Matratzenbilder und dazugehörige Accounts aus Paris, Sydney, New York, Detroit. Es gibt sogar einen nur für Ost-Londoner Matratzen. Von einem Internethype zu sprechen, wäre jedoch übertrieben. Gebhard liegt mit 200 Followern auf seinem Matratzen-Account eher vorne.
"Nothing really mattress"
Im Gegensatz zum sonst auf Instagram vorherrschenden Selfie-Wahn sieht man auf den Matratzenfotos höchstens Passanten. Manche der Matratzen sind bemalt oder mit politischen Botschaften versehen, „Fuck Donald Trump“ steht auf einer Berliner Matratze . Und ganz auf den Punkt bringt es das Wortspiel, das jemand auf eine andere Matte gesprüht hat: „Nothing really mattress.“
Für Sprayer, erklärt Andreas Gebhard, sei die Matratze der ideale Untergrund, weil es für diese Graffitis auf den ausrangierten Objekten keine Genehmigung braucht und man sich kaum wegen Sachbeschädigung strafbar machen könne. Die französische Künstlerin Lor-K macht aus gefundenen Matratzen sogar Fast-Food-Skulpturen: Dazu zerschneidet und bemalt sie den alten Schaumstoff und bringt ihn dann in die Form von mannsgroßen Pizzastücken, Wraps und Sushirollen. Sie gebe damit einer Sache, die unbeachtet am Wegesrand stand, eine neue Bedeutung, erzählt Lor-K in einem YouTube-Video. Auf einmal blieben Leute stehen und bewunderten das, woran sie zuvor einfach vorbeigegangen wären.
Musik und Matratzen beim Torstraßenfestival
Zum Weltmatratzentag hat Gebhard eine Ausstellung mit Fotos von verlassenen Matratzen organisiert. Die Bilder hat sich Gebhard von ihren Machern in höherer Auflösung zuschicken lassen und sie groß ausgedruckt. Die Ausstellung läuft im Rahmen des ebenfalls von Gebhard mitorganisierten Torstraßenfestivals. Deshalb wird es am Sonnabend auch eine Musikperformance in der Galerie geben: Von 14 bis 16 Uhr inszeniert der Gitarrist Felix-Florian Tödtloff eine „Live-Klang-Installation, einen ortsspezifischen Soundtrack zwischen Matratzen und ihren fotografischen Reproduktionen“. Gebhard will vor Ort Matratzen auslegen, auf denen die Besucher sitzen, liegen oder ein Nickerchen machen können. Diese Matratzen hat er übrigens nicht auf der Straße gefunden.
"Mattresses of Berlin", Galerie Fata Morgana, Torstraße 170. Fr 17–21 Uhr, Sa 13.30–17 Uhr, Mo–Donnerstag 17–20 Uhr. Eintritt frei.
Highlights des Torstraßenfestivals
Zum siebten Mal bringt das Musikfestival am Wochenende die Gegend rund um die Torstraße zum Klingen. Der Neukölln Country Club spielt am Freitag um 21 Uhr im ACUD, am Sonnabend gibt es von 14 Uhr bis in die Nacht Konzerte in Clubs wie dem Grünen Salon, dem Bassy Club und dem Kaffee Burger. Die Bandbreite reicht von Pop über Elektro bis Rock. Die Veranstalter nennen ihr Konzept „ein Experiment aus Pop-Musik, Stadt und Welt“. Zum Abschluss am Sonntag spielen Perera Elsewhere, Oum Shatt und Magic Island im Babylon. Das ganze Programm: www.torstrassenfestival.de (lho)