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Das Ticket könnte bereits ab 2019 gelten.
© dpa

BVG-Ticket: SPD will Berliner Schüler umsonst fahren lassen

Die Berliner SPD will das kostenlose Ticket für Schüler rasch durchsetzen. Die Partei fordert außerdem ein billiges Jahresabo nach Wiener Vorbild.

Die SPD will mit großzügigen Vergünstigungen bei Bus, Tram und Bahn bei den Berlinern punkten. Auf einem Landesparteitag wurden am Sonnabend zu später Stunde entsprechende Beschlüsse gefasst. Eine breite Mehrheit fand sich für den Antrag des SPD-Kreisverbands Spandau, dass Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre die öffentlichen Verkehrsmittel kostenfrei nutzen dürfen. Es wird sogar erwogen, die freie Fahrt für Berliner Schüler auf das 18. Lebensjahr auszuweiten.

Das kostenlose Schülerticket könnte, wenn sich die Koalitionspartner SPD, Linke und Grüne schnell einigen, bereits 2019 angeboten werden. Die SPD will ihren Vorschlag am Montag in die koalitionsinternen Beratungen über einen Nachtragshaushalt für 2018/19 einbringen. Dann tagen die Fraktionschefs von Rot-Rot-Grün, eine Woche später sollen sich die Abgeordnetenhausfraktionen mit dem Thema befassen. Widerstand gegen das Gratis-Schülerticket ist von den Regierungspartnern nicht zu erwarten. Ein Parteitag der Linken hatte diese Forderung schon im April beschlossen.

Freie Fahrten galten als schwer finanzierbar

Bisher galt die freie Fahrt für Kinder und Jugendliche als schwer finanzierbar. Der Senat müsste in diesem Fall Einnahmeverluste bei BVG und S-Bahn von maximal 63 Millionen Euro ausgleichen. Momentan kostet das Schülerticket 21,80 Euro als Monatskarte und 17 Euro im Jahresabo. Kinder aus sozial schwachen Familien, die den Berlinpass (aus dem Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes) haben, können jetzt schon kostenfrei Bus und Bahn benutzen. In diesen Genuss sollen künftig alle Schüler, unabhängig vom Einkommen der Eltern, kommen.

Außerdem beschlossen die Sozialdemokraten, dass der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) das „Wiener Modell“ übernimmt. In der österreichischen Hauptstadt wird das Jahresticket für den gesamten öffentlichen Nahverkehr seit 2012 für 365 Euro angeboten. Seitdem hat sich die Zahl der Jahresabo-Besitzer mehr als verdoppelt. In Berlin kostet die VBB-Umweltkarte im jährlichen Abonnement zurzeit 728 Euro. Zu einer radikalen Verbilligung hatten sich SPD, Linke und Grüne während der Koalitionsverhandlungen vor zwei Jahren nicht durchringen können. Und zwar mit Rücksicht auf den Berliner Haushalt, denn das „Wiener Modell“ würde den Zuschuss an die Berliner Verkehrsbetriebe und die S-Bahn um mehr als 100 Millionen Euro erhöhen. Außerdem würde die Zahl der Fahrgäste voraussichtlich massiv steigen, mit entsprechenden Auswirkungen auf Infrastruktur, Wagenpark und Personal.

Milliardenschwere Haushaltsüberschüsse

Finanzielle Bedenken spielen in der rot-rot-grünen Koalition angesichts milliardenschwerer Haushaltsüberschüsse kaum noch eine Rolle. „Wir haben genug Geld“, hört man auch von ehemals strengen Haushältern. Ein Ergebnis der neuen Leichtigkeit ist das Sozialpaket für untere und mittlere Einkommen, das die SPD am Sonnabend auf ihrem Parteitag beschloss. Außerdem wird, wie berichtet, ein Nachtragshaushalt vorbereitet, mit dem die öffentlichen Ausgaben 2018 und 2019 um insgesamt 845 Millionen Euro erhöht werden.

Dem Vernehmen nach sehen die Koalitionspartner sogar Spielraum, um weitere 200 Millionen Euro draufzusatteln. Die finanziellen Mittel für das kostenlose Schülerticket wären demnach vorhanden. Die SPD will, so hört man aus Parteikreisen, auch noch zusätzliches Geld für die Sanierung von Spielplätzen und den Einstieg in ein gebührenfreies Schulessen einplanen. Linke und Grüne werden Anfang der neuen Woche voraussichtlich eigene Ideen beisteuern, wie man die Bürger für Rot-Rot-Grün begeistern kann.

Bisher waren im Nachtragshaushalt hauptsächlich investive Mittel, aber keine zusätzlichen Sozialausgaben eingeplant, die den Landeshaushalt dauerhaft belasten. Nun wird der Wunschkatalog von Rot-Rot-Grün entsprechend erweitert. Die Koalition sieht darin kein Problem. Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) hat gegen die Spendierlaune der Genossen zwar intern Einwände erhoben, seinen Widerstand aber offenbar aufgegeben.

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