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Liebe
© Heerde

Partnersuche: Gelegenheit macht Liebe

Wer einen Partner finden will, hat in Berlin beste Chancen. Selbst die BVG hilft bei der Verbindungssuche.

Die Begegnung war so kurz, Magdalena kann sich kaum noch an Details erinnern. Nur soviel: Er hatte sein Fahrrad mit im Abteil, trug eine grüne Jacke. Und: Seine Schuhe waren dreckig! Ganz kurz haben sie sich angelächelt, dann musste er aussteigen, an der Haltestelle Frankfurter Allee. Und jetzt ist er weg.

Nirgendwo sitzen und stehen sich täglich so viele Menschen dicht gedrängt gegenüber wie im öffentlichen Nahverkehr. Und nirgendwo kreuzen sich so viele verstohlene Blicke. Bahnabteile und Busse sind ideale Orte zum stillen Flirten. Nur mit dem Ansprechen klappt es meistens nicht, auch deshalb, weil rundherum noch andere Menschen sitzen. Die sollen bitte nicht mitkriegen, wenn man beim Ansprechen ins Stottern gerät. Oder gar einen Korb kassiert.

Die BVG weiß um das Flirtverhalten ihrer Gäste und hat einen Internet-Service eingerichtet: Auf www.bvg.de/augenblicke können Singles, die sich in der Bahn verguckt und dort nicht getraut haben, im Nachhinein Kontaktanzeigen aufgeben. Mit Beschreibungen wie: „Du hörtest Musik und hast lustig mit dem Kopf gewackelt“ oder „Wir waren ganz alleine im Zug“. Oder eben: „Deine Schuhe waren mit Schlamm bespritzt“, das hat Magdalena geschrieben. Wer sich angesprochen fühlt, kann antworten. Seit dem letzten Valentinstag ist die Seite online. Es sollte bloß ein Versuch sein. Inzwischen klicken mehrere tausend Menschen auf die Seite – pro Tag. Seit kurzem kann man dort auch Gesuche für Treffen in S-Bahn und Regionalzug eingeben.

Die BVG bietet ihren Service kostenlos an, viel andere verdienen mit dem Verkuppeln ihr Geld. 1,7 Millionen Berliner sind Single, ein großer Teil davon ist auf Partnersuche. Das ist ein riesiger Markt für Veranstalter von Single-Kochrunden, Blind-Dates und Partnerbörsen. Und natürlich von Kuppel-Partys: Die größte heißt „Fisch sucht Fahrrad“ und richtet sich an alle Alleinstehenden. Daneben gibt es aber auch spezielle Abende für einzelne Zielgruppen. Zum Beispiel die „Pflock sucht Herz“-Party für schwarzgekleidete Gothics. Besonders erfolgreich ist seit diesem Jahr die „Uschi & Horst“-Party. Die verrät schon im Namen, dass dort nicht verkrampft, sondern mit Augenzwinkern geflirtet werden soll. Deshalb geben die Veranstalter auf ihrer Homepage zwei wichtige Tipps. Erstens: Die ganze Sache nicht zu ernst nehmen. Und zweitens: Erst einmal davon ausgehen, dass es Freundschaft werden könnte. So soll es auch sein, schließlich ist der Begriff „Flirten“ laut Brockhaus als „spielerische Kontaktaufnahme zwischen den Geschlechtern” definiert. Auch bei den diversen Speeddating-Angeboten, bei denen die Teilnehmer jeweils nur wenige Minuten zur Kontaktaufnahme haben und dann einen Tisch weiter zum nächsten Date rücken, steht nach Angaben der Veranstalter stets der Spaß im Vordergrund. Angst, sich zu blamieren oder blödes Zeug zu erzählen, muss man dabei nicht haben – und sich vorher Gesprächsthemen zurecht zu legen bringt gar nichts. Das sagt einer, der es wissen muss: Lars Penke ist Psychologe an der Humboldt-Universität, seit Jahren erforscht der Wissenschaftler das Entstehen und Funktionieren von Beziehungen. Dazu hat er diverse Speed-Dating-Versuche angeleitet. Und herausgefunden, dass die Gesprächsthemen dort meist „ziemlich banal sind“. Nämlich vor allem: Was machst Du so? Wo kommst Du her? Warum gehst Du zum Speeddating? Die wesentlichen Informationen, sagt Penke, werden „auf anderen Ebenen ausgetauscht“. Zum Beispiel über das Aussehen, die Körperhaltung, die Kleidung, die Stimme.

Teil des Speed-Datings ist, am Ende auf einem Zettel anzukreuzen, wen man gerne wiedersehen möchte. Bei Übereinstimmungen werden Telefonnummern überreicht. Penke weiß: Männer kreuzen in 40 Prozent der Fälle mit „Ja“ an, bei der Frau sind es nur rund 15 Prozent. Und wenn zwanzig Menschen bei einem Speed-Dating teilnehmen, ergibt sich daraus immerhin eine feste Beziehung. Wie lange die anhält, untersucht Penke gerade in einer Langzeitstudie. „Das Hauptproblem der Singles: Sie warten zu lange“, sagt Penke. Und wollen sich nicht binden, weil sie fürchten, etwas zu verpassen. Diesem Problem ist Penke am Computer mit Modellrechnungen nachgegangen und hat so die „Zwölfer-Regel“ entdeckt. Die besagt: Wer zwölf Partner hatte – und das müssen keine langjährigen sein –, hat genug Informationen über sich und seine Chancen beim anderen Geschlecht gesammelt, dass er genau einschätzen kann, ob ein Flirtpartner zu ihm passt oder nicht. Und für dieses Einschätzen braucht man nicht mal viel Zeit, da reicht eine Begegnung im Supermarkt, im Café oder auch eine Bahnfahrt.

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