Fashionweek zieht nach Berlin-Wedding: Vom Brandenburger Tor ins Erika-Heß-Eisstadion
Lange wurde über den Standort der Fashionweek gestritten. Nun muss die Modeshow ihren Platz vor dem Brandenburger Tor wegen der Fußball-WM räumen - und zieht nach Wedding.
An der Begrüßungsvitrine zum Erika Heß Eisstadion startet die Saison am „1. 11. 2013“ und endet am „.201“. Das ist Weddinger Kryptografie. Oder Symptom der städtischen Armut, die hier besondern ausdrucksvoll studiert werden kann. Der unvoreingenommene Besucher muss denken, das Eislaufstadion aus den 60er Jahren habe endgültig geschlossen. Ein leerer, angejahrter, freudloser Ort, zumindest in den vielen Monaten außerhalb der Eislaufsaison. Doch jetzt kommt Leben in die Bude. Die Fashionweek macht das Eisstadion an der Müllerstraße, direkt an der ehemaligen Mauerlinie, zum Place-to-be, einem angesagten Ort in der Modesaison 2014. Die Fashionweek macht hier einmalig Station, weil sie wegen der Fanmeile nicht wie sonst am Brandenburger Tor ihre Zelte aufschlagen kann. Vom 8. bis 11. Juli wird das Stadion, in dem auch Fußball gespielt wird, in eine Showarena für die Mode verwandelt.
"Die Fashionweek ist von überragender Bedeutung"
„Ein Vorteil dieses Standorts liegt darin, dass er uns Raum für Kreativität lässt, uns herausfordert, über die Routine in der Gestaltung hinauszudenken“, erklärte der Vizepräsident des New Yorker Fashionweek-Veranstalters IMG, Jarrad Clark. Senatssprecher Richard Meng lobte die Veranstalter als „sehr kooperativ“. Sie hätten sich aus freien Stücken für den berlin-touristisch kaum relevanten Standort entschieden. „Die Fashionweek ist für Berlin wirtschaftlich von überragender Bedeutung.“
Wegen der geplanten Fanmeile zur Fußball-WM am Brandenburger Tor muss die Berliner Fashion Week ihren traditionellen Standort räumen. Der Berliner Senat wollte alle Großveranstaltungen im Juni und Juli verwirklichen. Daraufhin sind Diskussionen über die verschiedenen Standorte und die Relevanz der einzelnen Events enstanden. Mit der Fanmeile zur Fußball-WM, der Stonewall CSD-Parade, dem alternativen CSD und der Fashion Week konkurrierten verschiedene Veranstalter um die begehrte Kulisse in Berlin.
Auch Hugo Boss war schon im Eisstadion
Die meisten Designer zeigen ihre Mode längst lieber an eindeutig mit Berlin verbundenen Orten als im Zelt am Brandenburger Tor: in den Opernwerkstätten an der Zinnowitzer Straße, in Galerien, Museen, Theatern oder eben im Erika-Heß-Stadion in Wedding. Hierher lud Hugo Boss schon im Sommer 2012 zu einer Modenschau. Dafür wurden nicht nur am Rande der Eisfläche Sitzreihen aufgebaut, sondern auch eine riesige Kulisse, die an einen Eisberg erinnerte, aus dem die Models spazierten. Dem Modevolk gefiel der Kontrast zwischen der angestaubten Sechziger-Jahre-Architektur und der modern gestalteten Kulisse für die Modenschau. Die Eventagentur Nowadays, die vor zwei Jahren die Boss-Schau organisierte, ist auch jetzt mit der Projektleitung betraut.
„Ich finde es gut, dass die Fashion Week mal an einem neuen Ort stattfindet und somit weitere spannende Orte von Berlin zeigt“, sagt Florian Müller, der mit seiner PR-Agentur Designer wie Vladimir Karaleev und Michael Sontag vertritt. Auch die Idee, dass die Mode nicht in einem Zelt, sondern in einer Halle gezeigt wird, sagt ihm zu: „Das hat doch gleich eine andere Stabilität.“ Mehrere seiner Designer zeigten schon Modenschauen im Zelt am Brandenburger Tor und werden vermutlich auch diesen Sommer dabei sein. So richtig kann er nicht nachvollziehen, warum der Standort Berlin derzeit so heftig in Frage gestellt wird: „Im Endeffekt geht es ja um das, was gezeigt wird – die Mode. Und dieser steht der Umzug ja nicht im Wege.“ Das findet auch der Berliner Designer Daniel Blechman. Er hat sein Männerlabel Sopopular in den vergangenen Saisons am Brandenburger Tor präsentiert. „Ich finde es nicht schlimm, dass IMG umzieht, wenn alle mitmachen. Das passt doch ganz gut nach Wedding."
Nebenan gibt es einen Campingplatz
Er wird sich in im Juli allerdings auf eine Präsentation auf der Modemesse Premium konzentrieren. Ihm gefällt nicht, dass die Stimmung gerade mal wieder so negativ ist. Zuletzt hatte die Nachricht für Aufregung gesorgt, dass „Firma“, eins der erfolgreichsten Berliner Labels, zum Jahresende schließen wird. Firma gehörte mit zwei eigenen Geschäften in Mitte und Charlottenburg und 13 Mitarbeitern zu den Etabliertesten. Kurz zuvor hatte das mit Lob überschüttete Designerduo Achtland seinen Umzug nach London bekannt gegeben, weil es in Berlin nicht weiterkommt. Das hatte mal wieder die Frage nach der Beständigkeit der Berliner Modeszene aufgeworfen. Wenn der internationale Modezirkus im Weddinger Kiez einzieht, gegenüber von Sozialwohnungen mit hoher Satschüsseldichte, wird das spröde Image der Gegend aufgewertet. Weddinger Kneipen und Geschäfte werden dagegen kaum profitieren. Hundert Meter südlich beginnt bereits Alt-Mitte mit teuren Wohnungen und dem Bürokomplex des Bundesnachrichtendienstes.
Anreisen könnte das Fashionweekpublikum übrigens bequem per Wohnmobil. Auf dem Stadiongelände betreibt Ramona Seller seit fast zehn Jahren einen vom Wohnmobilplatz mit 50 Stellplätzen. Bislang gehörten Modeleute nicht zur Kundschaft, sagt Frau Seller am Telefon, sondern „deutsche Rentner“, im Sommer auch viele Italiener und Franzosen, die ein paar Tage Berlin besuchen. Die Übernachtung in der Hauptsaison kostet 22 Euro. Inklusive Strom- und Wasserversorgung.
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