Ausbreitung in Berlin: Tiergarten-Sumpfkrebse kommen auf die Speisekarte
Sie gehören eigentlich nicht hierhin: In Berlin leben Amerikanische Sumpfkrebse. Jetzt hat eine Fischerei die Erlaubnis zum Fang bekommen.
„Tiergarten-Sumpfkrebs im Brötchen“: So oder so ähnlich könnten die Krustentiere aus Berliner Seen bald auf Speisekarten stehen. Denn die bis zu 15 Zentimeter langen Krebse mit den auffälligen dornigen Scheren sind genießbar und sollen auf die Teller kommen, wie Wildtierexperte Derk Ehlert von der Senatsverwaltung für Umwelt der Deutschen Presse-Agentur sagte. „Es wurden keinerlei Grenzwerte überschritten“, sagte er mit Blick auf Schadstoffe. Die Roten Amerikanischen Sumpfkrebse (Procambarus clarkii) in Berlin stammen von ausgesetzten Exemplaren ab und sind schon zu Tausenden aufgetreten.
Um ihren Bestand in Gewässern im Tiergarten und im Britzer Garten zu verringern, hat nun ein Fischereibetrieb die Erlaubnis zum Fang der Tiere bekommen. Vor rund einer Woche haben Fischer damit begonnen. Sie wollen die Ware an Gastronomen und Privatleute verkaufen.
Die Krebse gelten als anspruchslos und haben sich in den vergangenen Jahren massiv vermehrt, auch dank der milden Winter. Eine Vorschrift zur Fangmenge haben die Fischer deshalb nicht bekommen. Der kleine Berliner Familienbetrieb rechnet damit, dass der Verkauf „im Prinzip sofort“ beginnen kann, wie Seniorchef Klaus Hidde sagte. Er gehe zum Beispiel auf Märkte. In welcher Form - ob als Rohprodukt oder etwa eingelegt - er das Krebsfleisch anbieten will, stand noch nicht fest.
1600 Krebse in wenigen Tagen
Zahlreiche Krebse sind jedenfalls schon ins Netz gegangen. Allein an den ersten Tagen seien insgesamt mehr als 1600 Krebse in den Reusen gewesen, sagte Ehlert. „Wir gehen aber im Jahresverlauf von zurückgehenden Mengen aus“. Die Erlaubnis für die Fischer gilt bis Ende 2018. Alle anderen Berliner müssen sich weiterhin zurückhalten: Sich einen der Sumpfkrebse zum Verzehr zu schnappen, wäre Wilderei. „Sowohl das Umsetzen als auch das Fangen ist verboten“, betont Ehlert.
Es wäre keine Alternative gewesen, die lebenden Tiere einzufangen und woanders auszusetzen, sagte Ehlert. Denn der Sumpfkrebs, auch Louisiana-Flusskrebs genannt, steht auf einer Liste der EU-Kommission mit eingewanderten Arten, die potenziell schädlich sind, etwa für einheimische Arten und Ökosysteme. Die Ausbreitung soll also verhindert werden.
Lange hatte in Berlin niemand von den Krustentieren Notiz genommen. Wie sehr sie verbreitet sind, wurde erst im vergangenen Sommer klar: Die auffälligen Krebse wurden auf Straßen und Wegen am Tiergarten gesichtet. Die Fotos sorgten bundesweit für Aufsehen. Und auch Naturschützer befürchteten, dass sich die Tiere in weiteren Gewässern breit machen. Bei einer daraufhin gestarteten Fangaktion gingen dann fast 4000 Sumpfkrebse ins Netz.
Das war wesentlich mehr als erwartet. Damals war an Mahlzeiten für den Menschen aber noch nicht zu denken. Auch wenn die Artgenossen dieser Krebse prinzipiell essbar sind und in manchen Ländern gezüchtet werden, war eine Belastung mit Schwermetallen und Schadstoffen nicht auszuschließen. „Wir hätten sie nicht verwerten dürfen“, sagte Ehlert. Die Tiere wurden getötet und landeten in Biogasanlagen.
Heimat der Sumpfkrebse ist eigentlich der Süden der Vereinigten Staaten und Nordmexiko. Aber sie sind auch als Exoten im Aquarium beliebt - allerdings entsorgen manche Besitzer diese in Gewässern. Auf diese Weise können Sumpfkrebse auch an anderen Orten in Deutschland vorkommen. (dpa)
Lesen Sie mehr, wie es 2018 weiterging mit den Krebsen
- "Ich bin's, der Krebsfänger aus Spandau": Unser Newsletter-Leser Klaus Hidde kämpft gegen die Krebsplage in der Hauptstadt. Das Portrait aus dem Mai 2018 im Spandau-Newsletter.
- "Meine Krebse gibt es bei Olaf Pelz": Die Ware von Krebsfänger Klaus Hidde gibt es bei einem bekannten Fischladen in der Altstadt. Der Spandau-Newsletter hat ihn prompt besucht.
- "40.000 bis Herbst 2018 gefangen - die Krebse sind jetzt auch in der Spree": Eine erste Bilanz im Spandau-Newsletter.