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Berlins wohl bekanntester Stern: der Große Stern mit der Siegessäule.
© dpa

Berlin: Stadt der Sterne: Vier Sterne? Hamwaooch!

Die Nationalmannschaft feiert den vierten Stern auf dem Trikot auf der Fanmeile. Wir haben uns in Berlin auf die Suche nach Sternen gemacht und sind fündig geworden – im Späti, im Tiergarten, auf der Spree und natürlich im Planetarium.

Vier Sterne, vier Sterne... Hat damals, 1990, irgendjemand vom dritten Stern gesprochen? Der vierte Stern hat selbst beim Fußball was Fremdkörperhaftes, Vier-Sterne-Restaurants gibt es nicht, Vier-Sterne-Hotels sind gute Mittelklasse. Und wer dann ausgerechnet mit einem vierten Stern in die Hauptstadt kommt, um sich feiern zu lassen, dem müssen wir entgegenhalten: Mehr nicht? Oder auf gut berlinisch: Hamwaooch.

Berlin ist die Stadt der Sterne, was zunächst einmal im ganz buchstäblichen Sinn gilt, denn die klare Luft öffnet den Blick auf einen lupenrein geputzten Himmel, von dem sich Peking oder Los Angeles sicher gern eine Scheibe abschneiden würden, falls man das so sagen kann. Und Deutschlands dunkelster Ort, ideal fürs Sterngucken, liegt vor der Tür: Gülpe im Havelland.

Auch fürs Sterngucken in geschlossenen Innenräumen ist Berlin ein bärenstarker Standort. Zwei Planetarien, zwei Sternwarten, das wäre ohne Mauer sicher nicht passiert, aber wenn sie nun schon mal da sind? Ein Stern, der von Berlin aus nicht zu sehen ist, der will nicht gesehen werden, so einfach ist das. Und die technischen Möglichkeiten erlauben zudem Zeitreisen in beide Richtungen: Wie sah beispielsweise der Sternenhimmel am 4. Juli 1954 über dem Berner Wankdorf-Stadion aus? (Nur für den Fall, dass ausgerechnet das jemanden interessiert.)

Balance zwischen Großem und kleinem Stern

Aber auch auf der metaphorischen Ebene ist Berlin sternwürdig. Gehen wir das mal durch, wer weiß, wofür es noch gut ist. Da ist zunächst einmal der Große Stern, ein mächtiger Platz, dem nicht weit entfernt im Tiergarten noch ein kleiner Stern zugeordnet ist, der Balance wegen. Andere Städte haben gar keinen Platz für solche Plätze, oder sie geben ihnen betont gezierte fremdsprachige Namen wie „Place de L’Etoile“. Und für eine goldene Göttin reicht es anderswo auch nicht.

Vergessen wir nicht, dass Berlin auch noch über den nicht ganz unbedeutenden Südstern verfügt, den Kreuzberger Lebensmittelpunkt grüner Erfolgsmenschen, und dass der Justizsenator im Nordsternhaus residiert – damit dürfte die eminente Wertschätzung belegt sein, die der Stern in Berlin erfährt. Dass es in der Stadt weder einen Ost- noch einen Weststern gibt, nicht mal als klitzekleine Kneipe oder Waldwegkreuzung, das zeigt aber, dass hier durchaus noch Potenziale brach liegen.

Der Südstern in Kreuzberg.
Der Südstern in Kreuzberg.
© Kitty Kleist-Heinrich

Bitte, der eine oder andere Berliner Stern ist geliehen, er gilt nicht der Stadt selbst, sondern ihren Sponsoren. Insofern dreht sich der sehr auffällige, sogar vom Flieger aus deutlich sichtbare auf dem Europa-Center vielleicht ein wenig zu eitel um sich selbst – in einer Metropole mit einer international konkurrenzfähigen Zahl von Hochhäusern wäre er ein Nischenphänomen. Immerhin hat das Unternehmen, von dem hier die Rede ist, der Stadt auf der Motorhaube seiner Autos eine Unmenge weiterer Sterne geschenkt, na, sagen wir: verkauft. Die Sternwarte Weißensee ist übrigens kein Wissenschaftsstandort, sondern eine Autowerkstatt; das nur der Vollständigkeit halber.

"Stars in Concert"

Der zweitberühmteste Sterneverleiher der Welt ist zweifellos der Michelin-Führer, der mit diesen Symbolen die Küchenqualität gehobener Restaurants auszeichnet. 18 Stück entfallen auf 13 Berliner Küchen, nun gut, zwei sind kürzlich sogar verschwunden, das kann passieren, das ist lebendige Bewegung. Andere deutsche Städte können da selbstverständlich nicht mithalten, wenngleich ein Berliner Drei-Sterne-Restaurant noch aussteht. Aber schließlich sind wir fair, sollen Baiersbronn und Osnabrück doch auch was haben, worauf sie stolz sein können.

Da wir grad in der Branche sind: Fünf-Sterne-Hotels machen was her, und von ihnen hat Berlin mehr als 20, das schafft angeblich nicht einmal New York. Außerdem steht das einzige Hotel der Welt, aus dessen Fenster Michael Jackson einmal seinen Sohn gehalten hat, in Berlin: das Adlon.

Und Jackson war nun zweifellos ein Star, an den auch Lahm und Schweinsteiger nicht so ganz heranreichen. Wer Näheres wissen will: Am Potsdamer Platz befindet sich der „Boulevard der Stars“, der sich zu seinem Vorbild in Hollywood allerdings verhält wie Rudi Völlers Rumpelfüßler von 2004 zu Jogi Löws heutigen Wunderknaben – sein Erscheinungsbild ist extrem berlinisch, und das ist durchaus negativ gemeint. Klarer ist die Sache mit einer der erfolgreichsten Berliner Shows: Die „Stars in Concert“ sind zwar nicht echt, aber ihre Darsteller lassen rein entertainmentmäßig dennoch absolut nichts anbrennen.

Unter dem Logo der Stern- und Kreis-Schiffahrt fährt das einzige Schiff der Welt, das einem Wal nachgebildet wurde
Unter dem Logo der Stern- und Kreis-Schiffahrt fährt das einzige Schiff der Welt, das einem Wal nachgebildet wurde
© picture alliance / ZB

Berlin ist aber nicht nur in Sternen stark, sondern auch in Kreisen, wie die vielgestaltige Flotte der Stern- und Kreis-Schiffahrt beweist – unter diesem Logo fährt das einzige Schiff der Welt, das einem Wal nachgebildet wurde. Es ist dies eins der kleinen Wahrzeichen der West-Berliner Nostalgie, während dem gebürtigen Ossi zum Stichwort eher das Kombinat VEB Stern-Radio einfällt, sicher auch Stern Meißen, aber diese Combo wollen wir dann der Hauptstadt doch nicht einverleiben. Was auch für das Stern-Center Potsdam gelten sollte.

Nicht zu vergessen: Der Stoff, der Berlin an seinen weniger schönen Stellen zusammenhält: das Sterni, das nur Ignoranten „Sternburg Export“ oder gar „Bier“ nennen. Ohne Sterni kein Späti, das mag als Faustregel für den Umgang mit den Berliner Trinksitten genügen. Wer es im Übermaß in sich hineinschüttet, der sieht eventuell Sterne, fast so schön und klar, als wäre er in Gülpe im Havelland gelandet. Dorthin wird sich aber nie eine deutsche Nationalmannschaft verirren.

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