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Berlin braucht für den 26. September 14.000 Wahlhelfer mehr als sonst – hat aber keine Probleme bei der Rekrutierung.
© Nestor Bachmann/dpa

Alle wollen Stimmzettel zählen: Tausende Berliner bewerben sich wegen Impfangebots als Wahlhelfer

Mehr Menschen denn je wollen beim Auszählen der Abstimmungszettel mitmachen. Denn dann bekommen sie eine Impfung. Doch noch ist vieles unklar.

Das gab’s noch nie in Berlins bezirklichen Wahlämtern: Innerhalb von nur knapp zwei Wochen haben sich Tausende Interessenten gemeldet, die am kommenden Mega-Wahltag am 26. September als ehrenamtliche Wahlhelferinnen und -helfer tätig sein wollen.

Sie werden gebraucht, diesmal müssen Stimmzettel für drei verschiedene Wahlen und eventuell sogar für einen Volksentscheid ausgezählt werden. Normalerweise suchen die Wahlämter händeringend nach hilfsbereiten Bürgerinnen und Bürgern, um ihren zu kleinen Stamm von Freiwilligen, die sie regelmäßig unterstützen, aufzustocken.

Aber diesmal ist alles anders. Vermutlich wegen eines äußerst verlockenden Angebotes: Wie berichtet, haben Wahlhelfer Anspruch auf zwei Corona-Impfungen, bevor sie zum Einsatz kommen. Gemäß der am 8. März in Kraft getretenen geänderten Impfverordnung des Bundesgesundheitsministeriums sind sie in die Impfgruppe 3 mit erhöhter Priorität aufgestiegen, um im Wahllokal besser vor Viren geschützt zu sein.

Zu Gruppe 3 gehören in Berlin bisher nur alle über 60-Jährigen. Wie und wo die künftigen Wahlhelfer möglichst rasch zu ihren Impfterminen kommen, ist allerdings bisher noch unzureichend geregelt.

Erst kurz vor den Osterfeiertagen machte die Nachricht vom Impfköder die Runde. Parallel wurden alle rund 58.000 Berliner Erstwählerinnen und -wähler entsprechend angeschrieben, genau wie alle Bundesbediensteten in der Stadt. Seither werden die Wahlämter der Bezirke von Bewerbern und Bewerberinnen regelrecht überrannt. Dem Vernehmen nach sind darunter viele jüngere Interessenten ab 18 Jahren.

Der Ansturm ist den Bezirken durchaus willkommen

In Steglitz-Zehlendorf gingen bereits rund 1400 Bewerbungen online ein. „Wir rechnen mit einem weiteren Ansturm“, sagt Wahlamtschef Joachim Stürzbecher. Geert Baasen von der Landeswahlleitung freut sich über die „tolle Resonanz“.

Die Impfverordnung wurde genau zum richtigen Zeitpunkt geändert, denn Berlin benötigt am 26. September mehr als 34.000 ehrenamtliche Wahlhelfer. Das sind rund 14.000 mehr als bei den vergangenen Wahlen. Sie müssen am Wahlsonntag einen nie dagewesenen Aufwand bewältigen.

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Abgestimmt wird in den Wahlkabinen über die künftigen Mehrheiten im Bundestag, im Berliner Abgeordnetenhaus und in den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV). Hinzu kommt womöglich der Volksentscheid über die Enteignung großer Wohnkonzerne.

Das alles muss eventuell noch unter Corona-Bedingungen bewältigt werden. Angeblich sollen bis zur Wahl nahezu alle Bürgerinnen und Bürger geimpft sein. Doch die Wahlbehörden setzten auf Sicherheit. Ihr Impfangebot klingt wie ein Coup, hat aber einen ernsten Hintergrund: „Wir müssen unsere Mitarbeiter schützen, die Wahl darf kein Superspreader-Event werden“, sagt Geert Baasen.

Bezirke richten deutlich mehr Wahllokale ein

In fast allen Bezirken werden auch deshalb immer mehr ehrenamtliche Wahlhelfer gesucht, sodass die Zahl von 34.000 erforderlichen Hilfsbereiten bald überholt sein könnte. Vor einer Woche hatte der Bezirk Marzahn-Hellersdorf beispielsweise noch einen Bedarf von rund 4000 Ehrenamtler verkündet, inzwischen wurde die Zahl auf 5000 erhöht.

Die Wahlämter wollen wegen der Pandemie Risiken vermeiden. Zum einen soll es am Wahltag kein Gedränge geben, man will die Abstimmung „entzerren“, wie es offiziell heißt, also mehr Wahllokale einrichten. So sind in Marzahn-Hellersdorf diesmal 166 Wahllokale vorgesehen, bisher waren es zwischen 114 und 130.

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Zu jedem Wahllokal gehört in der Regel ein Team von neun Helfern, diesmal müssen jedoch zusätzliche Kräfte darauf achten, dass die AHA-Regeln eingehalten werden. Außerdem rechnen die Wahlämter mit einem deutlich höheren Briefwahlanteil von mehr als 50 Prozent, was die Auszählung erheblich erschweren dürfte.

Und schließlich will man eine personelle Reserve vorhalten, um am Wahltag kurzfristig ausfallende Helfer ersetzen zu können. Befürchtet wird, dass sich manche Interessenten nur wegen der Impfungen bewerben und danach um den Job drücken wollen. Andererseits zeigen Rückmeldungen auch, dass viele jüngere Bewerber den Ein-Tages-Job im Dienste der Demokratie durchaus spannend finden.

Zur Impfung von Wahlhelfern sind noch viele Fragen offen

Doch wie kommen potentielle Wahlhelfer und -helferinnen überhaupt zu den Impfterminen? Zunächst müssen sie auf der Website des Landeswahlamtes die Bereitschaftserklärung ausfüllen und online verschicken.

Bestätigt ihnen danach das Wahlamt des jeweils angeschriebenen Bezirks, dass sie verbindlich eingeplant sind, so gehören sie zu den Impfberechtigten. „Die Bescheinigung (...) reicht für die Vereinbarung eines Impftermines aus“, heißt es in den Informationen für Wahlhelfende.

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Bis wann die Bescheinigungen aber bei den Interessenten vorliegen, ist angesichts des Ansturms offen. „Wir tun unser Möglichstes, um rasch zu antworten“, sagt Wahlamtsleiter Joachim Stürzbecher in Steglitz-Zehlendorf. Dort kümmern sich vier Mitarbeiter um die Rückmeldungen. 

Und wie geht es danach weiter? Können künftigen Helfer und Helferinnen mit ihrer Bescheinigung in einer Arztpraxis oder über das Impftelefon des Senats Termine buchen? Schickte ihnen die Senatsverwaltung für Gesundheit Buchungscodes zu? Werden für sie extra Impfzeiten im Juli reserviert? Ungeklärt.

„Wir sind darüber mit dem Senat im Gespräch“, sagt Geert Baasen vom Landeswahlamt. Ein Hin und Her, wie es impfberechtigte Erzieher und Erzieherinnen sowie Lehrkräfte teils erleben, soll es nicht geben. Realistisch sind in Berlins Impfzentren derzeit Termine zwischen Mitte und Ende Juni, bei niedergelassenen Ärzten kann es auch flotter gehen. „Klar ist“, sagt Geert Baasen, „am Wahltag müssen alle zweimal geimpft sein.“ 

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