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Altbauten in Kreuzberg. Bald auch in günstig.
© imago/Schöning

Kritik am Berliner Mietendeckel: Warnung vor dem "Lompscher-Effekt"

Auf einer Veranstaltung streiten Immobilienverband und Mieterverein über den Sinn des neuen Gesetzes.

Während am Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus der Mietendeckel beschlossen wurde, versammelten sich in der Mohrenstraße, wenige hundert Meter entfernt, Vertreter der Immobilienwirtschaft, um über mögliche Konsequenzen des neuen Gesetzes zu diskutieren.

Die Stimmung beim Workshop, den die Wirtschaftskanzlei GSK Stockmann ausrichtete, war angesichts der Nachrichtenlage erwartungsgemäß wenig euphorisch.

Zu Beginn warnte Dr. Klaus Lehner, Geschäftsführer der Münchner Wohnungsgesellschaft Dawonia, in seinem Vortrag, dass das Berliner Gesetz Nachahmer finden könnte. "Wir haben in Bayern die gleiche Diskussion", sagte Lehner. "Der Mieterverein München sammelt bereits Unterschriften für einen Mietendeckel."

Wozu ein solches Gesetz führe, könne man bereits jetzt in anderen europäischen Städten wie Genf oder Stockholm beobachten: Auftragseinbrüche der Bauwirtschaft, zurückgehende Investitionen, eine Zweiteilung der Wohnungsbestände in neu und alt. Letztendlich würden gar keine neuen Wohnungen mehr gebaut, so das Schreckensszenario.

Warnung vor „Lompscher-Effekt“

Zur Verdeutlichung präsentierte Lehner eine Modellrechnung. Bei einer angenommenen jährlichen Steigerung der Bau- und Modernisierungskosten von vier Prozent, gebe es schon nach etwa einem Jahrzehnt keine finanziellen Spielräume für Investoren mehr.

"Das nenne ich den Lompscher-Effekt", sagte Lehner. Zuerst getroffen würden hiervon aber nicht private Investoren, sondern kommunale Wohnungsbaugesellschaften, wie das Beispiel der Münchner Gewofag zeige.

Die Gewofag hatte Ende 2019 eine Finanzspritze von fast 100 Millionen Euro von der Stadt München erhalten, um ihre Eigenkapitalsituation zu verbessern. Grund hierfür sei der vom Münchner Stadtrat beschlossene Mietenstopp, der nur für die städtischen Wohnungsbaugesellschaften gilt.

Trotz seiner Kritik am Mietendeckel sieht auch Lehner auf dem Wohnungsmarkt ein "soziales Problem", dem man sich annehmen müsse. Er forderte von der Politik Anreize für Investitionen, ein geändertes Mietrecht, mehr Dachgeschossausbau und eine Lockerung der Energiesparverordnung.

Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit

In der anschließenden Diskussion standen sich Befürworter und Gegner des Berliner Mietendeckels gegenüber. Letztere waren nicht nur unter den geladenen Experten, sondern auch im Publikum klar in der Mehrheit.

Für den Bundestagsabgeordneten Jan-Marco Luczak (CDU) ist das Gesetz eindeutig verfassungswidrig.

Er repräsentierte damit die Meinung seiner Fraktion und wiederholte die Ankündigung: "Wir gehen zum Bundesverfassungsgericht." Auch praktisch löse das Gesetz keine Probleme: "Bei Warteschlangen von mehreren hundert Personen bei der Besichtigung bekommt am Ende trotzdem nur einer die Wohnung, ob mit Mietendeckel oder ohne."

Reiner Wild, der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, wollte sich der Kritik in dieser Form nicht anschließen. Wie die anderen Diskussionsteilnehmer fordert auch er mehr Wohnungsbau, erkennt allerdings durchaus positive Aspekte am Gesetz. Immerhin müssten Mieter nun erst mal keine Kostensteigerungen mehr befürchten.

Ob das Gesetz allerdings Bestand haben wird, wollte Wild nicht abschließend bewerten. "Wenn wir ehrlich sind, weiß von uns heute keiner, wie das Bundesverfassungsgericht entscheiden wird."

Wer viel Geld hat, braucht keinen Mietendeckel

Für Stefanie Frensch aus dem Vorstand der Familienstiftung Becker & Kries, einem Berliner Immobilienunternehmen, ist der Mietendeckel nicht nur untauglich, sondern auch sozial ungerecht. Dort wo in den letzten Jahren teuer vermietet wurde, sei nun unter Umständen eine erhebliche Mietsenkung möglich.

Aber wer in entsprechenden Lagen bisher 14 Euro oder mehr für den Quadratmeter gezahlt habe, verfüge nun einmal meist auch über ein entsprechendes Einkommen. "Mieter, für die jeder Cent entscheidet, werden hingegen so gut wie keine Verbesserung für sich feststellen", sagt Frensch.

Später zitierte sie eine Forsa-Umfrage, laut der 80 Prozent der Berliner Mieter mit ihrer Wohnsituation zufrieden seien. Das spiegelt die aus ihrer Sicht verzerrte Debatte wieder. "Die Diskreditierung der Vermieter ist für mich das Schlimmste an der ganzen Sache", sagte sie. Für diese Feststellung war ihr der Applaus des Publikums sicher.

Kai Gies

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