Streit um Weihnachtsmarkt-Sicherheit: Verwaltungsgericht: Bezirk muss für Poller gegen Terror zahlen
Der Betreiber des Weihnachtsmarktes am Schloss Charlottenburg hat sich durchgesetzt. Der Schutz vor Anschlägen ist nicht Aufgabe des Veranstalters, heißt es im Gerichtsbeschluss.
Wer muss die schützenden Poller am Weihnachtsmarkt vor dem Schloss Charlottenburg bezahlen – der Veranstalter oder der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf? Dieser heftige Rechtsstreit ist nun entschieden: Das Berliner Verwaltungsgericht unterstützt in einem am Dienstag gefassten Beschluss eindeutig die Position des Weihnachtsmarktbetreibers Tommy Erbe.
Wie berichtet, hatte sich dieser geweigert die Kosten zu übernehmen und sich in einem Eilantrag dagegen juristisch zur Wehr gesetzt. Nun argumentiert auch das Gericht, der Schutz vor Terroranschlägen obliege nicht dem Veranstalter. Bezirk oder Land müssten zahlen.
Inwieweit gilt der Beschluss nun auch für andere Großevents?
Inwieweit dieser Beschluss nun auch für die gleichfalls umstrittene Finanzierung der Weihnachtsmarktpoller am Breitscheidplatz und vor anderen Christmärkten gilt sowie überhaupt für privat organisierte Großevents auf öffentlichen Plätzen, beispielsweise die Silvesterparty am Brandenburger Tor, war am Dienstag noch unklar. Man müsse die Argumentation des Gerichts erstmal in Ruhe bewerten und dann entscheiden, ob der Bezirk dagegen beim Oberverwaltungsgericht Beschwerde einlegt, hieß es übereinstimmend im Bezirk und Senat. Es könne allerdings nicht sein, dass die Sicherheit entsprechender Großevents aufgrund des Beschlusses künftig generell vom Staat bezahlt werden müsse, obwohl die Veranstalter oft gute Gewinne machen. „Da brauchen wir Rechtssicherheit“, sagt Bezirksstadtrat Arne Herz (CDU).
Zumindest am Breitscheidplatz zeigt sich der Senat aber großzügig. Dort sollen die Schausteller für Sicherheitsmaßnahmen 100.000 Euro erhalten, wie am Montag bekannt wurde.
Es geht juristisch um die "Zurechnung von Gefahr"
Die Einschätzung der Verwaltungsrichter beruht vor allem auf dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsrecht Berlins. Danach verursacht der Betreiber eines Weihnachtsmarktes „nicht in zurechenbarer Weise die Gefahr eines Anschlages“. Er sei dafür nicht verantwortlich, folglich könne man ihn auch nicht zur Kostenübernahme heranziehen. Dies sei nur möglich, falls Polizei und Behörden eine „etwaige Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig selbst abwehren könnten“. Tommy Erbe habe seinen Markt aber schon im März 2017 angemeldet. Polizei und Behörden hätten also Zeit genug gehabt, geeignete Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen.
"Vorkehrungen gegen eine Massenpanik müsste der Veranstalter zahlen"
Der Sprecher des Verwaltungsgerichtes, Stephan Groscurth, sieht die möglichen Folgen des aktuellen Beschlusses differenziert. Es gehe ja „um die Zurechnung von Gefahr“, sagt er. Man müsse genau hinsehen, welche Gefahren einer Veranstaltung aufgrund ihrer bestimmten Art und Weise innewohnen. Eine Massenpanik sei bei Großevents beispielsweise eine mögliche spezifische Folge. Entsprechende Vorkehrungen, um diese zu verhindern und im Notfall bewältigen zu können, müssten die Veranstalter folglich selbst zahlen. Bei Terror sehe dies anders aus. Ein Anschlag werde von Dritten von Außen verübt, diese Gefahr erwachse nicht aus der Veranstaltung selbst. Beim Profifußball sei diese Sicht der Dinge im übrigen seit langem weitgehend selbstverständlich. „Die Terrorabwehr bei Spielen übernimmt und bezahlt alleine der Staat.“
Die CDU sieht sich in ihrer Haltung vom Verwaltungsgericht bestätigt. Terrorabwehr könne nicht Aufgabe von Betreibern der Weihnachtsmärkte sein, schreibt der CDU-Bundestagsabgeordneten und Chef der Spandauer Christdemokraten, Kai Wegner. Nun sei der Senat gefordert. Berlin brauche keine punktuellen Geldspritzen wie am Breitscheidplatz, "sondern endlich ein einheitliches Konzept für berlinweite Sicherheitsstandards zur Sicherung von Großveranstaltungen".