Hauptstadtflughafen Berlin: Verhinderte BER-Unternehmer klagen auf Schadenersatz
Seit dreieinhalb Jahren hätten sie ihre Geschäfte und Restaurants im Flughafen BER haben sollen. Sie hatten Möbel gekauft und Personal eingestellt, doch dann kam alles anders. Jetzt ziehen einige der Firmen vor Gericht.
Evelin Brandt hat lange gezögert, ob sie vor Gericht ziehen sollte. „Ich hatte gleich, nachdem bekanntgegeben wurde, dass der BER nicht am 3. Juni 2012 eröffnet, den mir dadurch entstandenen Schaden geltend gemacht und immer auf ein anständiges Angebot durch die Flughafengesellschaft gehofft“, sagt die Berliner Modedesignerin. „Aber ich wurde immer wieder enttäuscht.“
Plötzlich war alles Privatsache
Brandt teilt das Schicksal von vielen Händlern und Gastronomen, die eigentlich schon seit mindestens dreieinhalb Jahren ihre Geschäfte oder Restaurants am Großflughafen betreiben wollten. Wie viele andere hatte sie die angemieteten Flächen ausgebaut, Möbel und Waren gekauft und Personal eingestellt.
Die Terminverschiebung kostete sie Hunderttausende. „Meine Liquidität war dadurch enorm eingeschränkt“, sagt sie: „Ich hätte es fast nicht geschafft, aber die haben mir als Kompensation nur angeboten, die Zinsen für das, was wir investiert haben, zu zahlen. Eine anderen Vorschlag gab es nicht. Am Schluss war plötzlich alles meine Privatsache.“
Aus Ärger darüber und weil die Frist für Schadenersatzforderungen am Ende dieses Jahres abläuft, habe sich Evelin Brandt nun zur Klage entschlossen, sagt ihr Karlsruher Anwalt Oliver Klein. Drei entsprechende Klagen laufen bereits am Landgericht Cottbus. Klein vertritt auch den Berliner Floristen Kay Herrig und eventuell auch das Spandauer Busunternehmen Haru-Reisen, das eine Schnellbuslinie vom Steglitzer Kreisel zum BER eröffnen wollte. Die dafür angeschafften Spezialbusse mussten wieder verkauft werden – mit 150 000 Euro Verlust. Mit Personalkosten für Fahrer belief sich der Gesamtschaden auf eine Viertelmillion Euro.
Der Anwalt ist optimistisch
„Wir haben uns noch nicht endgültig auf eine Erteilung des Mandats geeinigt, da noch einige Rahmenbedingungen geklärt werden müssen, um mit einer Klage verbundene Risiken zu minimieren“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter von Haru-Reisen, Hans-Jörg Schulze. Man werde sich aber bis Ende dieser Woche entscheiden.
Anwalt Klein ist sicher, dass seinen Mandanten für den entgangenen Gewinn Schadenersatz zusteht. Schließlich habe die Flughafengesellschaft in anderen juristischen Streitfällen selbst erklärt, dass ihre Geschäftsführung und ihr Generalplaner am BER-Desaster schuldig seien, argumentiert er.
Ersatzflächen am Flughafen Tegel
Bei der Flughafengesellschaft bedauere man mögliche Klagen, sehe ihnen aber gelassen entgegen, sagt Flughafensprecher Ralf Kunkel: „Wir haben uns seit 2012 sehr intensiv um unsere BER-Mieter gekümmert, um wirtschaftliche Auswirkungen der Nichteröffnung so weit wie möglich zu minimieren. So haben wir etliche Zwischennutzungen in Tegel vereinbart, Mietlaufzeiten angepasst und so weiter.“
Tatsächlich hatten etwa 20 von 70 BER-Mietern Ersatzflächen an den Flughäfen Tegel und Schönefeld angeboten bekommen – so Beatrice Posch, Chefin des Spielzeuggeschäfts „Die kleine Gesellschaft“ oder der italienische Restaurantbetreiber Bruno Pellegrini.