„Blamage für Parteivorstand“: Thilo Sarrazin rechnet nicht mit SPD-Ausschluss
Seine Thesen sind umstritten, aber die SPD wird ihn nicht los. Jetzt läuft das dritte Ausschlussverfahren gegen Berlins Ex-Finanzsenator. Der fühlt sich sicher.
Wenn der frühere Finanzsenator Thilo Sarrazin ein Buch schreibt oder ein Interview gibt, folgt regelmäßig große Aufregung, und seine Partei, die SPD, versucht ihn loszuwerden. Das geht seit fast zehn Jahren so. Gelungen ist es noch nie. Jetzt gibt es einen neuen Anlauf, den dritten, Sarrazin aus der Partei auszuschließen. „Meine Einschätzung ist, dass das Verfahren scheitern und zu einer Blamage für den Parteivorstand führen wird“, sagte Sarrazin dem Tagesspiegel am Sonnabend. „Man kann mein Buch gut oder schlecht finden, aber man wird darin keinen Satz finden, der einen Ausschluss aus der SPD rechtfertigt.“
Das ahnt die SPD auch selbst, denn die Schiedskommission des SPD-Kreisverbands Charlottenburg-Wilmersdorf, wo das Ordnungsverfahren läuft, bemängelte die bisherige Begründung des Parteivorstands. Das berichtet der „Spiegel“. Demnach teilte die Schiedskommission der SPD schriftlich mit, die Vorwürfe, die sich auf Sarrazins jüngstes islamkritisches Buch „Feindliche Übernahme“ beziehen, würden „dem Begründungserfordernis nicht entsprechen“. Es führe „kein Weg daran vorbei, die beanstandeten Äußerungen konkret zu benennen und zu belegen sowie im Einzelnen darzulegen, warum sie den Vorwurf eines parteischädigenden Verhaltens rechtfertigen“.
Das Schiedsgericht gab der SPD-Spitze demnach Gelegenheit, den Antrag zu ergänzen. „Das sind Juristen, die können lesen, jetzt muss der Parteivorstand konkret sagen, was daran parteischädigend ist“, kommentierte Sarrazin.
Sarrazin hat einen Anwalt und wehrt sich
Im Dezember hatte sich die Parteispitze zu einem weiteren Versuch entschlossen, Sarrazin aus der Partei auszuschließen. In einem 18-seitigen Bericht werden Sarrazin acht islamkritische und ausländerfeindliche Kernthesen seines Buches vorgehalten, die mit den „Grundsätzen der Sozialdemokratie unvereinbar“ seien.
Sarrazin lässt sich von einem Rechtsanwalt vertreten, wird sich also wehren; der Schriftsatz des Parteivorstandes sei dem Anwalt im Januar zugegangen, sagte Sarrazin. Die Verhandlung über einen möglichen Ausschluss Sarrazins ist laut „Spiegel“ für den 26. Juni anberaumt.
Begonnen hat alles mit einem Interview, das Sarrazin der Zeitschrift „Lettre International“ vor fast zehn Jahren gab. Danach folgten mehrere Bücher, darunter „Deutschland schafft sich ab“ im Jahr 2010 und „Feindliche Übernahme. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“ im vergangenen Jahr. Sarrazins Aussagen zur überlegenen Intelligenz der Juden, zu minderen Intelligenz von Muslimen, zur Unterwanderung und Übernahme der Gesellschaft durch Muslime infolge deren hoher Reproduktionsrate haben heftige Kontroversen ausgelöst.