Predictive Policing: Software soll Einbrüche in Brandenburg vorhersagen
Gegen Einbrüche könnte eine Prognosesoftware helfen, die Wahrscheinlichkeit von Verbrechen vorhersagt. In Brandenburg wird „Precobs“ jetzt geprüft. Die Berliner Polizei beteiligt sich derweil an keinem Test - sie wartet die Erfahrungen anderer Großstädte ab.
Im Spielberg-Film „Minority Report“ waren es Hellseher, die Verbrechen vorhersagen, bei der Brandenburger Polizei könnte es bald ein Computer sein. Der Einsatz wird seit 2014 geprüft. Das bestätigte ein Sprecher des Innenministeriums in Potsdam. Die Experten versprechen sich davon entscheidende Vorteile im Kampf gegen die seit Jahren gestiegene Zahl von Einbrüchen und Diebstählen.
Konkret geht es um „Predictive Policing“, also voraussagende Polizeiarbeit. Am weitesten verbreitet ist inzwischen in Deutschland das Programm „Precobs“, es steht für „Pre Crime Observation System“. Das von einer Softwarefirma aus Oberhausen entwickelte Verfahren analysiert auf der Grundlage von Daten über Ort, Zeitpunkt und andere Merkmale einzelne Wohnungseinbrüche und berechnet das Verhaltensmuster der Täter sowie die Wahrscheinlichkeit für künftige ähnliche Fälle.
Kooperation mit Berlin wird geprüft
Das Polizeipräsidium in Potsdam sei mit einer ergebnisoffenen Analyse und Machbarkeitsprüfung zum Einsatz des Systems beauftragt worden. Auch Erfahrungen in anderen Staaten und Bundesländern sollen einfließen. Zudem werde eine Kooperation zwischen den Ländern Brandenburg und Berlin geprüft, sagte der Ministeriumssprecher.
Tatsächlich setzt auch die Berliner Polizei verstärkt auf computergestützte Vorhersagen für Straftaten. Ein Test sei in Berlin bisher nicht geplant, da die Erfahrungen in anderen Großstädten genutzt werden sollen. Allerdings könne die Berliner Polizei bereits jetzt mit ihrem Informationssystem, einer zusätzlichen Software und geografischen Daten tagesaktuelle Analysen liefern, heißt es aus der Innenverwaltung des Berliner Senats.
System sagt voraus, in welchem Radius ein nächster Einbruch passiert
In der Schweiz und in Bayern ist die Polizei schon weiter. In Zürich gingen durch den Einsatz des Programms seit Juli 2014 die Einbruchsfälle um 14 Prozent zurück, in den besonders mit „Precobs“ überwachten Gebieten sogar um 30 Prozent. Dort sagt das System nach einem Einbruchsdiebstahl mit einer Wahrscheinlichkeit von 85 Prozent voraus, in welchem Radius in den nächsten zwei bis sieben Tagen wieder ein Einbruch passiert. Bayern ist das erste Bundesland in Deutschland, das „Precobs“ einsetzt. Es wird dort seit Sommer 2014 getestet – und die Polizei meldete schon erste Fahndungserfolge. Daten zu Tatort, Tatzeit, Beute und Begehungsweise von mehreren Tausend Einbrüchen in den vergangenen sieben Jahren wurden in „Precobs“ eingespeist.
Entwickelt wurde das System im nordrhein-westfälischen Oberhausen von dem Sozialwissenschaftler Thomas Schweer. Bei der Entwicklung machte er sich das Verhalten von Kriminellen zunutze. Professionelle Einbrecher und Banden gehen nach einem Muster vor. Wenn sie in einer Wohngegend Erfolg haben – schnell einbrechen können, schnell wieder mit lohnender Beute weg sind und leicht flüchten können – kehren sie wieder an den Tatort zurück. Das System „Precobs“ kann auch nur diese Einbrüche vorhersagen. Bei Gelegenheitstätern oder bei typischer Beschaffungskriminalität von Drogensüchtigen hilft das System nicht.
Datenschutzbeauftragte rät zur Vorsicht
Bei der Datenschutzbeauftragten in Brandenburg herrscht wenig Begeisterung über das neue System. Auch die Datenschutzbeauftragten der anderen Länder reagierten zurückhaltend, haben allerdings vorerst nichts zu beanstanden, weil keine Personendaten in das System eingespeist werden. „Solch ein System muss wissenschaftlich begleitet und der Erfolg hinterfragt werden“, sagte Svea Bernhöft, Sprecherin der brandenburgischen Datenschutzbeauftragten. Auch wegen der rasanten Entwicklung der Informationstechnik und der wachsenden technischen Möglichkeiten sei Vorsicht geboten, auch um Missbrauch vorzubeugen.