Weniger Parkplätze und keine Pop-Up-Radwege: So stellt sich die FDP die Zukunft der Kantstraße vor
Die Charlottenburger Kantstraße ist eine der Hauptverkehrsachsen der City West. Die FDP will sie umgestalten und ihre Initiative im Abgeordnetenhaus vorlegen.
Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet die FDP einmal Straßenbaupläne entwickeln würde, denen – zumindest oberirdisch – viele Parkplätze weichen müssten? Für eine Neugestaltung der Kantstraße stellte der Charlottenburg-Wilmersdorfer Fraktionsvorsitzende Felix Recke am Donnerstag ein Konzept vor, mit dem „jedem etwas genommen wird, aber alle auch profitieren“. Zu den Vorschlägen gehören Busspuren, Radwege und Lieferzonen am Fahrbahnrand.
Um den nötigen Platz zu schaffen, müsse der Mittelstreifen der Kantstraße weichen, sagte Recke. Der nur mit Rasen und ein paar kleineren Bäumen bepflanzte Streifen sei keine ökologisch wichtige „grüne Lunge“ und daher verzichtbar. Ersatzbäume könnten andernorts gepflanzt werden.
Autos sollten in manchen Abschnitten künftig längs statt quer parken, auch wenn sich die Zahl der Stellplätze dadurch verringere. Die geplanten festen Zonen für Lieferwagen würden an der Stelle weiterer bisheriger Parkplätze entstehen.
Einen Ausgleich für Autofahrer schlägt die FDP nur am Amtsgerichtsplatz vor: Dort sei der Bau einer Tiefgarage möglich. Durch die angeregte Busspur bliebe für den Autoverkehr nur eine Spur pro Richtung übrig. Fraktionschef Recke glaubt aber nicht, dass dies den Verkehr in nennenswerten Maß behindern würde. An der Gehwegbreite soll sich nichts ändern. Gastwirte könnten also weiterhin Stühle und Tische hinausstellen, betonte Recke, auch die Barrierefreiheit bleibe gewahrt.
Die im Frühjahr anlässlich der Coronakrise angelegten Pop-up-Radstreifen auf der Fahrbahn hätten die Verkehrssituation „verschärft“, kritisiert die FDP. Radfahrern werde Sicherheit „nur suggeriert“. Busse, Autos und Einsatzfahrzeuge stünden regelmäßig im Stau. Lieferwagen fänden keine Haltemöglichkeit. Die Senatsverkehrsverwaltung habe Betroffene wie die BVG und die Feuerwehr nicht beteiligt.
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Statt nur den Radverkehr zu fördern, müsse „Raum für alle“ geschaffen werden – unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits um die temporären Radwege. Diese hat das Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren, das auf zwei AfD-Abgeordnete zurückgeht, für unzulässig erklärt. Die Senatsverwaltung legte eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein.
Die klassische Anordnung neuer Radwege im FDP-Konzept – zwischen den Busspuren und den Gehwegen – werde wohl zum Vorwurf einer „Sechziger-Jahre-Planung“ führen, glaubt Recke. Trotzdem handele es sich um die beste Lösung für die Kantstraße. Denkbar sei es, die Radwege mit Pollern abzusichern, was auf den bisherigen Modellbildern noch nicht zu sehen ist.
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In der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf ist die FDP bereits mit einem Antrag gescheitert. Sie will das Thema dort aber noch einmal ins Gespräch bringen und zusätzlich eine Initiative im Berliner Abgeordnetenhaus starten.
Bereits für diesen Sonnabend (26. September) lädt sie alle interessierten Bürger zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung ein, die von 12 bis 13.30 Uhr vor der Trinitatis-Kirche auf dem Karl-August-Platz stattfindet. Mit dabei sind Felix Recke, der FDP-Abgeordnete Henner Schmidt sowie Leszek Nadolski (Berliner Taxi-Innung), Brigitta Köttel (Firma „Matratzen Harry“), Lutz Kaufmann (Bürgerinitiative Karl-August-Platz) und Kerstin Leutloff (Netzwerk Fahrradfreundliches Charlottenburg-Wilmersdorf).