zum Hauptinhalt
Es gibt auch in Tegel kaum noch Flugverkehr wegen der Pandemie.
© imago/Frank Sorge
Update

Einnahmen des Flughafens brechen weg: SPD-Politiker fordert sofortige Schließung von Tegel

Wenige Flüge, kaum Einnahmen und Kurzarbeit für 2200 Mitarbeiter wegen der Corona-Krise: Grund genug für eine Schließung, findet Daniel Buchholz.

Vielleicht wird Tegel wegen der Corona-Krise sogar vorzeitig geschlossen. Bislang soll der City-Airport ab 8. November 2020 stillgelegt werden, wenn der BER-Airport tatsächlich am 31. Oktober 2020 startet, woran die Verantwortlichen festhalten. Doch Tegel gleicht schon jetzt einem Geisterflughafen.

Es war Rainer Bretschneider, Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB), der jetzt in einer Telefonschaltkonferenz mit dem BER-Sonderausschuss des Brandenburger Landtages wegen der dramatischen Einbrüche im Flugverkehr eine Schließung eines der beiden Berliner Flughafen nicht ausgeschlossen hat. Der Mann, nicht für unbedachte Äußerungen bekannt, sprach das von sich aus an. „Das wird in den nächsten Tagen und Wochen zu entscheiden sein“, sagte er. Man sei dazu in Absprachen mit den Luftfahrtbehörden, die allein über eine Schließung entscheiden könnten.

[Jetzt mal konkret: "Tegel sofort schließen, fliegt eh keiner, Kräfte in Schönefeld bündeln - und so Geld für Berlin sparen." Lesen Sie hier im Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel, wie sich ein führender SPD-Verkehrspolitiker das Szenario genau vorstellt]

Denn für Tegel und Schönefeld besteht eine Betriebspflicht. „Die FBB wird dazu mit ihren Gesellschaftern im engen Austausch stehen“, erklärte die für den Flughafen zuständige Berliner Senatsfinanzverwaltung auf Anfrage. „Aktuell ist keine Schließung geplant.“ Eine Einschätzung, wann eine Schließung unabwendbar sein könnte, lasse sich „zum jetzigen Zeitpunkt“ nicht geben.

Laut Bretschneider werden aktuell in Tegel und Schönefeld nur noch zehn Prozent des vorher üblichen Verkehrs abgewickelt, vorige Woche waren es noch 25 Prozent. Lufthansa, Easyjet und Ryanair haben den Flugverkehr im Wesentlichen eingestellt. Einzelne Flüge, die noch ankommen oder abgehen, sollen in Tegel im Neben-Terminal C abgefertigt werden. Da Schönefeld-Alt ohnehin bis 2030 parallel zum BER in Betrieb bleiben soll, liefe es bei der Stilllegung eines Berliner Airports auf Tegel hinaus.

"Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt"

Es gibt Stimmen aus der Politik, damit nicht mehr zu warten. So forderte Daniel Buchholz, SPD-Verkehrsexperte im Abgeordnetenhaus im Gespräch mit dem Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel: „Der Flughafen Tegel sollte umgehend geschlossen werden. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt.“ Buchholz beschrieb seine Idee noch viel detaillierter: "Die verbliebenen Flüge in Tegel können problemlos nach Schönefeld-Alt verlagert werden. Die Flughafengesellschaft kann ihre Kräfte bündeln für den Betrieb in Schönefeld, erhebliche Kosten sparen und den Bau des BER konzentriert voran bringen." Unter diesem Link finden Sie die ganze Aussage und die Folgen für die TXL-Anwohner von Spandau über Reinickendorf bis Pankow im Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel.

[Immer konkret und schon über 200.000 Abos: In unseren Tagesspiegel-Bezirksnewslettern berichten wir auch über die Corona-Krise und die Auswirkungen auf Ihren Bezirk. Kostenlos und kompakt: leute.tagesspiegel.de]

Die Flughafengesellschaft, die schon wegen des BER tiefrote Zahlen schreibt, gerät wegen der Corona-Einbrüche in Liquiditätsnöte. Am Dienstag beantragte das Unternehmen beim Arbeitsamt Kurzarbeitergeld für die rund 2200 Beschäftigten. Das gesetzliche Kurzarbeitergeld von 60 Prozent des Nettogehaltes soll von der FBB auf 80 Prozent, bei Alleinerziehenden auf 90 Prozent aufgestockt werden.

[Jetzt mal auf den Punkt: Um welche Uhrzeit landet der erste Flieger am BER? Und von welcher Linie? Der TXL/BER-Chef im Interview mit dem "Tagesspiegel Checkpoint" - hier das Interview]

Bretschneider bezifferte die Ausfälle wegen der Corona-Pandemie auf „mehr als einhundert Millionen Euro“, auf einen „kleinen dreistelligen Millionenbetrag oder mehr“. Lütke Daldrup hat bereits um Unterstützung der Eigner gebeten, die dazu bereit sind. Die FBB sei betroffen wie alle Fluggesellschaften in Deutschland und weltweit, erklärte die Finanzverwaltung: „Das Land Berlin stellt ebenso wie die beiden anderen Gesellschafter die Liquidität sicher.“ Es handle sich um eine „kritische Infrastruktur“.

Der Flughafengesellschaft fehlen fast 800 Millionen Euro

Allerdings sind die Corona-Nothilfen nur ein Bruchteil dessen, was die FBB von der öffentlichen Hand will. Es fehlen weitere 792 Millionen Euro, ohne die die FBB nach dem BER-Start bis 2025 nicht über die Runden käme. Die Summe soll, befanden Geschäftsführung und Aufsichtsrat vergangene Woche, je zur Hälfte über Darlehen der Gesellschafter und durch unverbürgte Kredite auf dem Kapitalmarkt aufgebracht werden. Berlin und Brandenburg müssten dann neben den Corona-Hilfen jeweils 146 Millionen Euro beitragen.

Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) reagierte darauf zurückhaltend: „Wir als Gesellschafter haben noch einige Fragen. Antworten stehen noch aus.“

Zur Startseite