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Rainer Bretschneider (l-r), Vorsitzender des Aufsichtsrates der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH, und Engelbert Lütke Daldrup, Vorsitzender der Geschäftsführung.
© Gregor Fischer/dpa

BER-Eröffnung ist sieben Jahre zu spät: Was Berlin durch die Verzögerungen verpasst hat

Immer wieder wurde die Eröffnung des BER verschoben. Das hat nicht nur dem Ansehen, sondern auch der Wirtschaft Berlins geschadet. Ein Kommentar.

Mit einer Mischung aus Nonchalance und Wurstigkeit, die aber vielleicht auch aus verletztem Stolz rührt, haben die Berliner in den vergangenen sieben Jahren auf die immer neuen Verschiebungen des Eröffnungstermins für den BER reagiert. Dabei ist der entstandene Schaden ganz erheblich, nicht nur der immaterielle.

Die Unfähigkeit, planerische Großprojekte in angemessenem Zeit- und Kostenrahmen fertigzustellen, liegt ja wie Mehltau auf dem einstigen Ruhm deutscher Ingenieurskunst. Und dass der BER dreimal so teuer wie ursprünglich geplant wird, kann auch nur ein Unternehmen überleben, hinter dem am Ende der Staat steht, die Steuerzahler eben.

Der Schaden für Berlin ist aber nicht nur ein Rufschaden, er ist auch wirtschaftlich greifbar. Der fertige BER hätte zu einem europäischen Drehkreuz werden können, obwohl die Lufthansa das lange bestritt. Selbst unter den schwierigen Bedingungen des Flughafens in Tegel war es der Air Berlin gelungen, den TXL zu einem europäischen Drehkreuz zu entwickeln, wo Passagiere aus Nordeuropa auf Flüge nach Südeuropa und in den Mittelmeerraum und bis zu den Kanaren umstiegen.

Der Erfolg des BER hätte aber auch im Interkontinentalverkehr eine Fortsetzung finden können. Die Lufthansa hat aus unternehmerisch nachvollziehbaren, für die Hauptstadtregion aber nur schwer erträglichen Überlegungen alles unterlassen, was das Entstehen eines Drehkreuzes hier erleichtert hätte. Dass es in Berlin einen großen Nachholbedarf bei Langstreckenverbindungen vor allem nach Asien gibt, haben gerade eben die IHK, die Unternehmerverbände Berlin-Brandenburg und die Tourismusorganisation Visit Berlin hervorgehoben.

Verpasste Chancen für internationale Airlines

Lufthansa hingegen pflegt die Luftkreuze in Frankfurt und München und hat sich zudem wegen des Einstiegs bei der Swiss und Austrian Airlines mit Zürich und Wien zwei weitere Hubs verpflichtend dazugekauft. Aber internationale Airlines hätten den BER sehr gerne als Angelpunkt für Flüge nach Asien oder Nordamerika weiterentwickelt.

Bestehende restriktive, und vor allem auf den Schutz von Lufthansa ausgelegte, Verkehrsabkommen verhindern jedoch das Entstehen zusätzlicher Langstreckenflüge ab Berlin. Das Bundesverkehrsministerium, fest in der Hand der CSU, hat keinerlei Interesse daran, irgendetwas zu tun, was internationalen Flugverkehr von München abziehen könnte.

Verzögerungen auch beim Wohnungsbau

Aber auch die Berliner Industrie und damit der Arbeitsmarkt hätten von der termingerechten Eröffnung des BER durch einen massiven Innovationsschub profitiert. Ein halbes Jahr nach der Eröffnung des BER muss der Flughafen Tegel, so die bindende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig aus dem Jahre 2006, geschlossen sein. Ab 2012 hätten also die Pläne der Urban Tech Republic zum Aufbau eines völlig neuen Industrie- und Entwicklungsclusters auf dem Gelände vom TXL umgesetzt werden können. Daran hängen mehrere tausend, hochqualifizierte Arbeitsplätze.

Auch die Wohnungen für 10 000 Menschen im Nordosten des Flugfeldes könnten längst fertig sein. Und selbst beim schleppenden Berliner Umsetzungstempo wäre irgendeine Form von Schienenverbindung zwischen dem Kurt-Schumacher-Platz und dem S- und U-Bahnhof Jungfernheide zumindest im Bau. Wenn es jetzt also einen fixen Termin für die Eröffnung gibt, ist das ein Trost, die Wunde aber bleibt.

Gerd Appenzeller

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