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"Im Islam sind Sauberkeit und Hygiene sehr wichtig". Zwei Mädchen fegen die Straße vor ihrer Moschee in der Finowstraße in Neukölln.
© Nora Tschepe-Wiesinger

Gemeinsame Sache in Neukölln 2015: Straße fegen für den Glauben

In Neukölln packten an den Aktionstagen "Saubere Sache - Gemeinsame Sache" Jung und Alt gemeinsam an. Auch Flüchtlinge beteiligten sich an den Aktionen.

Putz-Fotos mit dem Smartphone

„Es gehört zu unserem Glauben, dass wir die Straße vor der Moschee sauber machen“, sagt Safiya Zaloum. Ihr Vater Raed pflichtet ihr bei: „Im Islam ist Sauberkeit und Hygiene sehr wichtig“.

Safiya und Raed fegen am Sonnabend zusammen mit anderen Gläubigen aus dem Islamischen Kultur- und Erziehungszentrum in Neukölln die Finowstraße. Raed Zaloum ist Leiter des Zentrums. Dort wird arabisch unterrichtet und fünfmal am Tag gebetet. Seine 14-jährige Tochter Safiya kommt jeden Samstag zur Mädchengruppe, jetzt räumt sie mit 25 Freiwilligen aus der Moschee die Finowstraße und den Spielplatz gegenüber auf.

Sie sammeln Zigarettenkippen, Eispapier und Glasflaschen und verständigen sich auf Arabisch und Deutsch. Safiya und ihre zwei Freundinnen fotografieren sich gegenseitig beim Saubermachen mit dem Smartphone. „Das posten wir später“, sagt sie und hält den vollen Müllbeutel in die Kamera.

Hermannstraße: Alter Friedhof, neue Freunde

Aus Mali, Tschad, Somalia und Berlin kommen die 30 Gärtnerinnen und Gärtner, die auf der Brachfläche des Friedhofs Kirchhof V an der Hermannstraße gemeinsam harken, pflanzen und gießen. „Kommt hier rüber, wir bauen jetzt die Kompostanlage“, ruft Jelke, die ökologischen Landbau studiert.

Was mal ein Friedhof war, ist jetzt ein Begegnungsraum. Flüchtlinge gärtnern hier mit Nicht-Flüchtlingen
Was mal ein Friedhof war, ist jetzt ein Begegnungsraum. Flüchtlinge gärtnern hier mit Nicht-Flüchtlingen
© Nora Tschepe-Wiesinger

Mit Gartenarbeit kennt sie sich gut aus, die meisten anderen Helfer sind aber gärtnerische Laien und haben über soziale Netzwerke von dem Projekt mit und für Flüchtlinge erfahren.

Die Flüchtlinge kommen aus verschiedenen Unterkünften in Berlin, auf dem Kirchhof gärtnern sie auf rund 1600 Quadratmetern und pflanzen dort Nutz- und Zierpflanzen an. „Die Geflüchteten sollen sich hier zuhause und aufgenommen fühlen“, sagt Sven Seeger, Leiter des Projekts. Zum Aktionstag sind viele Freiwillige gekommen, Studenten, aber auch Mütter mit ihren Kindern.

Unterhalten wird sich vor allem auf Englisch, es gibt Pfefferminztee mit Kräutern aus dem eigenen Garten. „Das ist ein so schönes Miteinander“, sagt einer der Helfer, die Hände voller Unkraut und Erde. „Die Flüchtlinge sind total motiviert, das wirkt ansteckend“.

Flüchtlinge und Senioren verschönern das Bürgerzentrum

"Es ist schön, wenn man helfen kann", sagt Tarig, 26, aus Eritrea. Er hält einen Eimer mit Farbe in der einen und einen Pinsel in der anderen Hand. Seit zwei Jahren ist er schon in Deutschland und lebt in der Flüchtlingsunterkunft in der Haarlemer Straße in Neukölln. Tarig und andere Flüchtlinge aus seiner Unterkunft räumen zusammen mit Senioren vom Bürgerzentrum Neukölln, einem Begegnungs- und Nachbarschaftszentrum für ältere Menschen, auf. Sie streichen Tische und Bänke, fegen den Hof und pflanzen Blumen im Vorgarten des Bürgerzentrums.

Senioren und Flüchtlinge setzten auch neue Pflanzen im Innenhof des Bürgerzentrums
Senioren und Flüchtlinge setzten auch neue Pflanzen im Innenhof des Bürgerzentrums
© Nora Tschepe-Wiesinger

"Die Flüchtlinge sind so fleißig, sie wollen gar nicht mehr aufhören, zu arbeiten", sagt Jürgen Grotz, der seit vielen Jahren ehrenamtlich im Bürgerzentrum mitarbeitet. Das Bezirksamt hat den Kontakt zwischen dem Bürgerzentrum und der Flüchtlingsunterkunft hergestellt. Es sollen Patenschaften zwischen den Geflüchteten und Ehrenamtlichen entstehen. Viele Flüchtlinge sind ausgebildete Handwerker, Elektriker und Schweißer und können schon gut deutsch. Jürgen Grotz ist begeistert von dem Engagement der jungen Männer aus Eritrea, Syrien und dem Irak und meint: "Die sind so motiviert und wollen unbedingt arbeiten, die schaffen das hier in Deutschland!"

Franziska Giffey und Mitarbeiter reinigen die Hasenheide

Ein Fahrrad, einen Geldsafe, einen Grill, Kleidung und 20 Tütchen Cannabis haben Mitarbeiter des Neuköllner Bezirksamts bei der Putzaktion in der Hasenheide gefunden. "Ein netter Nebenerfolg", sagt Christian Bärmann, denn eigentlich ist er zum Müllsammeln mit 35 weiteren Bezirksmitarbeitern hier. Auch Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey packt mit an und macht Wiesen und Büsche sauber.

Da ließ sich auch Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey (hier in Blau, pardon, vorn die zweite von rechts) nicht lumpen.
Da ließ sich auch Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey (hier in Blau, pardon, vorn die zweite von rechts) nicht lumpen.
© Nora Tschepe-Wiesinger

"Wir wollen dem Müll den Kampf ansagen", sagt sie. "Die Familien sollen sich im Park wieder wohlfühlen." Die Hasenheide ist als Drogenumschlagplatz bekannt, dementsprechend verwundert es die Auszubildende Conni nicht, dass sie im Gebüsch viele Spritzen und Tütchen entdeckt hat. Nach drei Stunden Arbeit haben die Bezirksmitarbeiter aber vor allem eins gefunden: Müll – insgesamt wurden 80 Säcke voll.

Malern und Gärtner in Sharehaus Refugio Berlin

Ein Ort der Gemeinschaft, der Zuflucht und der Erneuerung will das Sharehaus Refugio in Neukölln sein. Für Menschen mit Fluchthintergrund, aber auch für Einheimische. Seit Juli 2015 leben in dem Haus 20 Geflüchtete aus Syrien, Afghanistan, Somalia und anderen Ländern zusammen mit 20 Einheimischen. "Alle, die hier herkommen, sind auf der Suche", sagt Sven Lager, der Leiter des Hauses, und ergänzt: "Wir helfen nicht, sondern wir unterstützen einander auf Augenhöhe. Keiner ist besser als der oder die andere".

Im Sharehaus Refugio wurde nicht nur gemalert. Hier pflanzen und verschönern Helfer die Dachterrasse
Im Sharehaus Refugio wurde nicht nur gemalert. Hier pflanzen und verschönern Helfer die Dachterrasse
© Nora Tschepe-Wiesinger

Im Sharehaus leben die Bewohner in einer WG, es finden Workshops, Feste und Gottesdienste statt, die für alle Bewohner im Kiez offen sind. Kooperationspartner ist die Berliner Stadtmission. Im Haus gibt es ein öffentliches Café und eine Dachterrasse. Auf der Terrasse, von der aus man den Fernsehturm sieht, werkeln zehn Auszubildende des Logistik-Unternehmens Plischka. Sie bauen Beete und pflanzen Blumen, putzen und räumen auf. Im Haus werden Wände gestrichen, Holzböden verlegt und Fenster geputzt. Am Sonntag ist die offizielle Eröffnung des Sharehauses mit Drinks, arabischem Buffet und Livemusik. "Jeder ist willkommen", sagt Lager.

Die Schulküche soll nun für immer sauber sein

„Forever clean“ soll die Schulküche der Hermann-Nohl-Schule in Neukölln werden. „Wer weiß, was das heißt?“, fragt Schulleiterin Ilona Bernsdorf. Der 13-jährige Umut meldet sich: „für immer sauber“. Damit das gelingt, macht er sich zusammen mit seinem Freund Adel ans Werk, zieht sich gelbe Putzhandschuhe an und nimmt einen Lappen in die Hand.

"Forever clean"? Die Schulküche der Hermann-Nohl-Schule wurde gemeinsam gewienert.
"Forever clean"? Die Schulküche der Hermann-Nohl-Schule wurde gemeinsam gewienert.
© Nora Tschepe-Wiesinger

Schüler der Hermann-Nohl-Schule machen zusammen mit Mitarbeitern des Berliner Reinigungsunternehmens „forever clean“ die Schulküche sauber. Die Schule und das Unternehmen haben eins gemeinsam: Sie sind beide inklusiv. Im sonderpädagogischen Förderzentrum der Hermann-Nohl-Schule sind in jeder Klasse bis zu drei Kinder mit Förderbedarf, die sehr langsam lernen; bei „forever clean“ haben 30 Prozent der Mitarbeiter eine Behinderung.

„Die Schüler können das Unternehmen als möglichen Arbeitgeber kennenlernen und erste Kontakte knüpfen“, sagt Bernsdorf. Berufsvorbereitung ist an ihrer Schule sehr wichtig, jeder Schüler macht von der 8. bis zur 10. Klasse drei Praktika – meist in inklusiven Unternehmen wie „forever clean“. So weiß Schüler Umut schon längst, was er später mal werden will: „Profikoch“ – wie sein Vater.

 Kinder pflanzen Blumen in der Hasenheide

„Wir haben ganz viel Müll gefunden“, sagt der 5-jährige Juri und zeigt auf den Eimer voll mit Bierflaschen vor sich. Zusammen mit seinen Freunden aus der Kindertagesstätte der Naturfreundejugend in Neukölln sammelt er Müll auf, der auf der Wiese in der Hasenheide direkt neben der Kita liegt.

Im Frühjahr werden sie blühen. Kita-Kinder pflanzen Tulpen und Narzissen in der Hasenheide.
Im Frühjahr werden sie blühen. Kita-Kinder pflanzen Tulpen und Narzissen in der Hasenheide.
© Nora Tschepe-Wiesinger

Außerdem pflanzen sie Blumenzwiebeln: Tulpen und Narzissen, die im Frühjahr blühen sollen. „So hat jeder etwas von dem Platz“, sagt Erzieherin Elke Delorme. Oft machen Anwohner auf der Wiese Sport oder Kinder aus den umliegenden Kinderläden spielen dort. Die Kinder aus der Tagesstätte der Naturfreundejugend haben vor der Aufräumaktion gelernt, wie tief sie die Zwiebeln einpflanzen müssen und wie genau man die Blumen pflegt. „Es ist toll, das Ergebnis unserer Arbeit im Frühling sehen zu können“, sagt Delorme.

Nora Tschepe-Wiesinger

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