AfD-Stimmen für die Grünen gezählt: Staatsanwaltschaft prüft Wahlbetrug in Brandenburg
Noch bevor der Tagesspiegel über den Wahlbetrug berichtete, lag der Fall bei der Staatsanwaltschaft Potsdam. Das bestätigte nun ein Sprecher.
Nach den Tagesspiegel-Recherchen über einen Wahlbetrug bei der Kommunalwahl in Brandenburg im Mai hat die Staatsanwaltschaft Potsdam bereits vor Wochen einen Vorgang angelegt. Das bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam am Dienstag und revidierte damit teilweise seine Aussagen gegenüber anderen Medien.
Auf Nachfrage anderer Medien hatte er angegeben, es gebe keinen Eingang einer Strafanzeige, keine Ermittlungen, nicht einmal einen Prüfvorgang. In diesem Tenor berichtete nun auch die „Märkischen Oderzeitung“.
Am Dienstag stellte der Sprecher der Staatsanwaltschaft auf Tagesspiegel-Anfrage klar: „Wir prüfen einen Anfangsverdacht bezogen auf eine Manipulation der Stimmenauszählung durch einen Wahlhelfer am 26. Mai im Land Brandenburg. Wir prüfen das auf alle rechtlichen Gesichtspunkte, insbesondere Wahlfälschung nach Paragraf 107a des Strafgesetzbuches.“
Der Tagesspiegel hatte am Samstag, den 24. August, über einen Wahlhelfer berichtet. Dieser gab an, das Abstimmungsergebnis der Kommunalwahl, die gleichzeitig mit der Europawahl Ende Mai stattfand, in geringem Maße manipuliert zu haben. Bei der Auszählung der Stimmen zur Wahl der Stadtverordnetenversammlung in einer Stadt im Landkreis Oder-Spree habe er rund 50 Stimmen der AfD bei den Grünen eingetragen.
Das Büro des Landeswahlleiters hatte nach einer Anfrage des Tagesspiegels vom Juli zu dem Fall auch die Staatsanwaltschaft informiert und um Prüfung gebeten, ob eine Straftat vorliegt. Diese Prüfungsbitte hat der zuständige Staatsanwalt wie eine Strafanzeige angenommen und legte deshalb einen Vorgang an, das Aktenzeichen trägt die Ziffern-Kennung UJs. Die Vorermittlungen richteten sich also gegen unbekannt. Der Bezug zum Tagesspiegel-Bericht ist in den Akten noch nicht hergestellt.
Etwa 50 Stimmen gefälscht
Der Wahlhelfer hatte die Szene im Wahllokal wie folgt beschrieben: Ein anderer Wahlhelfer habe ihm die Zahl der pro Wahlzettel möglichen drei Stimmen vorgelesen. Seine Aufgabe sei es gewesen, die Stimmenzahl für AfD, Grüne und eine Regionalpartei zu notieren.
Dabei habe er Teile der Stimmen für die AfD einfach den Grünen zugeschlagen. Er habe auf dieses Weise etwa 50 Stimmen gefälscht. Der Mann legte dem Tagesspiegel eine eidesstattliche Versicherung darüber vor, was er genau getan hat – und dass seine Schilderungen im Tagesspiegel zutreffen.
Als Motiv nannte er den großen Zuspruch für die AfD, den um sich greifenden Alltagsrassismus in seiner Heimatstadt und die Gefahr, dass derlei Wahlfälschung auch zugunsten der AfD möglich wäre. Bei der Landtagswahl wäre solch ein Vorgehen nicht möglich, erklärte der Kreiswahlleiter von Oder-Spree, Sascha Gehm. Am Sonntag gelte bei der Auszählung der Landtagswahl das Vieraugenprinzip.