Hauptstadtflughafen: Warum wird die BER-Eröffnung wieder verschoben?
Vor genau sechs Jahren gab es den ersten Spatenstich und bereits dreimal wurde die Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER verschoben. Jetzt folgt Verschiebung Nummer vier. Was sind die Gründe?
Im Oktober 2013 soll es so weit sein - vom Flughafen BER wird endlich geflogen. Die nochmalige Verschiebung um sieben Monate überrascht so richtig keinen mehr, zeigt aber erneut die zahlreichen Probleme.
Wieso kommt es zur Verschiebung?
Am Flughafen, dem wichtigsten Infrastrukturprojekt der Region, ist zum Teil planlos gebaut worden. Unterlagen waren, wie Insider sagen, fehlerhaft, Ausführungsplanungen für die Firmen hätten zum Teil komplett gefehlt. Weil die Firmen an Termine gebunden waren, hätten sie zum Teil auf eigene Faust gebaut. Größtes Problem dabei: So wurden auch Kabel in Schächte gelegt, die dafür gar nicht geeignet waren. Schwachstromleitungen liegen nun neben Starkstromkabeln, was nicht zulässig ist. Vor allem im Bereich der Gepäckausgabe müssen nun die Kabeltrassen entwirrt und die Leitungen zum Teil in neue Schächte gelegt werden. Der neue technische Geschäftsführer der Flughafengesellschaft, Horst Amann, der erst seit 1. August im Amt ist, habe sich beim Sichten der Unterlagen auf nichts verlassen und alle vorhandenen Pläne überprüft, heißt es am Flughafen. Am Ende habe Amann den „Resetknopf“ gedrückt, um einen realistischen Zeitplan erstellen zu können.
So entsteht der neue Flughafen - Eine Bildergalerie:
Wie ist der weitere Zeitplan?
Die Flughafenchefs Rainer Schwarz und Horst Amann haben bei einer Eröffnung zum Oktober 2013 einen nötigen Reservepuffer einkalkuliert. Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke), der dem Projektausschuss des Aufsichtsrates leitet, sagte dazu dem Tagesspiegel: „Ich gehe davon aus, dass eine Eröffnung im Oktober 2013 einen vollumfassenden Probebetrieb über mehrere Wochen beinhaltet.“ Einen festen Zeitplan, wann die Arbeiten beendet, die Abnahme durch den Tüv und die Genehmigungsbehörde des Landkreises Dahme-Spreewald abgeschlossen und der anschließende Probebetrieb absolviert sein werden, soll ebenfalls am Freitag vom Aufsichtsrat beschlossen werden. Dass auch die Projektsteuerung für den Lärmschutz der Anwohner sowie für das Marketing für die Eröffnung des Flughafens jetzt neu ausgeschrieben worden sind, sei die rechtliche Konsequenz aus der verschobenen Eröffnung zum 3. Juni 2012, sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel. Auch die Organisation der Umzugsplanung der Flughäfen Tegel und Schönefeld-Alt muss deshalb erneut ausgeschrieben werden.
Was ist von der Aufsichtsratssitzung zu erwarten?
Was ist von der Aufsichtsratsitzung zu erwarten?
Mit der vorgezogenen Aufsichtsratssitzung wollen alle Beteiligten die Spekulationen über Termine und Kosten beenden und so das Krisenmanagement in ruhigeres Fahrwasser lenken. Vom Eröffnungstermin hängt unmittelbar das neue Finanzierungspaket für den Aiport ab, für den noch 2009 mit Investitionskosten von 2,4 Milliarden Euro gerechnet worden war. Das damals beschlossene Budget von 3,3 Milliarden Euro, das bereits eine Reserve von fast einer Milliarde enthielt, ist aufgebraucht. Schon seit der Verschiebung der Eröffnung auf den 17.März 2013 waren offiziell Mehrkosten von 1,17 Milliarden Euro kalkuliert worden, davon 591 Millionen Euro für vorher nicht eingepreisten rechtskonformen Schallschutz. Der Flughafen und seine Eigentümer sind jetzt dennoch zuversichtlich, trotz der weiteren Verschiebung um ein halbes Jahr mit dem bisherigen Rahmen, also mit zusätzlichen rund 1,2 Milliarden Euro, auszukommen. Gegengerechnet werden geringere Kosten beim Lärmschutz der Anwohner, die durch Änderungen bei den Vorgaben möglich sein werden. Dagegen laufen allerdings Klagen. Das brandenburgische Infrastrukturministerium ist zuversichtlich, die Prozesse zu gewinnen. Alle Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau des Flughafens würden eingehalten, teilte das Ministerium mit.
Der unfertige BER in Bildern:
Wie reagiert die Politik?
Die Gemengelage ist schwierig. Denn während beispielsweise die Union in Brandenburg in der Opposition ist, ist sie in Berlin und im Bund in Regierungsverantwortung. Die SPD wiederum stellt in Berlin und Brandenburg den Regierungschef, im Bund ist sie Opposition. Richtig unter Druck kann so keiner der politischen Aufsichtsräte geraten.
Damit obliegt es es vor allem den Grünen, die nämlich überall Opposition sind, markige Worte zu finden. Anton Hofreiter (Grüne), Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag, forderte Klaus Wowereits Rücktritt als Aufsichtsratschef. Dieser sei „überfordert“. Gleichzeitig kritisierte Hofreiter die drei Gesellschafter wegen ihrer Intransparenz. „Ich würde mir wünschen, dass sich jetzt auch endlich die Informationspolitik der drei Gesellschafter ändert, denn die macht alles noch viel schlimmer, weil von Transparenz da keine Rede sein kann.“ Seit Juni warte der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages auf den Controlling-Bericht Nummer zwei des Jahres 2012. „Aufsichtsratsmitglied und Staatssekretär Rainer Bomba hatte uns im Ausschuss zugesagt, dass wir diesen bekommen. Jetzt ist September und er ist immer noch nicht da. Das ist eine unglaubliche Missachtung des Parlaments.“
Ansonsten versuchen CDU und SPD, möglichst wenige politische Scherben abzubekommen. Die CDU in Berlin, allen voran Innensenator Frank Henkel, selbst Aufsichtsratsmitglied, verweist in Sachen BER auf die Senatskanzlei. Und die SPD – auch im Bund – betont unentwegt, dass nun vor allem ein verlässlicher Eröffnungstermin zähle.
In Brandenburg wird dagegen der Ruf lauter, dass auch personelle Konsequenzen gezogen werden. Und zwar nicht nur im Aufsichtsrat. CDU-Landtagsfraktionschefin Saskia Ludwig bekräftigte am Dienstag die Forderung der anders als im Bund und in Berlin oppositionellen Union nach dem Rücktritt von Matthias Platzeck als Ministerpräsident. Die dritte Verschiebung innerhalb von fünf Monaten sei mehr als peinlich und beschämend für Brandenburg, sagte Ludwig.
Platzeck als Vizechef des Aufsichtsrates füge dem Land durch sein Verhalten „immer schwereren Schaden zu.“ Grüne und FDP, ebenfalls in Brandenburg in der Opposition, gehen nicht so weit. Auf der anderen Seite nehmen die mit Platzeck regierenden Linken Flughafenchef Rainer Schwarz ins Visier. Linke-Fraktionschef Christian Görke sagte: „Unsere Fraktion sieht bei Herrn Schwarz schwarz. Er ist kein Zukunftsmodell.“