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Sonnige Aussichten. Berlins Lehrer können angesparte Arbeitszeit in Geld umwandeln – und bekommen wesentlich mehr als bislang erwartet.
© imago stock&people

Auszahlung der Arbeitszeitkonten: Später Ausgleich für Mehrarbeit

Die Rückzahlung der Arbeitszeitkonten erweist sich als kompliziert. Nach einem Gerichtsurteil sollen bis zu 12 000 Euro fließen. Bereits über 2000 Pensionäre warten auf ihr Geld.

Berlins Lehrer können ab Januar mit Rückzahlungen von bis zu 12 000 Euro für jahrelange Mehrarbeit rechnen, sobald sie in den Ruhestand gehen. Nach Informationen des Tagesspiegels wird der Bildungsausschuss des Abgeordnetenhauses an diesem Donnerstag einem entsprechenden Gesetz zustimmen. Betroffen ist ein Großteil der rund 28000 Pädagogen, die seit 2003 ihre Mehrarbeit auf Arbeitszeitkonten anhäufen mussten.

Pro Tag wird es rund 230 Euro geben

Bisher war umstritten, mit welchem Betrag jeder einzelne zu viel geleistete Unterrichtstag vergolten werden sollte. Jetzt steht fest: Die Lehrer werden wesentlich mehr Geld bekommen, als zunächst geplant war, und zwar rund 230 Euro pro Tag statt rund 160 Euro. Da je nach Beschäftigungsdauer fünf bis 55 Tage pro Lehrer zusammengekommen sind, ergeben sich je nach Besoldungsstufe Beträge von 1000 bis 12 000 Euro. „Wir begrüßen, dass es endlich zu einer Regelung kommt“, sagte am Mittwoch Udo Mertens vom Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Allerdings bedauert er, dass das Geld erst im Januar fließen soll, da weit über 2000 Lehrer schon länger in Pension sind und seither auf das Geld warten.

Das Abbummeln der Mehrarbeit ginge aufkosten der Schüler

Prinzipiell möchte der Finanzsenator, dass die Lehrer sich das Geld nicht ausbezahlen lassen, sondern entsprechend früher in den Ruhestand gehen. Dies allerdings scheitert oftmals daran, dass die Pädagogen an ihren Schulen nicht abkömmlich sind: Sie müssten ihre Schulklassen bereits im April oder Mai abgeben, um die vielen Tage abzubummeln. Das würde bedeuten, dass sie ihre Schüler mitten im Schulbetrieb oder gar während der Abiturphase verlassen müssten und würde die Schulen vor große Probleme stellen, zumal es nicht genug Vertretungslehrer gibt. Wie berichtet hat Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) gerade begonnen, bundesweit 1700 Lehrer zu suchen, weil so viele Pädagogen in Pension gehen und in Berlin Nachwuchs fehlt.

Alles fing an mit dem Solidarpakt

Die Arbeitszeitkonten gehen zurück auf den Solidarpakt, den der rot-rote Senat im Jahr 2003 unter dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und dem damaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin (beide SPD) mit den Gewerkschaften geschlossen hatte. Damals wurde entschieden, dass der öffentliche Dienst Mehrarbeit zu leisten hatte, um das Defizit des Berliner Haushalts einzudämmen. Später wurde diese Mehrarbeit für alle Berufsgruppen zurückgenommen – nur nicht für die Lehrer. Ihnen wurde stattdessen lediglich angeboten, Arbeitszeitkonten anzulegen: Pro Jahr wurden die zu viel geleisteten Stunden zu fünf Tagen addiert, die dann auf den Konten gutgeschrieben wurden. Da diese Regelung insgesamt elf Jahre galt, konnten maximal 55 Tage zusammenkommen.

11,4 Millionen Euro allein bis 2020

Ursprünglich hatte der Senat vor, die Auszahlung dieser Tage durch eine Verordnung zu regeln. Dies lehnte das Oberverwaltungsgericht im April 2013 ab, weshalb stattdessen das „Dienstrechtsgesetz“ geändert werden muss. Die Abstimmung darüber dauerte dann nochmals 18 Monate, bevor es jetzt vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden kann. Die Mehrausgaben für 2014/15 betragen etwa 1,44 Millionen Euro. Für die Jahre 2016 bis 2020 wird dem Vernehmen nach mit weiteren Kosten von jährlich zwei Millionen Euro gerechnet. Ab dann liegen noch keine Zahlen vor.

Das Ende der Arbeitszeitkonten wurden 2013 beschlossen

Weiter aufgefüllt werden die Arbeitszeitkonten übrigens nicht mehr: Die rot-schwarze Koalition hatte 2013 beschlossen, dass sie auslaufen sollen. Die GEW kritisiert, dass die Mehrarbeit bis heute nicht zurückgenommen wurde. Anstelle des „Guthabens“ auf den Arbeitszeitkonten wurde eine Altersermäßigung eingeführt.
Den jungen Lehrern kam der Senat nicht entgegen. Die GEW sieht in der Auflösung der Konten daher eine Zementierung der Arbeitszeiterhöhung, zumal zwei zusätzliche Präsenztage am Ende der Sommerferien hinzugekommen sind.

Susanne Vieth-Entus

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