zum Hauptinhalt
Der Satiriker und ZDF-Reporter Abdelkarim.
© Odd ANDERSEN / AFP

ZDF-Satiriker Abdelkarim: Überfall auf ZDF-Team war „feige, brutal und asozial“

Ob die Angreifer bei der Attacke auf das ZDF-Team am 1. Mai geplant vorgingen, ist noch offen. Satiriker Abdelkarim berichtet, wie er den Vorfall erlebte.

Abdelkarim (38) (eigentlich: Abdelkarim Zemhoute) ist Comedian, Kabarettist und Fernsehmoderator. Seine Eltern stammen aus Marokko, er wurde in Bielefeld geboren. Mit zahlreichen kabarettistischen Auftritten und Solo-Programmen wurde er bekannt. Abdelkarim gewann mehrere Kabarett-Preise und wirkte in vielen Fernsehshows mit.

Der Satiriker war am vergangenen Freitag, den 1. Mai, mit einem Kamerateam der ZDF-„heute-show“ bei einer Demonstration gegen die Corona-Regeln in Berlin unterwegs. Kurz danach wurde das Team angegriffen. Mehrere Mitarbeiter und Wachleute erlitten Verletzungen. Die Polizei ermittelt.

Kurz nach dem Angriff wurden sechs verdächtige junge Männer und Frauen festgenommen. Am Samstag wurden sie wieder freigelassen, „weil die Beweislage für einen dringenden Tatverdacht nicht ausreichte“ oder es keine Haftgründe gebe. Sie seien „nach polizeilichen Erkenntnissen teilweise der „linken Szene“ zuzurechnen“. Wie er die Situation erlebte, schilderte Abdelkarim in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Wie ist der Angriff abgelaufen?
Der Dreh war abgeschlossen und wir warteten auf der Straße, schon einige Ecken von der Demonstration entfernt. Dann hörte ich, wie einer unserer Wachmänner sagte: „Vorsicht“. Ich habe es erst gar nicht ernst genommen, aber als ich mich umdrehte, sah ich, wie eine Gruppe von 15 bis 20 vermummten und schwarz gekleideten Menschen mit voller Geschwindigkeit auf uns zu rannte und immer schneller wurde.

Haben Sie sofort reagiert?
Ich war mir sicher, dass sie vor der Polizei wegrannten. Aber als sie ganz nah waren, habe ich gecheckt: Es geht ja echt um uns. Mit einem Mann hatte ich kurz Blickkontakt, der hatte schon die Faust geballt. Dann bin ich instinktiv losgerannt.

[In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Nach ein paar Metern hielt ich an und drehte mich um. Ich habe überlegt, was ich jetzt tun soll: Zurück laufen, um zu helfen oder weiter rennen und Polizisten rufen, die ich kurz davor gesehen hatte. Für mich war dann sofort klar: Die einzige Chance, effektiv zu helfen, ist die Polizei zu rufen.

Was sahen Sie dann, als Sie zurückblickten?
Das war wie ein richtig hässliches Kriegsfilm-Bild, ein Haufen aggressiver Menschen, die auf andere wehrlose Menschen einschlugen. Manche lagen schon auf dem Boden. So etwas habe ich noch nie erlebt, so feige, brutal und asozial. Ich wusste sofort, dass ich keine Chance habe, da irgendwie zu helfen.

Konnten Sie schnell Hilfe holen?
Nach ein paar hundert Metern fand ich die Polizisten, die sofort mitkamen und in ihre Funkgeräte sprachen. Das waren auch die ersten Polizisten am Tatort. Am Tatort waren alle benommen und schockiert, mindestens zwei Menschen lagen auf dem Boden, manche bluteten im Gesicht und hatten Verletzungen.

Was konnten Sie von den Tätern erkennen?
Viele waren schwarz gekleidet und vermummt, aber die hatten keine Sturmhauben auf, das war nichts Einheitliches, eher so eine Mischmasch-Vermummung. Einer mit einer Wollmütze, ein anderer mit einem Tuch. Ein Kollege erzählte danach, es seien Männer und Frauen gewesen. Und dass jemand sowas gerufen habe wie: „Jetzt kriegt ihr auf die Fresse.“ Aber es war kein Slogan oder Ähnliches.

Hatte es vorher bei der Demonstration Ärger gegeben?
Es gibt wohl Berichte, dass Demonstranten Streit mit dem Team hatten, weil sie nicht gefilmt werden wollten. Wenn es so einen Streit gegeben haben sollte, dann auf jeden Fall nicht in meiner Gegenwart. Ich habe während der gesamten Dreharbeiten keinen Streit mitbekommen. (dpa)

Andreas Rabenstein

Zur Startseite