Mord im Tiergarten: Verfassungsschutz wusste von Gefahr für Georgier durch „prorussische Akteure“
Der Verfassungsschutz wusste offenbar, dass der im Kleinen Tiergarten erschossene Georgier in Gefahr schwebte. Die Behörden seien schon 2017 informiert worden.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat nach Informationen des „Spiegel“ bereits Anfang 2017 gewarnt, dass der Georgier Zelimkhan Khangoshvili in Deutschland in Gefahr sei. Dem Bericht zufolge soll der Verfassungsschutz die Behörden in Brandenburg und Berlin darüber informiert haben, dass eine Gefährdung von „prorussischen Akteuren“ oder Getreuen von Ramsan Kadyrow, Moskaus Statthalter in Tschetschenien ausgehe, falls Khangoshvilis Aufenthalt in Deutschland bekannt werde.
Khangoshvili wurde am 23. August dieses Jahres im Kleinen Tiergarten in Berlin erschossen. Er soll in der Vergangenheit für georgische und amerikanische Geheimdienste gearbeitet haben. Der mutmaßliche Täter wurde wenig später festgenommen. Es handelt sich dabei um Vadim Krasikov, der in Berlin als „Vadim Sokolov“ unterwegs war.
Die Generalbundesanwaltschaft übernahm die Ermittlungen in dem Fall. Sie äußerte den Verdacht, dass die Tötung im Auftrag staatlicher Stellen Russlands oder der russischen Teilrepublik Tschetschenien erfolgte. Moskau bestreitet bislang jede Beteiligung an der Tat.
Am Mittwoch wurde bekannt, dass das Auswärtige Amt die Ausweisung zweier russischer Diplomaten veranlasst hatte. Der russische Botschafter in Berlin wurde am Mittwochmorgen ins Auswärtige Amt einbestellt. Er soll die russische Regierung auffordern, bei der Aufklärung des Mordes mitzuhelfen. Ein Sprecher des Außenministeriums in Moskau kritisierte die Ausweisungen der Diplomaten als „unfreundlich und grundlos“ und kündigte eigene Schritte an.
Kanzleramt weist russische Kritik zurück
Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) forderte Russland am Freitag erneut auf, die Ermittlungen zu unterstützen. „Die Ausweisungen sehen wir als sehr eindringliches Signal an die russische Seite, uns unverzüglich bei der Klärung der Identität und der Hintergründe zu der Person des mutmaßlichen Täters umfassend zu unterstützen“, sagte er dem „Spiegel“.
„Vor dem Hintergrund der monatelang fehlenden Unterstützung habe ich absolut kein Verständnis dafür, dass Russland empört ist oder sogar über Gegenmaßnahmen nachdenkt.“
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), bezeichnete die Ausweisungen als angemessen. Es gehe jetzt darum zu ermitteln, ob der Fall zum russischen Muster gehöre, übergelaufene Agenten und andere Staatsfeinde im Ausland umzubringen, sagte Röttgen dem „Spiegel“. (Tsp/lro)
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