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Capri ohne Sonne. Neben dem Hotel an der Gertraudenstraße in Mitte beginnt die Breite Straße. Noch sind hier große Brachflächen unbebaut.
© Thilo Rückeis

Bodenpreise auf Rekordhöhe, Vorgaben zu hoch: Soziales Bauen im Berliner Zentrum lohnt sich kaum noch

Sozialer Wohnungsbau ist teuer. Für ein neues Quartier in Mitte reizt die städtische Wohnungsgesellschaft WBM deshalb die rechtlichen Grenzen aus.

Sogar für die subventionierten landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ist es nicht mehr möglich, im Zentrum preiswerte Mietwohnungen zu bauen, ohne dadurch ihre Bilanzen mit dauerhaft defizitären Objekten zu belasten.

Jüngstes Beispiel dafür und stellvertretend für andere Orte mit ähnlichen Vorhaben wie den Checkpoint Charlie ist ein Wohn- und Geschäftsquartier an der Breiten Straße in Mitte. Dort, nur wenige hundert Meter vom Schloss entfernt, muss dass Land das Baurecht bis an seine Grenze biegen, damit seine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Mitte nicht Schaden nimmt – kommt es zu einer „Lex WBM“?

Mitten im historischen Zentrum Berlins liegen die „Flurstücke 464 bis 466“ der Breiten Straße. Das ist einer der ältesten Boulevards Berlin. Er verbindet den Schlossplatz mit dem Petriplatz, wo Bund und Berlin das interkonfessionelle „House of One“ sowie ein Archäologisches Zentrum bauen werden.

Noch rasen Autos am Petriplatz vorbei und in die Breite Straße verirren sich nur wenige Fußgänger. Das war mal anders und soll wieder anders werden: Hier lud Verleger Friedrich Nicolai zu Salons ein, stritten Moses Mendelsohn und Ephraim Lessing über die Aufklärung – und wenn hier in die geplanten Neubauten wieder viele Menschen einziehen, wird jedenfalls städtisches Leben zurückkehren.

WBM muss günstige Wohnungen durch Einnahmen aus Gewerbeflächen querfinanzieren

Dazu hat die WBM eine Häuserzeile mit Höfen und Seitenflügeln geplant, die tief in den historischen Block hineinreichen. Doch weil das Land seine eigene Firma zur Kasse bat und ohnehin durch Regulierungen belastet, das Bauland dazu noch teuer ist, steckt das Projekt in der Krise. Und die steht beispielhaft für die Probleme, in Berlin überhaupt noch Wohnungen zu „leistbaren Mieten“ zu schaffen.

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Auf Anfrage bestätigte WBM-Sprecher Christoph Lang: „An der Breiten Straße wären 65 Wohnungen möglich, aber dann bliebe nach geltendem Bebauungsplan zu wenig Gewerbefläche übrig, um das Gesamtprojekt in die schwarzen Zahlen zu bringen“. Der Grund: Wie alle landeseigenen Firmen verpflichtete sich auch die WBM, die Hälfte aller neu gebauten Wohnungen zu Sozialmieten von 6,50 Euro zu vergeben und die andere Hälfte für weniger als zehn Euro.

Doch zu diesen Konditionen fließen Einnahmen, die nicht ausreichen, um die Baukosten zu decken. Die WBM würde Minus machen. Um das zu verhindern, muss die Firma die „günstigen Wohnungen durch Einnahmen aus Gewerbeflächen querfinanzieren“ – also durch Gewinne beim Gewerbe den Verlust beim Wohnen ausgleichen.

Vor allem aber braucht die WBM außerdem noch rund 1000 Quadratmeter mehr Fläche als eigentlich zulässig in dieser Lage – oder muss alternativ auf einen Teil der Wohnungen verzichten. „Dieses Alternativszenario (weniger Wohnungen) streben wir ausdrücklich nicht an“, erklärte WBM-Sprecher Christoph Lang auf Anfrage. Stattdessen spreche die Firma „mit den zuständigen Behörden“ über eine „leichte Erhöhung der Gesamtflächen“.

Wohnungsbau im Zentrum ist ein Zuschussgeschäft

Genau genommen, sind die Beteiligten längst über das Reden hinaus: Die „Breite Straße Flurstücke 464“ steht in der Liste der „Bauanträge Oktober 2019“, die der Bezirk veröffentlich hat – demnach ist die förmliche Abstimmung einer „Lex WBM“ längst auf den Weg gebracht. Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe teilte auf Anfrage mit: „Das ist mehr ein Testentwurf, so wird es sicherlich nicht umgesetzt“.

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bestätigte: „Die steigenden Bodenpreise, das knappe Angebot an verfügbarem Bauland sowie die wachsenden Baukosten machen die Realisierung und Wirtschaftlichkeit von Neubauvorhaben für landeseigene aber auch für private Bauträger Zusehens kompliziert.“ An der Breiten Straße gebe es „Zusatzbelastungen“ wegen der archäologischen Grabungen. Vor allem aber sollen die „Entwicklungsbeiträge“, die die WBM an das Land zahlen muss, die Firma überfordern.

Zwar beschwichtigt der Senat, die Breite Straße sei ein Sonderfall, weil dort „kleinteilig“ Häuser und keine Renditeblöcke entstehen sollen. Doch das bezweifeln Bauexperten: Grabungen seien an allen historischen Orten in Mitte üblich, und die Bodenpreise überall auf Rekordhöhe. Das Beispiel zeige vielmehr: Wohnungsbau im Zentrum sei ein Zuschussgeschäft, weil der Senat zu hohe Abgaben (für die Erschließung) fordere und zu viele Vorgaben (im Wohnungsbau) mache.

Es sei denn, neben bezahlbaren Wohnungen entstehen Eigentumsobjekte und teuer vermietbare Räume für Hotels, Büros oder Gastronomie – Renditeimmobilien, die landeseigene Wohnungsunternehmen wie die WMB aber nicht bauen sollen.

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