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Improvisiertes Gedenken. Auf dem Spielplatz vor dem einstigen Wohnhaus von Elias und seiner Mutter erinnern Fotos, Kerzen und Blumen an den Jungen.
© Stefan Engelbrecht

Nach Mohamed ist auch Elias identifiziert: Tatverdächtiger schweigt weiter

Offenbar hat Silvio S. vor Mohamed auch Elias getötet. Die Frage, ob es weitere Opfer gibt, treibt auch die Kriminalisten um. Noch weist nichts darauf hin.

Blumen stapeln sich auf der kleinen Treppe vor dem Bürgerhaus im Potsdamer Stadtteil am Schlaatz. Ein Kranz mit einer weißen Schleife liegt am Geländer. „In Gedenken an Elias – Initiative vermisste Kinder“ steht darauf. Seit Freitag brennen hier wieder Kerzen. Da hatte sich die schreckliche Nachricht, wonach der 32-jährige Silvio S. gestanden habe, vor dem vierjährigen Mohamed ein weiteres Kind mit Namen Elias getötet zu haben, in Windeseile am Schlaatz verbreitet. Viele haben hier seither Blumen und Plüschtiere abgelegt. „Warum?“ prangt in großen Lettern auf einem Schild vor dem Foto des aufgeweckt blickenden Jungen, der nur sechs Jahre alt wurde.

Anwälte hatten noch keine Akteneinsicht

Auf die Frage nach dem Warum wird es wohl so schnell keine Antwort geben. Denn Silvio S., der mutmaßliche Doppelmörder, schweigt weiter. „Wir haben ihm das geraten“, sagte einer seiner Anwälte am Wochenende dem Tagesspiegel. „Wir hatten ja noch keine Akteneinsicht und niemand muss sich selbst belasten.“

Wie berichtet, hatte sich Silvio S. zwar detailliert zur Entführung und Tötung von Mohamed geäußert, aber zu Elias nur gesagt, dass er den Jungen getötet und auf einem von ihm gepachteten Grundstück in einer Luckenwalder Laubenkolonie begraben habe. Deshalb gaben Polizei und Staatsanwaltschaft auf einer Pressekonferenz am Sonntag auch nur bekannt, dass die DNA des in Luckenwalde gefundenen Leichnams zweifelsfrei Elias zugeordnet werden kann.

Details sind Täterwissen

Alle weiteren Details behielten die Ermittler für sich – Wissen, das nur der Täter haben kann und deshalb für seine Überführung sehr wichtig. So gibt es noch keine Informationen darüber, wann und vor allem wie Elias ums Leben kam. Man gehe aber davon aus, dass der Junge „zeitnah“ nach seiner Entführung getötet wurde, sagte der Leiter der Soko Schlaatz, Michael Scharf.

Die Soko wird jetzt aufgelöst, die Mordkommission übernimmt, und die Kriminalisten gehen offenbar davon aus, dass der Tatverdächtige bei Elias ähnlich vorgegangen ist wie bei Mohamed. Auch in Potsdam scheint er sein Opfer in ein Auto gelockt zu haben. Ob es sich um das gleiche Fahrzeug handelte, in dem am Donnerstag die Leiche des bosnischen Flüchtlingsjungen entdeckt wurde, ist unklar. Möglicherweise habe Silvio S. Zugriff auf andere Autos, etwa seines Arbeitgebers gehabt, hieß es auf der Pressekonferenz.

Keine weiteren Leichen gefunden

Der 32-Jährige arbeitet bei einer Sicherheitsfirma in Teltow. Seine Mutter hatte ihn auf einem Fahndungsvideo erkannt und bei der Polizei angezeigt. Wegen der Tötung von Mohamed sitzt er bereits wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Er hatte selbst ausgesagt, Mohamed sexuell missbraucht zu haben, bevor er ihn, weil er „quengelte“, mit einem Gürtel erdrosselte.

Ob auch Elias sexuell missbraucht wurde, kann derzeit nicht gesagt werden. Die Staatsanwaltschaft Potsdam wird in dieser Woche einen erweiterten Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Doppelmörder Silvio S. beantragen. Natürlich habe man „immer die Frage im Hinterkopf, ob es noch weitere Opfer gibt“, sagte ein Ermittler. Bislang gebe es dafür aber keine Hinweise.

So haben die Ermittler das gesamte Grundstück in der Luckenwalder Laubenkolonie gründlich untersucht. Dabei sei auch ein Bagger zum Einsatz gekommen, hieß es. Es seien aber keine weiteren Leichen entdeckt worden. Ob durch die etwa zwei Dutzend Beamten und Mitarbeiter der Spurensicherung noch mehr Beweismittel festgestellt wurden, ist nicht bekannt. Durchsucht worden waren in den vergangenen Tagen auch die Wohnräume des Tatverdächtigen im Haus seiner Eltern in Niedergörsdorf.

Auch Vorfälle in Rostock werden überprüft

„Wir sind in engem Kontakt mit der Soko Wald, die sich um die im Mai in Stendal verschwundene fünfjährige Inga kümmert“, sagte Soko-Chef Scharf. Man prüfe auch Vorfälle in Rostock, wo Kinder von einem verdächtigen Mann angesprochen worden seien.

Kritik an Polizei zurückgewiesen

Auf der Pressekonferenz in Potsdam wurde auch Kritik an der dortigen Polizei laut: Möglicherweise hätte Mohamed noch leben können, wenn die Potsdamer den Tatverdächtigen beispielsweise durch eine Rasterfahndung schon nach der Entführung von Elias ermittelt hätten. Scharf wies das zurück. Man habe alles Erdenkliche getan, um Elias zu finden, sagte er. Aber nicht einer der damals eingegangenen 1300 Hinweise habe zu Silvio S. geführt.

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