zum Hauptinhalt
Seit 50 Jahren arbeitet der 74-Jährige als Friseur.
© Soeren Stache/dpa

Berühmter Frisörsalon in Berlin: Promifrisör Udo Walz begeht 50-jähriges Berufsjubiläum

Vor 50 Jahren eröffnete Udo Walz am Ku’damm seinen Salon. Promis wie Romy Schneider und Sophia Loren gingen ein und aus. Ein Besuch.

Gibt es denn eine Oper über einen Anwalt? Eben. Aber über einen Friseur. Barbiere waren früher oft auch Zahnärzte. Heute können sie als Models auftreten. Udo Walz ist ein Unikat in dieser Szene. Er hat seinen Beruf immer wie eine Berufung gelebt: mit Leidenschaft und Hingabe. Alles andere hat sich dann daraus ergeben. Schon lange bevor der Begriff „Promifriseur" zum allgemeinen Sprachgebrauch gehörte, war der Meister aus Stuttgart ein hoch geachteter mittelständischer Unternehmer. Als das alte West-Berlin sich noch mit Sumpf und Skandalen herumschlug, gaben sich bei ihm bereits die Schönen und Reichen der Welt die Klinke in die Hand. Er war ein Star, bevor die Leute es für möglich hielten, dass ein Friseur diesen Status überhaupt erreichen kann.

Das Jubiläum ist Anlass zum Feiern

In diesen Tagen begeht er sein 50-jähriges Berufsjubiläum als selbständiger Salonbesitzer in Berlin. Verknüpft mit dem 74. Geburtstag am 28. Juli ist das für ihn ein Anlass zum Feiern, aber bestimmt nicht zum Aufhören. Für die Hotelfachschule, die er in seiner Jugend eigentlich gern besuchen wollte, hatte die geschiedene Mutter kein Geld. Ein Schnuppertag im Salon eines Freundes der Familie besiegelte sein Schicksal. Er wusste sofort: „Das will ich machen, mein Leben lang.“ 60 Jahre nach dieser Lehre sitzt er sonnengebräunt in schickem T-Shirt mit eierschalfarbenen Hemd drüber im berühmtesten Salon der Republik und sagt von sich: „Ich habe immer Glück gehabt.“ Rasch fügt er hinzu: „Und ich schätze mein Glück auch sehr.“

Zum Glück gesellte sich die Weisheit. Die kam Hand in Hand mit dem Handwerk. „Ich höre gerne zu“, sagt er beispielsweise. „Ich lasse mich gern etwas lehren.“ Oder: „Wichtig ist, dass man in Demut lebt.“ Demut, so erklärt er es später, sei für ihn Bescheidenheit. Man kann aber Demut auch als einen realistischen Zugang zum Leben interpretieren. Dazu hat er einen Satz ständig parat, der gut auf einen Kühlschrankmagneten passen würde: „Das Leben ist keine Generalprobe.“ Ein anderer lautet: „Wenn man's nicht probiert, sagt man hinterher ‚Hätte ich mal'…“ Oder: „Was gestern war, vergesse ich immer.“

Zufällig trifft er im Café in der Uhlandstraße beim Lunch einen seiner unzähligen ehemaligen Schüler. Rasch kommen die beiden auf die schwierige Nachwuchs-Suche zu sprechen, und dass die jungen Leute heute immer so viel Wert legen auf eine „Work-Life-Balance“. Da schüttelt der Meister den Kopf. Für ihn war das ganz einfach. Wenn man liebt, was man tut, stellt sich die Balance ganz von alleine ein. Montags nimmt er sich, obwohl der Salon geöffnet ist, seinen freien Tag. Dann sitzt er am liebsten am Kudamm und beobachtet die Passanten.

Bei Udo Walz muss jedes Vorgespräch mindestens zehn Minuten dauern.
Bei Udo Walz muss jedes Vorgespräch mindestens zehn Minuten dauern.
© Mike Wolf

„Ich frisiere doch auch ganz normale Leute“

Als Star-Friseur lässt er sich ungern bezeichnen. „Ich frisiere doch auch ganz normale Leute.“ Wenn man aber fragt, was Gwyneth Paltrow, Marlene Dietrich, Wladimir Putin, Gerhard Schröder, Ulrike Meinhoff, Twiggy, Maria Callas, Johannes Rau, Milva, Hildegard Knef, Oscar de la Renta und Angela Merkel gemeinsam haben, kommt man rasch auf den Frisuren-Nenner: Ihnen allen hat Udo Walz die Haare gemacht.

Den guten Draht zu außergewöhnlichen Menschen hat er seinen kommunikativen Fähigkeiten sicher mehr zu danken, als den geschäftlichen. „Wenn ich geschäftstüchtig wäre“, sagt er, „würden mir schon ganze Straßenzüge gehören“. Fürs harte Zahlen-Business hat er vor 40 Jahren den damaligen Geschäftsführer von Budapester Schuhe zu Rate gezogen. „Du wirst beschissen“, lautete dessen knappe Analyse. „Du bist eingestellt“, antwortete Walz.

Inzwischen kümmert sich auch sein Lebenspartner mit ums Geschäft

Inzwischen kümmert sich auch sein Lebenspartner, Carsten Thamm-Walz, mit ums Geschäft. Und nein, er sei nicht verheiratet. Sie hätten lediglich die Lebenspartnerschaft beglaubigen lassen. Heiraten können, so wie er es sieht, nämlich nur Mann und Frau, die Kinder kriegen wollen. Da tickt der Mittelständler, der aus Sympathie für die Kanzlerin einst in die CDU eingetreten ist, konservativ. Fragt man ihn nach seinem Mann, antwortet er: „Ich habe einen Partner, keinen Mann, sonst wäre ich ja eine Frau.“ Dass man einander Freiräume lässt, ist ihm wichtig. Man muss nicht jeden Urlaub gemeinsam verbringen. Früher ist er oft nach Mallorca geflogen, um Zeit mit der berühmten Freundesclique zu verbringen, zu der Klaus Wowereit gehörte, Sabine Christiansen, Patricia Riekel und andere. „Ich reise nicht mehr gern“, sagt er. „Am liebsten bin ich in Berlin. Berlin tut mir gut.“ Das war schon 1969 so, als die „B.Z.“ bangte, Udo Walz würde die Stadt verlassen, um nach New York zu gehen. Endgültig? Hätte er nie gemacht. Er hat oft da gearbeitet, das schon. Unter anderem hat er für die Werbung von Helena Rubinstein und für Harper's Bazaar frisiert.

Geld verballern, aber auch Gutes tun

„Ich habe mein Geld immer verballert“, sagt er nachdenklich. Aber mit 74 Jahren könne er sagen: „Das war genau richtig so.“ Man wisse ja nicht, wie der nächste Tag wird. Er hat gern in schönen Hotels gewohnt, hat sich schicke Klamotten gekauft, ist früher mit dem Fotografen F.C. Gundlach einmal im Monat um die Welt geflogen für die Brigitte-Titelseiten, deren Models er ebenfalls lange frisiert hat. Er hat auch Gutes getan mit seinem Geld, es zum Beispiel für seine sieben Patenkinder ausgegeben, die ihm die Ehefrau eines früheren Bundespräsidenten vermittelt hat. Sonst hätte er ein schlechtes Gewissen: „Mir geht es ja selber gut.“

Jahrelang hat er jeden Abend in der Paris Bar sein Abendessen zu sich genommen. Oft war er auch bei Fofi, der legendären griechischen Wirtin. Es gab eine Zeit, da kam der damalige US-Botschafter Richard Burt, mit dem er befreundet war, jeden Samstag mit seiner Frau nach Berlin geflogen. Dann gingen sie zusammen essen. Diese Freundschaft vor allem, mehr noch als alle Hollywood-Kundinnen zusammen, brachte ihm viele Einladungen bei der Berliner Top-Society ein, immer versehen mit dem Hinweis: „Bringen Sie den Botschafter doch gerne mit.“

Seine Eltern hatten in Stuttgart ein Geschäft für Südfrüchte. Aber dann verließ der Vater die Familie, weil er sich ins Kindermädchen verguckt hatte. Die Mutter „drehte dann Schrauben bei Bosch, kellnerte am Wochenende“. Nach der Ausbildung ging er auf die Walz. Weil er dem Wehrdienst entgehen wollte, landete er schließlich 1964 in Berlin. Vier Jahre später eröffnete er seinen ersten Salon in einer Altbauwohnung in der Fasanenstraße. Dann kam der Salon im Hotel Kempinski, damals das erste Haus am Platz. Als er später am Ku’damm eröffnete, schaute Harald Juhnke öfter vorbei, nicht nur wegen der Haare, auch mal auf ein Bier. Sophia Loren schwor: „Wenn ich in Berlin bin, lasse ich nur Udo Walz an meine Haare.“ Und Romy Schneider, ein frühes Opfer der Paparazzi, schätzte es, dass er nie die Presse informiert hat, wenn sie kam. Während der Dreharbeiten zu „Die Spaziergängerin von Sanssouci“ war das jeden Samstag.

Er will, dass alle zufrieden sind

Im Laufe des Gesprächs kommt man zu dem Eindruck, dass die vielen Persönlichkeiten, mit denen er zu tun hatte, seine Persönlichkeit mit geformt haben. Heute wäre das nicht mehr möglich. Hollywood-Stars bringen ihre eigenen Stylisten mit. Manchmal sind Agenturen zuständig für Frisuren, manchmal große Unternehmen wie L'Oreal. So ein Friseur-Leben wie das von Udo Walz kann es heute nicht mehr geben. Er nimmt das gleichmütig. „Ich habe das alles gehabt, das kann mir keiner mehr nehmen.“ Ein halbes Jahrhundert hat er Geschichte erlebt. Und endlich ist er angekommen in seinem Traum-Salon am Ku’damm zwischen Uhland- und Grolmanstraße.

„Verwandlung einer Frau vom Entlein zum schönen Schwan“

Es gibt schon ein paar Berufsgeheimnisse, die wichtig sind. Das Vorgespräch muss mindestens zehn Minuten dauern, damit man genau weiß, was eine Frau sich wünscht. Und wenn sie am Ende nicht zufrieden ist, muss man zurück an den Stuhl gehen, um herauszufinden, was nicht in Ordnung war. Er lässt durchaus Instanzen neben sich zu. Die legendäre Astrid etwa war in seinem Salon am Roseneck lange eine Instanz für manche Säulen der Berliner Gesellschaft, bis sie sich im Alter von 70 Jahren in den Ruhestand zurückzog.

Der Hund, den er ihr einst geschenkt hat, war über Jahre ein beliebtes Small-Talk-Thema. Was ihn immer am meisten fasziniert hat an dem Beruf? „Die Verwandlung einer Frau vom Entlein zum schönen Schwan. Wenn sie dann hoch erhobenen Hauptes aus dem Salon geht…“. Das ist für ihn das Schönste. Ein Selbstversuch zeigt, dass Haare tatsächlich zum Gesprächsthema werden, wenn Udo Walz zur Schere greift, dass sie plötzlich Aufmerksamkeit erregen, ohne dass der Name des Haarkünstlers preisgegeben wurde. Heute schneidet er freilich nur noch in Ausnahmefällen selber, berät lieber im Eingangsfoyer seines Salons. Seinem Blick entgeht nichts. „Die Haare sind zu kurz“, ruft er dann. „Das macht alt.“ Oder er seufzt schwärmerisch: „Schön sieht die Farbe aus.“

Viele Berühmtheiten, deren Haare durch seine Finger geglitten sind, leben schon nicht mehr. Schräg gegenüber vom Salon, im Cinema Paris, laufen während des Gesprächs zwei Filme. Einer über Maria Callas und einer mit Romy Schneider. Aber Filme sind nicht so sein Ding. Menschen sind es.

Zur Startseite