Friseure im Lockdown geschlossen: Warum sind Sportler und Promis so gut frisiert?
Haaransätze lügen nicht: Die Friseursalons sind zu, doch mancher Promi sieht frisch frisiert aus. Wer schummelt – und wer nicht?
Eine Million Kunden zählen Deutschlands Friseure normalerweise am Tag, momentan müssen sie geschlossen haben. Und die Haaransätze der Bürgerinnen und Bürger wachsen und wachsen, und je länger sie das tun, desto klarer geben sie Auskunft über das wahre Alter ihres Trägers.
Je länger der Lockdown dauert und mit ihm die Unerreichbarkeit von Friseuren, desto kritischer werden Politiker, aber auch Fußballstars beäugt. Wie schaffen die das, immer noch ordentlich auszusehen? Holen die etwa den Friseur aus der Nachbarschaft heimlich zu sich ins Haus, was nicht gestattet wäre?
Von Bundeskanzlerin Angela Merkel weiß man, dass sie vor Corona immer mal bei Udo Walz am Kurfürstendamm auftauchte. Das könnte sie im Moment eh nicht, da das Geschäft in die Insolvenz gegangen ist. Allerdings hat die Kanzlerin immer schon eine Stylistin beschäftigt, die sie zum Beispiel für Fernseh-Auftritte vorbereitete.
Darüber ist auch vor Corona schon öfter berichtet worden. Auch Spitzenfußballer sind ja in der Regel umgeben von einem Stab von Betreuern und dienstbaren Geistern, die für ihre persönliche Form zuständig sind.
Solche persönlichen Beziehungen müssen auch im Moment nicht abgebrochen werden, meint die auf Familienrecht spezialisierte Anwältin Ursula Raue. „Da wird ja kein Laden mit öffentlichem Zugang genutzt, es gibt weder zufällige noch gewerbsmäßige Kontakte.“
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Auch wer einen Koch beschäftigt, müsse den ja nicht entlassen, weil man das mit Familie vergleichen könne. Etwas anderes sei es, wenn etwa ein Friseur wechselnde Angestellte zu den Leuten ins Haus schicke. „Das geht natürlich nicht.“
CSU-Chef Markus Söder sieht man ziemlich deutlich an, dass er es noch nicht zu einem eigenen Stylisten gebracht hat. Sein Ehrlich-Look umfasst auch weiße Strähnen, die eher natürlich gewachsen als kunstvoll verabreicht wirken.
Wenn man sich durch die Talkshows klickt, sieht man keineswegs überall Perfektion. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig etwa lässt unter der sorgfältig gekämmten blonden Kurzhaarfrisur schon einen grauen Ansatz vermuten. Und Kanzleramtsminister Helge Braun geht zwar noch durch mit seiner Frisur, aber exakt geschnitten sieht anders aus.
Der Präsident des Zentralverbandes des Friseurhandwerks, Harald Esser, sieht das deutlich strenger als die Berliner Anwältin. Wenn jetzt unter der Hand frisiert werde, begingen beide eine Ordnungswidrigkeit und im Wiederholungsfalle eine Straftat, sagt er.
Fehlende Konturen bei Olaf Scholz, hinter die Ohren gekämmte Haare bei Merkel
Markus Söder hebt der Friseurmeister lobend hervor, weil man dem ansehe, dass er eine Weile nicht beim Friseur war. Olaf Scholz, so sieht es für ihn aus, habe bestimmt einen Langhaarschneider gekauft, um die Haare zu bändigen. Professionell sehe das freilich nicht aus: „Da fehlen ja die Konturen.“
Sein Kennerauge glaubt auch, entdeckt zu haben, dass Angela Merkel nicht schummelt. „Sie hat die Haare öfter hinter die Ohren gekämmt, und von hinten sieht man sie kaum noch.“
Ganz schlecht zu sprechen ist Esser auf die Fußballer. Manche ließen sich die Friseure sogar einfliegen und posteten das auch noch in den sozialen Netzwerken. Dass da gemogelt wird, sieht er an den Kurzhaarfrisuren im Fernsehen.
Auf die Fußballer ist Friseurmeister Esser schlecht zu sprechen
Selbst wenn es Friseure im Betreuerstab gebe, so hätten die Spieler doch eine Verpflichtung, sich an die Regeln zu halten, gerade in ihrer Vorbildfunktion für junge Leute. Da gehe es gar nicht, „mitten im Lockdown tolle Köpfe zu zeigen“. Im Moment haben alle einen oder zwei Zentimeter mehr auf dem Kopf. „Zwei Zentimeter längere Haar verursachen doch keine Schmerzen.“
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FDP-Generalsekretär Volker Wissing hat vorausschauend schon im Frühjahr geahnt, dass Corona nicht so schnell vorübergeht und sich im Fachhandel mit entsprechendem Gerät eingedeckt. In seiner Tochter hat er jemanden gefunden, der damit auch gut umzugehen weiß.
Salon@home bei Bettina Stark-Watzinger
Bettina Stark-Watzinger, Präsidiumsmitglied der FDP, hat sich ebenfalls beizeiten vorbereitet: „Ich habe im ersten Lockdown aufgerüstet und bin von der Papierschere auf professionelleres Material umgestiegen. Im zweiten Lockdown bin ich jetzt in der Familie der Salon@home. Ganz bestimmt kein Dauerzustand. Friseurinnen und Friseure sind nicht zu ersetzen. Man soll Äußeres nicht überbewerten, aber gepflegt sein, gibt ein gutes Gefühl.“
Was sie persönlich erlebe, sei natürlich kein Vergleich zu den Sorgen, denen Unternehmen und Selbstständige ausgesetzt seien. „Wir brauchen dringend einen auch Lebenshaltungskosten abdeckenden Unternehmerlohn sowie eine negative Gewinnsteuer. Bei dieser zahlen die Finanzämter an die Betroffenen, sichern damit Liquidität und verrechnen die Zahlung mit Gewinnen aus anderen Steuerjahren.“
Dass die herauswachsende Farbe den meisten eher weh tut als der fehlende Schnitt, ist dem Friseurmeister Harald Esser klar. Er kümmert sich um seine Kunden, indem er mit ihnen telefoniert und mailt, ihnen Tipps gibt und individuelle Farbmischungen zur Selbstanwendung verkauft. Er rät, die Farbe am Ende nicht unter der Dusche auszuspülen, sondern sich lieber über den Badewannenrand zu beugen.
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