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Das Kamerateam der "heute show" wurde am Rande einer Demonstration am 1. Mai in Berlin von einer mehrköpfigen Personengruppe angegriffen.
© Christoph Soeder/dpa
Update

Angriff auf ZDF-Kamerateam in Berlin: Täter hatten vor Übergriff wohl Streit mit „heute-show“-Team

Der Staatsschutz ermittelt gegen 15 Personen, die am 1. Mai ein ZDF-Team verletzt haben sollen. Die Verdächtigen sollen zur linken Szene gehören.

Die Ermittlungen zu dem Angriff auf ein Team der ZDF-Satiresendung „heute-show“ vom 1. Mai gestalten sich schwierig. Die Aufklärung der Tat sei „angesichts der Dynamik und Unübersichtlichkeit des Geschehens aufwändig“, erklärte die Staatsanwaltschaft am Montag.

Es müssten zahlreiche Zeugen vernommen werden, bisherige Aussagen „ergeben nicht in allen Details ein einheitliches Bild“, hieß es. Auch Bildmaterial von der Tat und der Umgebung und zum Verhalten der Verdächtigen müsse ausgewertet werden.

Das Motiv ist noch unklar: Eine Rolle spielt bei den Ermittlungen, dass ein Teil der sechs Tatverdächtigen bereits mit politisch motivierter Kriminalität bei der Polizei bekannt ist, einer soll 2015 als Gewalttäter aufgefallen sein.

Für die Staatsanwaltschaft sind alle Verdächtigen „dem linken Spektrum zuzurechnen“. Nach Tagesspiegel-Information soll es vor dem Übergriff Streit zwischen dem TV-Team und den Angreifern gegeben haben, Letztere wollten nicht gefilmt werden.

Das siebenköpfige ZDF-Team hatte am Freitag bei der „Hygiene-Demo“ gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen auf dem Rosa-Luxemburg-Platz gedreht, bei der sich Rechte und Verschwörungstheoretiker tummelten. Auch hierbei prüfen die Ermittler einen Zusammenhang.

Täter hatten Metallstange

Auf dem Weg zu ihren Autos wurde das TV-Team, darunter private Wachleute, von einer etwa 15-köpfigen Gruppe in der Nähe des Hackeschen Marktes angegriffen. Die Polizei nannte den Überfall „gezielt“. Die Täter sollen eine Metallstange eingesetzt haben. Fünf ZDF-Mitarbeiter wurden teils erheblich verletzt.

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Der Kabarettist Abdelkarim Zemhoute, der bei dem Dreh dabei war, sagte zu dem Angriff am Montag in einem Video der „heute-show“: „Viel feiger kann ein Angriff gar nicht sein.“  Er verglich den Angriff mit einem „Zombie-Film, wo aber die Zombies rennen können.“

Man könne gar nicht beschreiben, wie schlimm das ausgesehen habe, so Abdelkarim. Am Anfang habe er gedacht, die Gruppe laufe vor der Polizei weg, bis er verstanden habe: „Oh, es geht echt um uns.“ Dann sei er weggelaufen und habe Hilfe geholt. Er beschreibt die Szene als ein „Einschlagen auf eine völlig wehrlose Gruppe, von der null Gefahr ausging“.

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Sechs Verdächtige im Alter von 24 bis 31 Jahren, vier Männer, zwei Frauen, waren in der Nähe des Tatortes festgenommen worden. Sie waren mit Fahrrädern und einem Auto geflohen. Von ihnen leben vier in Berlin, zwei sind in Baden-Württemberg gemeldet. Haftbefehle waren nicht möglich, die Beweislage sei bei vier Verdächtigen zu dünn, bei den zwei übrigen gibt es keine Fluchtgefahr.

Die Bundesregierung verurteilte die Tat am Montag scharf. „Wer Journalisten angreift, bedroht, verletzt, der steht weit außerhalb unserer demokratischen Ordnung“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

„Wir sehen seit Längerem, dass Extremisten aller Richtungen die Pressefreiheit, eines unserer wichtigsten Grundrechte, buchstäblich mit Füßen treten“, sagte Seibert. Es sei traurig, dass die Begleitung durch Sicherheitsleute für Journalisten bei vielen Demonstrationen heute schon obligatorisch sei.

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