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Tag der offenen Moschee 2013 in der Sehitlik-Gemeinde. Für eine Debatte um Homosexualität blieben die Türen jetzt vorerst zu.
© Thilo Rückeis

Islam und Homosexualität: Über Schwule wird nur außerhalb der Neuköllner Moschee geredet

Der Vorsitzende der Neuköllner Sehitlik-Gemeinde war einverstanden. Aber dann gab es negative Schlagzeilen. Jetzt wird die Debatte über Islam und Homosexualität außerhalb der Moschee stattfinden.

Nach der Absage eines Besuchs von Lesben und Schwulen in der Neuköllner Sehitlik-Moschee wird die anschließend geplante Diskussion nun zwar stattfinden – aber außerhalb der Moschee und in neuer Besetzung.

Um die Moschee-Besichtigung und Debatte zum Thema Islam und Homosexualität hatte der Verein „Leadership Berlin“, dessen Ziel die Stärkung gesellschaftlicher Verantwortung unter Führungskräften ist, die Moscheegemeinde gebeten. Mitveranstalter waren der „Völklinger Kreis“, ein Zusammenschluss homosexueller Manager und der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD). Der Vorsitzende der Gemeinde Ender Cetin hatte auf den Vorschlag positiv reagiert. Doch dann gab es massiv negative Berichte in rechtsorientierten türkischen Medien – und Ärger in der Gemeinde. Am Montag stand schließlich fest: In der Moschee würde die Veranstaltung nicht stattfinden können.

Ditib bestreitet Druck auf Moscheevorstand

Dass dabei Druck vonseiten des türkisch-islamischen Dachverbands Ditib, dem die Sehitlik-Moschee angehört, eine Rolle gespielt habe, verneint deren Generalsekretär Bekir Alboga. „Wir wurden aber um Rat gebeten.“ Da es in der Gemeinde selbst Bedenken gebe, habe er empfohlen, einen Ort außerhalb zu suchen. Das allerdings wollte der LSVD nicht hinnehmen und zog sich aus dem Projekt zurück. Jouanna Hassoun, Leiterin von „Miles“, dem Projekt des Verbandes für migrantische Lesben und Schwule und ihre Familien, bestätigte dem Tagesspiegel, es bleibe dabei: „Ein neutraler Ort kommt für uns nicht infrage.“ Alles andere „wäre ein Schlag ins Gesicht“ der Muslime, die sich an den Verband wendeten. Man sei aber gerade in persönlichen Gesprächen darum bemüht, „eine gute Lösung zu finden, damit der Dialog nicht zerstört werde“. Cetin bestätigte am Dienstag Kontakte, eine Zusage gebe es aber noch nicht.

Diskutieren werden jetzt zwei Theologen

Bernhard Heider, Geschäftsführer von Leadership Berlin, bedauert den Rückzug des LSVD und spricht von „Effekthascherei“. „Ich glaube, dass man mit einer aggressiven Alles-oder-nichts-Strategie nicht zum Abbau von Berührungsängsten beiträgt.“ In den öffentlichen Reaktionen werde „zu wenig wertgeschätzt, dass es auf muslimischer Seite die Bereitschaft gibt, sich bei diesem heiklen Thema zu positionieren“; der Verzicht auf die Moschee als Ort dafür werde dagegen „zu sehr skandalisiert“, sagte Heider. „Ich bin mir nicht sicher, ob die katholische Kirche bereit wäre, zu diesem Thema Schwule und Lesben in die Hedwigskathedrale einzuladen.“
Anstelle des Moscheevorstands Cetin sollen bei der Veranstaltung nächsten Montag nun der Vize-Vorsitzende von Ditib Berlin Süleyman S. Kücük und ein weiterer Theologe sprechen. Auch Berlins frühere Integrationsbeauftragte Barbara John hat zugesagt

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