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Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup am Flughafen Tegel
© Burkhard Fraune/dpa/ZB

Flughafen in Berlin: Tegel bleibt ein Sanierungsfall

Der BER-Untersuchungsausschuss inspiziert Tegel und findet antiquierte Anlagen vor. FDP-Chef Czaja glaubt, die Flughafengesellschaft inszeniere das Chaos.

Es ist 10.30 Uhr, als Melanie Kühnemann-Grunow (SPD) die fünfte Sitzung des BER-Untersuchungsausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses vor einer Burger-King-Filiale im Flughafen Tegel eröffnet. Um die technischen Mängel des alten Flughafens zu dokumentieren, ist der Ausschuss am Freitag nach Tegel gekommen. FDP-Chef Sebastian Czaja erscheint in blauen Sneakers und Tegel-Hoodie. Es herrscht Klassenfahrt-Atmosphäre.

Lange war um diese Sitzung gestritten worden. Flughafen-Chef Engelbert Lütke Daldrup lehnte das Ansinnen zunächst mit der Begründung ab, Tegel sei nicht Gegenstand des Untersuchungsauftrags. Doch nachdem alle Parteien heftig protestiert hatten, stimmte er einer Führung schließlich doch zu. „Schön, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind“, begrüßt er die Abgeordneten etwas süffisant.

Ersatzteile gibt es nicht mehr

„Wir sehen wahrscheinlich nur Schrott“, murmelt FDP-Politiker Bernd Schlömer, dessen Partei für eine Offenhaltung Tegels ist. Und tatsächlich wirkt fast alles, was die Politiker an diesem Morgen zu sehen bekommen, wie Ausstellungsstücke des Technikmuseums, wenngleich alles funktionstüchtig ist. Noch.

„Es ist für uns sehr schwierig, Ersatzteile zu bekommen, oft müssen wir sie selbst bauen“, sagt Daldrup und präsentiert die Notstromaggregate. Es sind französische Schiffsdiesel aus den 60er Jahren.

„Weltweit die letzte Maschine“, sagt Daldrup. Wenn sie den Geist aufgebe, könne man nichts machen. Auch Heiz- und Kältewerk sind noch aus den Anfangstagen des Flughafens, an den Wänden sieht man Telefonapparate mit Wählscheiben.

Fast alle Geräte entsprechen nicht mehr den aktuellen Standards und dürfen nur aus Bestandsschutzgründen in Betrieb bleiben. Da die Flughafengesellschaft davon ausgeht, dass Tegel zeitnah geschlossen wird, wenn der BER doch noch eröffnet – angestrebt wird momentan Oktober 2020 –, investiert man in den alten Flughafen nur so viel, wie für eine Grundversorgung nötig ist.

Etwa zehn Millionen Euro jährlich, unter anderem für die Sprinklerzentrale, die 2015 saniert werden musste. 4.000 Sprinklerköpfe werden von hier aus gesteuert. Am BER werden es 78.000 sein. „Daran sieht man, dass der BER ein bisschen größer sein wird“, sagt Daldrup.

Der Eindruck, den er auf der Führung vermitteln möchte: Tegel ist am Ende – oder muss grundsaniert werden. Auf rund 1,1 Milliarden Euro schätzt Daldrup den Investitionsbedarf. 500 Millionen Euro für die Gebäude, noch etwas mehr für die Flugbetriebsflächen und für die Erschließung, also Kabel und Rohre.

Stroedter: "Flughafen ist am Ende"

Tegel-Freund Czaja hält das, verglichen mit Investitionen anderer Flughäfen, für vertretbar. Mehrfach versucht er Daldrup am Rande der Führung in Diskussionen zu verwickeln. In einer früheren Transfergepäckhalle von Air Berlin kommt es zum Schlagabtausch: „Herr Czaja, ich habe keinen Bock auf diese Diskussion. Lassen Sie sich erst einmal den Unterschied zwischen Bestandsschutz und Neubau erklären“, sagt Daldrup.

Czaja sieht in der ungenutzten Halle dagegen ein Indiz, dass die Flughafengesellschaft das anhaltende Gepäckchaos organisiert, um Stimmung gegen Tegel zu machen. „Die Zeit der Märchen, dass Tegel in einem schlechten, furchtbaren und katastrophalen Zustand sei, ist beendet“, sagt er später.

Die Bilanz seiner Kollegen fällt sehr unterschiedlich aus. „Der Flughafen ist am Ende“, sagt SPD-Mann Jörg Stroedter, in dessen Wahlkreis in Reinickendorf die Menschen unter Fluglärm leiden. Bei einer Offenhaltung rechnet er mit Lärmschutzkosten in Höhe von zwei Milliarden Euro. "Wirtschaftlich ist das eine völlig irrsinnige Debatte", sagt er. Ähnlich sehen dies die Grünen und Linken.

"Erkenntnisgewinn war sehr, sehr gering"

Frank-Christian Hansel (AfD) attestiert dem Flughafen dagegen, dass er „wunderbar funktioniert“. Auch Christian Gräff, Bau-Experte der CDU, will "viele funktionierende Anlagen" gesehen haben. Er räumt allerdings ein: "Der Erkenntnisgewinn heute war sehr, sehr gering."

Flughafen-Chef Daldrup bekommt das schon nicht mehr mit. Auf dem Tower, der letzten Station der Führung, schießt er noch ein paar private Fotos. „Es war früher ein wunderschöner Flughafen“, sagt er und beobachtet, wie eine Easyjet-Maschine abhebt.

Planespotter: Flughafen-Chef Engelbert Lütke Daldrup macht sich ein Bild von Tegel.
Planespotter: Flughafen-Chef Engelbert Lütke Daldrup macht sich ein Bild von Tegel.
© Felix Hackenbruch

"Für weniger Fluggäste war Tegel genial konzipiert", sagt Daldrup und verabschiedet sich von den Politikern, die bereits Pressestatements geben: „Das mediale Event ist Ihnen gelungen, dann kann ich jetzt ja gehen.“

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