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Vor einer Kinderarztpraxis am Kaiser-Wilhelm-Platz waren die Messwerte besonders hoch.
© Kai-Uwe Heinrich

Stickstoffdioxid-Messungen in Berlin: Umwelthilfe: Luftbelastung vor Schulen und Kliniken zu hoch

Die höchste Belastung hat die Umwelthilfe vor einer Kinderarztpraxis am Kaiser-Wilhelm-Platz in Schöneberg gemessen.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) schlägt wieder Abgas-Alarm: Am Mittwoch veröffentlichte der Verein die Ergebnisse einer Messkampagne, für die an 47 besonders sensiblen Orten in Berlin die Belastung der Luft mit Stickstoffdioxid (NO2) gemessen wurde – vier Wochen lang im Herbst, rund um Kindergärten, Schulen, Arztpraxen und Pflegeheime. Also da, wo sich besonders empfindliche Menschen aufhalten.

An mehr als der Hälfte der Messorte wurde laut der DUH der gesetzliche Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft überschritten. Um Seniorenheime sowie um Schulen und Kitas seien es im Mittel 41 Mikrogramm gewesen, um Arztpraxen und Krankenhäuser 45 Mikrogramm. Die höchste Belastung sei mit 57 Mikrogramm vor dem Eingang zu einem Kinderarzt am Kaiser-Wilhelm-Platz in Schöneberg gemessen worden. Vor einer Kita in der Markstraße in Reinickendorf seien es 53 Mikrogramm gewesen, bei einer Seniorenpflegestation in Weißensee 48 Mikrogramm.

Für DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch zeigen die Ergebnisse, „das wir in Berlin ein flächendeckendes Problem mit dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid haben“. Angesichts von 250.000 Asthmatikern – darunter 50.000 Kinder – in der Hauptstadt sei die Belastung inakzeptabel. Laut dem von der DUH zitierten Kinderarzt Christian Döring kann die schlechte Luft Kinder dauerhaft schädigen. Die Gefährdung beginne schon im Mutterleib.

Umweltverwaltung: Keine Überraschung bei DUH-Messwerten

Gemessen hat die DUH nach eigenen Angaben mit sogenannten Passivsammlern in zwei Metern Höhe. Solche Sammler gehören auch zum Messnetz der Berliner Umweltverwaltung – und ermitteln vielerorts im Hauptstraßennetz ähnlich hohe Belastungen. Auch deshalb gilt auf Potsdamer und Hauptstraße um den Kaiser-Wilhelm-Platz neuerdings Tempo 30.

Ein Experte des Umweltbundesamtes sieht in den Messwerten der DUH keine Überraschung – und betont zugleich deren begrenzte Aussagekraft: „Bei Messreihen eines einzelnen Monats können die Wetterverhältnisse wie Luftströmungen und Niederschläge starken Einfluss auf die Ergebnisse haben. Deshalb ist nur der Jahresmittelwert wirklich aussagekräftig.“ Berlin gehöre zu den Städten, die relativ gut über die Luftbelastung in den Straßen im Bilde seien. Dass der größte Anteil des NO2 von Dieselfahrzeugen stamme, sei erwiesen.

Die DUH-Messergebnisse sind auch aus Sicht der Berliner Umweltverwaltung mit Vorsicht zu genießen: Passivsammler seien deutlich weniger genau als die Messcontainer und deshalb eher als Orientierung zu verstehen. Hinzu komme die zu kurze Messperiode. Außerdem habe die Umwelthilfe in geringerer Höhe gemessen als der Senat, der seine Passivsammler zum Schutz vor Vandalismus in dreieinhalb Meter Höhe installiere. Weiter unten sei die Schadstoffkonzentration erfahrungsgemäß höher. Zulässig seien Messhöhen zwischen 1,5 und vier Meter.

Von diesen Einschränkungen abgesehen lägen die Ergebnisse der DUH im erwartbaren Bereich - und eben so hoch, "dass es unbestritten Handlungsbedarf gibt". Die Verwaltung arbeite "fieberhaft an einer Neufassung des Luftreinhalteplans, um die Stickoxidwerte schnell unter die Grenzwerte zu bringen".

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