Einbruch in Bode-Museum und Grünes Gewölbe?: Warum Wissam Remmo so spät in Untersuchungshaft kam
Wissam Remmo sitzt wegen des Diebstahls des Sachsen-Geschmeides vorläufig hinter Gittern. Warum erst jetzt?
Wissam Remmo sitzt in Untersuchungshaft, irgendwo in Sachsen. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt ihn, am spektakulären Einbruch in das Grüne Gewölbe in Dresden beteiligt gewesen zu sein. Am 25. November 2019 hatten die Täter Kunstschätze von unschätzbarem Wert gestohlen. Seit seiner Verhaftung Mitte November in Berlin sitzt der 23-Jährige jetzt in einer Zelle.
Bis dahin war das Mitglied des berüchtigten Remmo-Clans auf freiem Fuß, obwohl das Landgericht Berlin den 23-Jährigen am 20. Februar 2020 zu einer Jugendstrafe von viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt hatte.
Wieso konnte er weiter unbehelligt durch Berlin spazieren? Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig war, weil Remmo Revision eingelegt hatte: Warum war er nicht in Untersuchungshaft? Wieso kam er nicht spätestens nach dem 2. Juli in Haft, als er seine Revision zurückgezogen hatte – das Urteil also rechtskräftig geworden war?
Das Ganze, sagt Lisa Jani, Sprecherin der Berliner Strafgerichte, sei „eine komplizierte Angelegenheit“. Und mit einer Vorgeschichte, ohne die das alles nicht zu verstehen ist. Wegen des Diebstahls der Goldmünze „Big Maple Leaf“ aus dem Bode-Museum im März 2017 war Wissam Remmo am 12. Juli 2017 festgenommen worden.
Am 17. November 2017 kam er vorläufig frei. „Die Untersuchungshaft dient nur der Sicherung des Strafverfahrens“, sagt Jani. Sie wird verhängt, wenn entweder Flucht-, Wiederholungs- oder Verdunklungsgefahr besteht. „Als klar wurde, dass sich die Ermittlungen hinziehen und keines der drei Kriterien erfüllt war, wurde er haftverschont.“
Allerdings musste Remmo ein Praktikum bei einem Kurierdienst absolvieren und seine Teilnahmebescheinigung alle 14 Tage vorlegen. Im Januar 2019 begann zum Goldmünzen-Diebstahl die Hauptverhandlung gegen Wissam, einen seiner Cousins und zwei weitere Männer.
Remmo soll Spezialwerkzeug gestohlen haben
In den frühen Morgenstunden des 25. November 2019 dann der Einbruch ins Grüne Gewölbe und der Diebstahl des Sachsen-Geschmeides – einer der Verdächtigen: Wissam Remmo. Zwei Tage später, am 27. November 2019, als der Prozess zur Goldmünze in Berlin noch lief, stand er in Bayern vor Gericht. Das Amtsgericht Erlangen verurteilte ihn zu zweieinhalb Jahren Haft, weil er Ende 2018 aus einer Firma einen so genannten Hydraulikspreizer gestohlen haben soll.
Dabei handelt es sich um Spezialwerkzeug, mit dem die Feuerwehr üblicherweise Menschen aus Autos rettet. Ein Hydraulikspreizer kam auch beim Überfall auf das Grüne Gewölbe zum Einsatz – und bei einem Überfall auf einen gepanzerten Geldtransporter am Berliner Alexanderplatz im Oktober 2018. Das Gericht befand, die Berliner Justiz sei mit dem einschlägig als „notorischer Klauer“ bekannten Wissam Remmo bislang zu milde umgesprungen.
Remmo legte gegen das Urteil Berufung ein, das Landgericht Erlangen stellte „aus prozessökonomischen Gründen“ das Verfahren ein. Angesichts des Berliner Verfahrens falle das Urteil „nicht beträchtlich ins Gewicht“.
In der Zwischenzeit, im Februar 2020, war auch das Urteil im Goldmünzen-Prozess ergangen. Ein Freispruch, drei Freiheitsstrafen, für Wissam Remmo viereinhalb Jahre. Alle drei verurteilten Angeklagten legten Revision und Beschwerde gegen die Kostenbescheide ein. Es habe aber, sagt Lisa Jani, keinen Grund gegeben, Remmo nach dem Urteil sofort in Untersuchungshaft zu nehmen. Das wäre nur bei neuen Umständen möglich gewesen. Die aber hätten gefehlt. „Er hatte sich die ganze Zeit der Hauptverhandlung gestellt,“ also ging man nicht von Fluchtgefahr aus.
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Am 2. Juli zog Remmo seine Revision zurück, allerdings nicht die Beschwerde gegen seinen Kostenbescheid. Jetzt beginnt der komplizierte Teil der Geschichte. Denn seine Mitangeklagten zogen ihre Revision nicht zurück.
Und da sie zusammen mit Wissam angeklagt waren, gibt es nur eine Akte – und die ist umfangreich. Diese Akte ging zurück an die Staatsanwaltschaft, weil diese eine Revisions-Gegenerklärung verfassen musste. Theoretisch hätte der Vollstreckungsleiter des Amtsgerichts Tiergarten über den Haftantritt entscheiden können, dazu hätte er die Akte gebraucht. Die aber lag bei der Staatsanwaltschaft, die auch noch die Beschwerden bearbeiten musste.
Erst in der vergangenen Woche hatte die Staatsanwaltschaft ihre Gegenerklärung fertig gestellt, am Mittwoch erhielt der Vollstreckungsleiter die Akte. Er muss entscheiden. Aber jetzt wird es noch eine Spur komplizierter. Denn Remmo sitzt gerade in Sachsen in Untersuchungshaft.
Bleibt er dort als Untersuchungshäftling? Oder wird er nach Berlin überführt, in ein Gefängnis als verurteilter Dieb? „Der Vollstreckungsleiter hat sich mit den Ermittlungsbehörden in Sachsen in Verbindung gesetzt“, sagt Jani. Der Rest muss intern geklärt werden, ebenso eine Frage: Jugendknast oder Erwachsenengefängnis?
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