Stadtentwicklung: SPD will Wohnungen statt Baumarkt am Yorckdreieck
Ganz plötzlich haben die Sozialdemokraten neue Ideen für das Areal zwischen den S-Bahngleisen an der Yorckstraße. Dabei waren die bisherigen Pläne so gut wie beschlossen.
Über den geplanten Baumarkt der Hellweg-Kette auf dem sogenannten Yorckdreieck am U- und S-Bahnhof Yorckstraße ist es zum politischen Streit gekommen – kurz vor einer Bürgerversammlung am Dienstag und einem geplanten Beschluss der BVV Friedrichshain-Kreuzberg. Die SPD kündigte überraschend an, die Pläne nicht mehr mitzutragen. Statt des Bau- und Heimwerkermarkts mit Gartencenter sollten Wohnhäuser entstehen, sagte die Kreisvorsitzende Julia Schimeta dem Tagesspiegel. Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) hält davon allerdings wenig.
Die SPD begründet ihren Vorstoß mit dem wachsenden Wohnungsmangel. Im Bezirk, aber auch stadtweit habe „das Thema Mieten und Wohnen einen neuen Stellenwert bekommen“, sagte Schimeta. So stelle sich die Frage, „wo wir noch nachverdichten können“. Schimeta gab zu, dass der Meinungswandel der SPD spät komme und die Situation „kompliziert“ sei. Denn das Bebauungsplanverfahren für Hellweg ist fast abgeschlossen.
Bisher war die Zustimmung des BVV-Stadtplanungsausschusses für den 20. Februar vorgesehen und der BVV-Beschluss für den 27. Februar. Hellweg will ab März bauen und im Herbst eröffnen.
Ein Architekt hat für die SPD einen ersten Entwurf für 300 Wohnungen erstellt. Zur verkehrsreichen Yorckstraße hin könnten demnach Läden und Büros mit bis zu sieben Etagen entstehen, um die Wohnbauten vom Lärm abzuschirmen. Da Hellweg der Grundstückseigentümer ist und als Baumarktkette wohl kaum Wohnungen bauen würde, wünscht sich Schimeta einen Weiterverkauf – idealerweise an eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft oder aber an einen privaten Investor.
„Keine der Parteien ist ein großer Fan von Baumärkten“, sagt Bürgermeister Schulz, der für die Stadtplanung zuständig ist. Bisher aber habe es einen „fraktionsübergreifenden Konsens“ gegeben. Der Markt solle nur zwölf Meter hoch werden, was den Luftaustausch sichere und so dem Stadtklima nutze. Auch bleibe die „beeindruckende Sichtachse“ zum Park am Gleisdreieck erhalten. Dagegen könnten Wohnhäuser bis zu 35 Meter hoch werden und „wie die Eiger-Nordwand“ wirken.
Der Rathaus-Chef argumentiert auch mit Hellwegs Angebot, auf dem Dach einen Sportplatz zu errichten. Die SPD bemängelt, dieser sei „nicht wettkampfgerecht“. Laut Schulz wäre die Anlage aber geeignet für Jugendmannschaften, die es bisher schwer hätten, Flächen zu finden.
Mitzureden hat auch Tempelhof-Schöneberg. Denn ein Teilstück an der Yorckstraße, wo früher eine Tankstelle stand, gehört zum Nachbarbezirk. Dessen BVV trägt die Planung des federführenden Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg bisher mit. Laut Schulz zeigte sich im Tempelhof-Schöneberger Stadtplanungsausschuss bereits, dass Wohnungsbau dort keine Unterstützung finde.
Hellweg will 20 Millionen Euro investieren und hat laut Sprecherin Nicole Bolle bereits vier Millionen Euro für die „komplizierte Beräumung und Dekontaminierung“ ausgegeben. 120 Jobs würden geschaffen, 80 Mitarbeiter seien schon eingestellt und würden geschult. Seit 2010 habe man mit allen Ämtern und Fraktionen gesprochen und sich auf Zusagen verlassen, sagte die Sprecherin. Sollte sich der Bau stark verzögern, wäre der Schaden „erheblich“.
Laut Bolle halten Gutachter eine Wohnbebauung für unmöglich; dafür sei der Lärm von der Straße sowie der S- und Fernbahn viel zu hoch. Außerdem hätten sich „Anwohner beider Bezirke gegen jedwede mehrgeschossige Bebauung ausgesprochen“.
Am Dienstag, 12. Februar, veranstalten die BVV Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg eine Einwohnerversammlung zum Yorckdreieck (19 bis 22 Uhr in der Havelland-Grundschule, Mensa-Haus 2, Kolonnenstraße 30-30a).
Cay Dobberke