Vom Kongress- zum Shopping-Zentrum?: SPD lehnt Pläne für ICC ab
Um das ICC zu retten, ohne viel Steuergeld auszugeben, war darin ein Einkaufscenter geplant. Doch die zuständigen SPD-Arbeitskreise lehnen das nun ab.
Die beiden für die Zukunft des ICC wichtigsten Arbeitskreise der SPD-Fraktion lehnen eine Umwandlung des Internationalen Congress-Centrums in ein Einkaufszentrum ab. Einen entsprechenden Beschluss haben die SPD-Parlamentarier auf einer gemeinsamen Sitzung ihrer beiden Arbeitskreise für Wirtschaft sowie für Stadtentwicklung getroffen. Dies bestätigen SPD-Wirtschaftsexperte Frank Jahnke sowie der Stadtentwicklungsexperte Daniel Buchholz auf Anfrage.
„Das ICC ist für Berlin in den vergangen 35 Jahren ein enorm wichtiger Wirtschaftsfaktor geworden“, sagte Jahnke. Durch das ICC habe sich Berlin von einem Messestandort unter vielen zu einem der drei wichtigsten weltweit entwickelt. Weil die Messe wachsen wolle und neue Flächen benötige, sei es nur folgerichtig, wenn sie das ICC nach der Sanierung vorrangig als Kongressstandort nutze. Buchholz zufolge „würde man mit dem ICC auch große Kongresse nach Berlin bekommen, die man bisher nicht hat“. Das zahle sich „aus gesamtstädtischer Betrachtung“ aus, auch wenn das ICC „für die Messe aus rein betriebswirtschaftlicher Betrachtung defizitär ist“.
"Verschleuderung von Landesvermögen" soll verhindert werden
Der Beschluss der beiden einflussreichen SPD-Arbeitskreise sieht vor, dass die Kongressnutzung im Mittelpunkt steht, schließt zusätzliche Nutzungen aber nicht aus. „Eine Verschleuderung von Landesvermögen“ müsse jedoch verhindert werden, sagte Jahnke. Die bisher favorisierte Privatisierungsvariante sieht vor, dass ein privater Entwicklers das Gebäude bekommt und dazu noch 200 Millionen Euro Steuergelder vom Land.
Hinzu komme, dass ein zusätzlicher großflächiger Einzelhandel im ICC am Messedamm die bestehenden Läden und Geschäfte in der Wilmersdorfer Straße in wirtschaftliche Not bringen könnte. „Erhebliche Auswirkungen hätte ein ICC-Shoppingcenter auch auf die Reichsstraße und die Kantstraße und das wollen wir nicht riskieren“, so Buchholz.
Unklar ist, wie die Sanierung und der künftige Betrieb zu finanzieren sind, räumten beide SPD-Parlamentarier ein. Hierfür komme der Kongressbetrieb infrage. Es sei allerdings absehbar, dass auf diese Weise nur schwer die von Gutachtern ermittelten Gesamtkosten in Höhe von 300 bis 400 Millionen Euro zu finanzieren seien. Dass die landeseigene Messegesellschaft hier kaum Entgegenkommen gezeigt habe, habe für „Unmut in beiden Arbeitskreisen gesorgt“, so Jahnke.
Multifunktionshalle "City-Cube" wird am Montag eröffnet
Bei der Messe Berlin hieß es auf Anfrage, das Land bestimme als Eigentümer über „alle Geschicke des Gebäudes“. Und „sollten irgendwann Kongressflächen im ICC Berlin wieder zur Verfügung stehen und die Messe Bedarf an Kongressflächen haben, können diese möglicherweise dann auch von der Messe angemietet werden“. Die Messe eröffnet am Montag ihre neue Multifunktionshalle „City-Cube“, wo auch Kongresse stattfinden sollen. Als Ersatz für das ICC galt das City-Cube aber bisher nicht.
Der Senat hatte in einem Beschluss erklärt, 200 Millionen Euro für eine Sanierung des ICC bereitstellen zu wollen. Die Senatsverwaltung für Finanzen sagte auf Anfrage: „Die senatsinterne Meinungsbildung zur Zukunft des ICC läuft.“ Dem Ergebnis wolle man nicht vorgreifen. Im Hause von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD), der beiden SPD-Arbeitskreisen Rede und Antwort stand, hieß es knapp: „Die Beschlüsse von SPDArbeitskreisen kommentieren wir nicht.“
Nach dem senatseigenen Berliner „Zentrenkonzept“ für den Einzelhandel verträgt das Messeumfeld kein weiteres großes Kaufhaus mehr. Mit dieser Begründung war Plänen von Möbel-Multi Kurt Krieger für den Bau eines Einkaufszentrums auf einer benachbarten Bahnfläche eine Absage erteilt worden.
CDU-Mann Evers findet SPD-Vorstoß "unvernünftig"
„Es wäre schön gewesen, wenn die SPD sich schon vor zehn Jahren zum Erhalt des ICC bekannt hätte“, sagte der Stadtentwicklungsexperte der CDU, Stefan Evers. Die CDU habe sich damals schon für den Erhalt des ICC stark gemacht und die notwendigen Investitionen eingefordert. Dass sich die SPD-Arbeitskreise nun aber schon festlegten, bevor überhaupt eine Diskussion über eine verträgliche Nutzungsmischung geführt wurde, nannte er „unvernünftig“. Allen müsse nach den Versäumnissen der Vorgängerregierung klar sein: „Das Wünschbare muss auch finanzierbar sein“.
Die Senatsverwaltung für Wirtschaft hat nach eigenen Angaben „Ende März eine Vorlage zu möglichen wirtschaftlich tragfähigen Nutzungskonzepten in die senatsinterne Abstimmung gegeben“, die auch eine „Mischnutzung“ des ICC unter Beteiligung der Messe vorsehe. Dabei sei „klar und auch politischer Wille, dass weder ein Abriss des ICC noch eine dauerhafte Stilllegung Teil der Beschlusslage ist“. Dem Vernehmen nach soll die Wirtschaftsverwaltung auch ein Gutachten zur Verträglichkeit eines Shoppingcenters im ICC in Auftrag gegeben haben.