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David Chipperfields Masterplan für die Bötzow-Brauerei.
© Promo

Chipperfield baut "Future Lab": Startschuss für den Ausbau des Bötzow-Areals

In Berlin-Prenzlauer Berg beginnt nach drei Jahren Vorbereitung der Ausbau der alten Bötzow-Brauerei. Ein Projekt mit viel Herzblut, denn für den künftigen Nutzer und Investor ist es auch ein Lebenswerk.

Zwischen alten Pferdetränken und einem modernen Flachbildschirm steht eine Schaufensterpuppe mit Unterschenkelprothese. Die Pferde sind längst verschwunden aus der Bötzow-Brauerei. Die Zukunft trat am Mittwoch in eine neue entscheidende Phase.

Der Architekt David Chipperfield stellte im ehemaligen Pferdestall den Masterplan für das 24 000 Quadratmeter große Areal in Prenzlauer Berg vor. Neben der Restaurierung der historischen Bauten entstehen auf 8600 Quadratmeter Fläche unter seiner Regie auch drei neue Gebäude. Bis 2017 soll das 40 Millionen Euro teure Ottobock Future Lab fertiggestellt sein, in dem rund 200 Leute arbeiten sollen. Langfristig will der Unternehmer Hans Georg Näder hier bis zu 250 Millionen Euro investieren.

Gut drei Jahre ließ der Inhaber von „Ottobock“, dem Weltmarktführer in technischer Orthopädie, sich Zeit, um das Gelände behutsam zu entwickeln und gute Beziehungen mit den Nachbarn und dem Bezirk aufzubauen. Zum einen entsteht hier ein neuer Standort für die digitale Zukunft seines Unternehmens. Zum anderen bekommt Berlin fast mitten im Zentrum einen neuen Stadtteil, mit öffentlichem Platz, Boutiquehotel, Markt, Lebensmittelmanufakturen, Schwimmklub, Galerie und natürlich einem großen Biergarten mit Brauerei.

Für Näder ist dieser Ort nicht eine bloße Investition, sondern ein echtes Lebenswerk mit jeder Menge Herzblut drin. Es soll nämlich auch an seinen Großvater Otto Bock erinnern, der das heute in Duderstadt ansässige Familienunternehmen 1919 in Kreuzberg gegründet hat.

„Oft geht der Charme eines solchen Ortes verloren, wenn neu gebaut wird“, sagte David Chipperfield. Dass dieses Gelände an Charme noch gewinnt, ist die persönliche Herausforderung des weltweit renommierten Star-Architekten. Bei aller britischen Zurückhaltung war ihm die Begeisterung über die Keller mit ihren „unglaublich hohen Decken“ und dem stabilen Klima doch anzumerken. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit freute sich, „dass ein uraltes Familienunternehmen die Zeichen der Zeit erkannt hat und sich hier eine Möglichkeit schafft, hochqualifizierte Mitarbeiter zu requirieren, die weltweit Angebote haben“. Dass sich das Gelände zur Stadt hin öffnet, lobte er ebenso wie die Tatsache, dass Näder nicht auf schnelle Rendite aus ist, sondern etwas schaffe, was der Gründungstradition seiner Vorväter entspricht. „Sie helfen vielen Menschen, ihr Handicap zu überwinden.“

Nach dem Science Center am Potsdamer Platz, das seit der Eröffnung 2009 schon 500 000 Besucher hatte, wird das Ottobock Future Lab der zweite Standort des Medizintechnikunternehmens in Berlin sein. Es wird ein Medical Care Center geben, einen Mobility Concept Store mit Rollstuhlmanufaktur sowie ein Hotel mit Reha-Lofts für Medizin-Touristen. In einem offenen Raum, dem „Open Innovation Space“, sollen Entwicklungsingenieure des Unternehmens mit kreativen Köpfen aus der ganzen Welt zusammenarbeiten. Noch in diesem Jahr soll das Fab Lab einziehen, ein junges Unternehmen, das auf 3-D-Drucker spezialisiert ist. Für Geschäftsführer Wolf Jeschonnek ist das auch eine gute Chance zum Lernen, denn „die Entwicklungsingenieure haben weit mehr technologisches Know-how als wir.“

Bötzow-Brauerei soll Cape Canaveral werden

Zwar soll das Gelände zum 100-jährigen Firmenjubiläum eröffnet sein, aber Näder hofft, dass es sich ständig weiterentwickelt. Auch sein Unternehmen ist seit Jahren auf Wachstumskurs und konnte 2013 den Umsatz auf 724,1 Millionen Euro steigern. Rund 7000 Mitarbeiter sind in 50 Ländern der Erde aktiv mit Kontakten in alle anderen Länder. Die demografischen Veränderungen werden das Wachstum weiter befördern. Näder will Bötzow zu „unserem Cape Canaveral für neue Technologie“ machen. Bis 2020 will er den Umsatz verdoppeln. Dabei ist der Unternehmer keineswegs ein kalter Zahlenmensch, sondern auch bekannt für sein großes soziales Engagement. Wowereit attestierte ihm: „Ohne Sie wären die Paralympics nicht möglich.“

Aktuell engagiert er sich an der türkisch-syrischen Grenze für die Rehabilitation von verletzten Kindern. „Der Mensch steht im Mittelpunkt“, lautet das Ottobock-Motto. Näder stellte aber auch seine persönliche Lebensformel vor: „Herzblut + Verstand + Empathie = Spielfreude, Erfolg, Nachhaltigkeit“. Dass es nach drei Jahren intensiver Arbeit jetzt endlich losgeht, erfüllt ihn mit Erleichterung und Freude. Wechselnde Ausstellungen im Atelierhaus, Tim Raues Restaurant „La Soupe Populaire“ und die Bar „Le Croco Bleu“ lassen den Standort Bötzow-Brauerei freilich schon seit über einem Jahr auf dem Stadtplan von Genießern und Kunstfreunden wieder funkeln.

David's Delight zu Leberwurststullen

Der Archäologe Martin Albrecht, seit 1971 in der Gegend ansässig , zeigte sich erfreut darüber, dass ein berühmter Architekt und ein erfolgreicher Unternehmer genau die richtige Tonlage trafen im Bezirk. Extra zum Anlass hatte Barkeeper Gregor Scholl für den Architekten einen Drink kreiert „David’s Delight“, mit Tonic, Johannisbeer- und Maracujasaft, bei dem wegen der frühen Stunde nur der Gin fehlte. Tim Raue servierte Gästen wie Verleger Florian Langenscheidt oder KPM-Chef Jörg Woltmann Tatar- und Leberwurststullen.

Bis einschließlich Sonntag kann die Ausstellung „Chipperfield auf Bötzow“ jeweils von 10 bis 18 Uhr in der Saarbrücker Straße 6 besichtigt werden. Eintritt frei.

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