Flughafenbaustelle in Berlin: So steht es um den BER
Im Dezember wird verkündet, wann der BER eröffnet. Gescheitert ist indes der Versuch, einen neuen Bauchef nach Berlin zu locken.
Am Flughafen BER, an dem nunmehr seit elf Jahren gebaut, saniert und manches auch wieder abgerissen wird, ist in diesen Tagen fast alles wie immer. Wenn am heutigen Freitag in Tegel der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB) tagt, wird Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup immer noch keinen BER-Eröffnungstermin nennen können. Das ist nun für die nächste Sitzung Mitte Dezember vorgesehen, falls es nicht erneut verschoben werden muss. Wie so oft in den letzten Jahren wird dafür hinter den Kulissen des Staatsunternehmens mit drei öffentlichen Eignern gestritten, gepokert und gerungen. Und zwar um die tückenreiche Baustelle, eine neue Finanzierungslücke und erneut um einen Managerposten.
Kein vierter Geschäftsführer
Sechs Monate nach seinem Amtsantritt ist Lütke Daldrup nun am gleichen Punkt wie sein Vorgänger Karsten Mühlenfeld angelangt – nämlich bei Technikchef Jörg Marks. Mühlenfeld war über den Versuch gestolpert, Marks zu entlassen, der die Baustelle nicht den Griff bekommen hatte. Für Mühlenfeld kam Lütke Daldrup, Marks wurde zurückgeholt. Und nun wollte auch Lütke Daldrup – der Marks bereits die Zuständigkeit für das Fluggastterminal entzogen hat – selbst einen neuen, erfahrenen Bauchef für die Fertigstellung des BER und das geplante Erweiterungsprogramm holen. Und zwar Carsten Wilmsen, 49 Jahre, bisher Immobilienchef am Münchener Flughafen, wo er sich mit dem 2016 eröffneten, knapp eine Milliarde teuren Satelliten einen Namen gemacht hat.
So einer wird eigentlich gebraucht, darüber war man sich einig. Doch daraus wird nun nichts. Aufsichtsratschef Rainer Brettschneider nahm die Vorlage von der Tagesordnung. Der Grund: Gegen den Versuch, Wilmsen (Jahresgehalt rund 400 000 Euro) gleich zum FBB-Geschäftsführer zu machen, hat Brandenburg nach Tagesspiegel-Informationen ein kategorisches Veto eingelegt. Auch der Bund wollte nicht mitmachen. Für eine Erweiterung der Geschäftsführung hätten die Eigentümer des BER einvernehmlich ihr Zustimmung geben müssen. Der Einwand aus Potsdam lautete, dass sich die tiefrote Zahlen schreibende FBB keine vier – jetzt sind es mit Lütke Daldrup, Finanzchefin Heike Fölster und Personalchef Manfred Bobke von Carmen schon drei – teuren Geschäftsführer leisten könne. Nun bleibt Wilmsen in München; ein Wechsel nach Berlin, etwa als Generalbevollmächtigter, ist für ihn nicht attraktiv genug.
Im Aufsichtsrat wird der gescheiterte Wechsel teilweise bedauert. Zumal manche in Wilmsen schon einen möglichen Nachfolge für Lütke Daldrup sahen. Aus persönlichen Gründen hatte Lütke Daldrup nur einen Dreijahresvertrag als FBB-Chefmanager ausgehandelt. Und der läuft bis 2020. Üblich sind Verträge über fünf Jahre.
Eröffnung Herbst 2019 oder 2020?
Lange ist es nicht her. Erst im Januar war der für den Herbst geplante BER-Start 2017 abgesagt worden. Lütke Daldrup war damals noch BER-Koordinator für den Berliner Regierenden und damaligen FBB-Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD). Kurz war damals von 2018 die Rede, was wegen der Rückstände und Rückschläge auf der Baustelle (Sprinkler, Türen) ebenfalls verworfen werden musste. Für die nun für Mitte Dezember vorgesehene Verkündung eines förmlichen Eröffnungstermins steckt Lütke Daldrup in einem Dilemma: Er muss abwägen, ob er den Herbst 2019 nennt. Das entspräche zwar der Zusage gegenüber der Europäischen Investionsbank (EIB), dass der BER bis 17. 9. 2019 in Betrieb sein wird. Das aber wird äußerst knapp, ist schon jetzt kaum noch zu halten. Es wäre wieder einmal ein Termin ohne Puffer und Reserven, verkündet noch vor den Tests, was Lütke Daldrup unbedingt vermeiden wollte. Wenn er bei seiner Linie bleibt, läuft es auf einen Start des BER im Frühjahr oder Herbst 2020 hinaus.
BER-Firmen am längeren Hebel
Die Bekanntgabe eines Eröffnungstermins hatte Lütke Daldrup davon abhängig gemacht, dass er vorher erst mit den großen Industriefirmen – Siemens, Bosch, T-Systems, Caverion und ROM – verbindliche Vereinbarungen für die noch zu leistenden Arbeiten abschließen will. Also auch über feste Termine, über Vergütungen, um eine größere Sicherheit zu haben. Zwar haben alle fünf Firmen seinen Bau-Terminplan akzeptiert, wonach die Bauarbeiten am BER nun bis 31. 8. 2018 abgeschlossen werden sollen. Doch mit den zweiten Teil, den kaufmännischen Vertragsabschlüssen, gibt es ein Problem. Lütke Daldrup ist sich zwar mit allen Firmen – außer Caverion – über Pauschalvergütungen einig geworden. Doch entgegen seinem Ziel haben die Firmen keine Sanktionen akzeptiert, etwa für den Fall, dass Termine nicht eingehalten werden. Das bleibt ein Risiko, ebenso die umfangreichen Funktionstests aller Systeme, die erst nach Bauende im Herbst 2018 beginnen. Wenn dort noch neue Probleme auftreten, wäre selbst ein BER-Start 2020 schon wieder Makulatur. Während es mit dem Umbau der Sprinkleranlage schleppend vorangeht, macht die Inbetriebnahme der rund 1500 Automatiktüren, die Tür für Tür mit ihren diversen elektronischen Systemen programmiert werden, deutliche Fortschritte. Anfang 2018, so meldete es Lütke Daldrup dem Projektausschuss des Aufsichtsrates, sollen alle funktionieren.
... die nächste Halbe Milliarde fehlt
Die Sanierung der BER-Baustelle seit der geplatzten Eröffnung 2012 ist inzwischen teurer, als der mit 2,5 Milliarden Euro kalkulierte neue Flughafen einmal kosten sollte. Geflossen bzw. bewilligt sind inzwischen 6,6 Milliarden Euro. Das zuletzt verabschiedete kreditfinanzierte 2,2-Milliarden-Finanzierungspaket – 1,1 Milliarden für die BER-Fertigstellung, 1,1 Milliarden für allererste Ausbauten wie das neue Billigterminal (T1E) neben dem Nordpier – war noch auf eine Eröffnung spätestens im Sommer 2018 kalkuliert. Die Verzögerungen und der neue „Masterplan“, mit dem Lütke Daldrup den zu kleinen BER auf die rasant gestiegenen Passagierzahlen erweitern will, sind nicht finanziert. Aktuell fehlen daher in den FBB-Kalkulationen rund 500 Millionen Euro. Die BER-Eigner Berlin, Brandenburg und Bund wollen nicht schon wieder neues Geld bewilligen. Berlin lehnt Privatisierungsmodelle ab, Brandenburg ist auch gegen zeitweilige Umwidmungen von Geldern, die für den Schallschutz reserviert sind. Alles ist wie immer am BER.