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Wieder schön illuminiert. Die Weihnachtsbuden am Gendarmenmarkt. Aber die Romantik hat Schattenseiten.
© dpa, Stephanie Pilick

Berlins Weihnachtsmärkte: Teurer Schutz vor Terror - Glühwein hinter Pollern

Wer finanziert den kostspieligen Schutz für Berlins Weihnachtsmärkte? Veranstalter und Senat streiten über die Kosten. Doch am Ende zahlen die Besucher.

Billiger werden der Glühwein und die Fahrt mit dem Kinderkarussell garantiert nicht mehr. Denn die Kosten für die Sicherheit auf den Berliner Weihnachtmärkten werden in diesem Jahr drastisch steigen. Nach dem Terroranschlag im vergangenen Jahr am Breitscheidplatz, bei dem der Attentäter einen Lastwagen als Waffe einsetze, werden bauliche Barrieren immer wichtiger.

Veranstalter rechnen mit bis zu 40.000 Euro Mehrkosten

Die Regeln sind einfach: Die Polizei macht die Vorgaben, der Veranstalter zahlt. Mit 30.000 bis 40.000 Euro Mehrkosten rechnet Veranstalter Arnold Bergmann alleine für die bereits Anfang November eröffnete „Winterwelt“ am Potsdamer Platz. Dass Geld muss er in so genannte Schrammborde aus Beton stecken und in zusätzliches Sicherheitspersonal. Günstiger sei es für den Weihnachtsmarkt auf dem Alexanderplatz, sagt Bergmann, da dort weniger Betonbarrieren erforderlich seien. Diese wurden an diesem Freitag extra aus Süddeutschland angeliefert, sagt Bergmann.

Graue Barrieren. Poller zum Schutz des Wintermarktes am Potsdamer Platz.
Graue Barrieren. Poller zum Schutz des Wintermarktes am Potsdamer Platz.
© Lars von Törne

Auch dem Veranstalter des Weihnachtsmarktes am Charlottenburger Schloss ist auferlegt worden, „das unberechtigte Befahren mit Kfz auf dem Gelände zu verhindern“.  Doch Veranstalter Tommy Erbe sagt: „Ich will keine Poller.“ Diese böten gegen Lastwagen keinen Schutz „und gegen Nagelbomben im Rucksack auch nicht“. Der Sicherheitsdienst des Marktes könne zwar Taschen kontrollieren, aber keine Terroristen abwehren, sagt Erbe. Ähnlich hatte sich bereits vor zwei Jahren der Frankfurter Konzertveranstalter Marek Lieberberg geäußert: „Wir können uns nicht mit bloßen Händen oder Metalldetektoren gegen Kalaschnikows oder Bomben zur Wehr setzen.“

Die Polizei erteilt die Auflagen

Das Prozedere ist: Der Bezirk bittet Polizei und Feuerwehr in einem Anhörungsverfahren um eine Bewertung der Sicherheit. Die Polizei erteilt dann die Auflagen. Kriterium für die Sicherheitsmaßnahmen ist natürlich die „Außenwirkung“ für Terroristen: Ein großes Fest vor der Kulisse des Brandenburger Tores oder am Breitscheidplatz im Herzen der Stadt ist gefährdeter als eine Veranstaltung irgendwo am Stadtrand, da ein Anschlag dort symbolträchtiger ist. Und eine Veranstaltung mit „christlicher Symbolik“ ist laut Polizei auch gefährdeter als eine ohne kirchlichen Bezug.

"Für Terrorabwehr sind wir nicht zuständig"

Der Veranstalter muss die Auflagen erfüllen und ein Sicherheitskonzept vorlegen – und für alles zahlen. Darüber gibt es – natürlich – Streit. Die Veranstalter sagen, sie sind nur für das Geschehen auf dem Gelände verantwortlich, also die Abwehr von Schlägereien, Exzessen und Feuergefahren. Für die Unwägbarkeiten eines terroristischen Anschlages hingegen könne ein Veranstalter nicht haftbar gemacht werden, sagt Tommy Erbe: „Das ist Aufgabe des Staates.“ 

Der Anschlag. Mit diesem Lastzug raste Attentäter Anis Amri vor einem Jahr in die Weihnachtsbuden vor der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz.
Der Anschlag. Mit diesem Lastzug raste Attentäter Anis Amri vor einem Jahr in die Weihnachtsbuden vor der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz.
© dpa, Michael Kappeler

Eine andere Rechtsauffassung vertritt der Senat: der Veranstalter ist auch für Gefährdungen von außen zuständig. „Die privaten Veranstalter sind genauso in der Pflicht wie das Land“, heißt es in der Senatsinnenverwaltung. „Der Senat sorgt dafür, dass ausreichend Material und Polizisten – sichtbar und verdeckt – für den Schutz der Menschen zur Verfügung stehen. Das kostet auch Geld“, teilte eine Sprecherin von Innensenator Andreas Geisel (SPD) mit.

Letztlich sitzt das Land am längeren Hebel

Dass das Land am längeren Hebel sitzt, haben schon viele Veranstalter zu spüren bekommen. Bei Fan- oder Silvestermeilen muss ein bis zu 13 Kilometer langer Bauzaun um den Tiergarten gezogen werden. Über einen festen Zaun rund um den Tiergarten wurde in den vergangenen Jahren viel diskutiert, verwirklicht wurde er bislang nicht. Dieser würde den ständigen Auf- und Abbau ersparen, was jedes Mal hunderttausende Euro kostet.

Seit kurzem wird nun auch um feste oder absenkbare Poller zum Schutz vor Lkw-Anschlägen diskutiert. „Man müsste einmal ein paar Millionen Euro in die Hand nehmen“, fordert Marktveranstalter Erbe. Innensenator Geisel und Polizeipräsident Klaus Kandt haben sich mehrfach für feste Sperren an strategisch wichtigen Stellen ausgesprochen.

Schwere Laster können einfache Poller überrollen

Eine schnelle Lösung ist dennoch nicht zu erwarten. Denn die Innenverwaltung schiebt die Verantwortung zum Pollerbau auf die Bezirke – die wiederum bekanntlich völlig überlastet sind.

Feste Poller gibt es zum Beispiel an der US- und der britischen Botschaft. Die Fundamente reichen viele Meter in den Boden, der Einbau wirklich sicherer Sperren ist immens teuer. Dafür sollen sie auch schwere Laster stoppen – was die Klötze oder „Schrammborde“ aus Beton nicht können. Im Juni hatte ein Pkw – nicht einmal besonders schnell – eine Betonbarriere am Breitscheidplatz beiseite geschoben. „Die Wirksamkeit von mobilen Betonbarrieren ist eingeschränkt“, bestätigt ein Polizeisprecher.

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