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Im Amri-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses wurden die Fehler der Sicherheitskräfte besprochen.
© imago/Christian Ditsch

Untersuchungsausschuss: Terror am Breitscheidplatz: Ermittler haben Anis Amri unterschätzt

Informationen hatten die Ermittler genug, bei der Auswertung dagegen hakte es.

Die Sicherheitskräfte haben bei der Einschätzung des späteren Terroristen Anis Amri schwere Fehler gemacht. In dieser - zugegeben nicht ganz neuen - Analyse sahen sich die Mitglieder des Untersuchungsausschusses zum Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz nach dessen Sitzung am Freitag bestätigt. „Anis Amri ist damals von einigen falsch eingeschätzt worden“, sagte der Ausschussvorsitzende Stephan Lenz (CDU) im Anschluss an den öffentliche Teil der Sitzung. Mitglieder aller anderen Fraktionen bestätigten Lenz in seiner Einschätzung.

Vom Islamisten zum Drogendealer

In der Vernehmung hatten die Abgeordneten eine zum Zeitpunkt des Anschlags bei der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes (LKA) beschäftigte Polizistin befragt. Sie räumte ein, die von dem als Gefährder eingestuften Amri ausgehende Gefahr unterschätzt zu haben. Dieser habe sich ihren Beobachtungen zufolge von einem radikalen Islamisten hin zu einem in Drogengeschäfte verwickelten Allgemeinkriminellen entwickelt. Ihre Beobachtungen basierten allen voran auf Auswertungen von Telefongesprächen Amris.

Bei der Zeugin handelte es sich um die Autorin eines LKA-Berichtes zur Verwicklung Amris in Drogengeschäfte. Um eine Fortsetzung der telefonischen Überwachung Amris rechtfertigen zu können, einigten sich Staatsanwaltschaft und Staatsschutzabteilung auf die Vorbereitung einer Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Die auf den Bericht gestützte Strafanzeige sollte dazu dienen, "Amri von der Straße zu holen", wie die Zeugin mehrfach erklärte.

Geisel zeigt Beamte an

Der Bericht hatte für Schlagzeilen gesorgt, weil er im Nachgang des Anschlags vom Breitscheidplatz entscheidend verändert worden war. Statt vom banden- und gewerbsmäßigem Drogenhandel des Tunesiers war in dem gekürzten Bericht von Amri dem Kleinkriminellen die Rede. Für die Kürzung des Berichts wurden zwei LKA-Beamte, darunter der direkte Vorgesetzte der am Freitag vernommenen Zeugin, verantwortlich gemacht. Ein von Innensenator Andreas Geisel gegen die beiden Beamten angestrengtes Strafverfahren wurde aufgrund des Fehlens eines Anfangsverdachts eingestellt.

Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses kündigten an, die betroffenen Beamten nach Abschluss eines gegen sie laufenden Disziplinarverfahrens vernehmen zu wollen.

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