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Auch im Amtsgericht Tiergarten muss investiert werden: Unter anderem in eine elektronische Schließanlage.
© Britta Pedersen/dpa-Zentralbild

Justizsenator Dirk Behrendt: So sollen Berlins Gerichte sicherer werden

Die Justizverwaltung will neue Mindeststandards festlegen: In die Gerichtsgebäude werden 19 Millionen Euro investiert. Vieles ist nicht mehr zeitgemäß.

Von Ronja Ringelstein

Zu wenig Platz in den Gebäuden, zu wenig Personal für zu viele Strafverfahren und Ausbrüche aus den Justizvollzugsanstalten – diese Probleme der Berliner Justiz sind bekannt. Doch auch die Gerichtsgebäude sind in Sachen Sicherheit nicht auf dem neuesten Stand, Wachtmeister nicht ausreichend geschützt. Genau das möchte der Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) jetzt möglichst schnell ändern.

Aus seinem Hause kommt daher das neue „Sicherheitsrahmenkonzept“, mit dem Mindeststandards – zum Beispiel durchschusssichere Türen – für alle Gerichtsgebäude und das Gebäude der Senatsjustizverwaltung an der Salzburger Straße in Schöneberg, in dem Behrendt selbst sein Büro hat, festgeschrieben werden.

Für Umbau und Ausstattung der Gebäude veranschlagt das Konzept einen Gesamtbedarf von 19 Millionen Euro – das Geld hat der Hauptausschuss bereits aus dem landeseigenen Investitionsfonds Siwana freigegeben. „Wenn wir das Konzept ins Werk setzen, betreten wir eine neue Ebene an Sicherheit in den Berliner Gerichtsgebäuden“, sagt Behrendt.

Denn: Für die Berliner Justiz gab es bislang kein allgemein geltendes und umfassendes Sicherheitskonzept, wie in anderen Bundesländern. Stattdessen sichert jedes Gericht und Justizgebäude sich so, wie es das selbst für richtig hält. Mindeststandards gibt es nicht. Zwar finden überall beispielsweise Einlasskontrollen statt, doch wie diese ablaufen sollen, ist nicht einheitlich geregelt.

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Dabei werde, so heißt es in dem noch nicht öffentlichen Entwurf des Konzepts, der dem Tagesspiegel vorliegt, täglich bei Zugangskontrollen Waffen und gefährliche Gegenstände gefunden, „und das nicht nur an den Strafgerichten, sondern auch bei den Zivilgerichten und den Fachgerichten“.

Am Justizcampus Moabit würden beispielsweise jährlich etwa 7500 Waffen und gefährliche Gegenstände aufgefunden, an den Amtsgerichtsgerichten Wedding und Tempelhof-Kreuzberg jeweils immerhin auch mehr als 1500, und selbst am Sozialgericht Berlin sind es fast 900.

Behrendt bezeichnet das Konzept deshalb als einen großen Wurf. „Wir schützen mit der Vereinheitlichung der Sicherheitsstandards die Prozessbeteiligten und unsere Mitarbeitenden, die durch das Mitbringen von verbotenen Gegenständen in Gefahr sind.“ Denn in jedem Gericht herrschten andere Gefahrensituationen, sagt Behrendt. „Am gefährdetsten sind Familien- und Strafgerichte, das ist bundesweit so, weil dort Emotionen hochkochen können, da dort besonders konfliktreiche Situationen bestehen.“

An dem neuen Konzept wirkten in den vergangenen Monaten in sieben Arbeitsgruppen mehr als 40 Mitarbeiter aus allen Bereichen der Berliner Justiz mit. Auch externe Experten wurden beteiligt, wie das Landeskriminalamt und die Berliner Feuerwehr. Sie formulieren für jeden Bereich Neuerungen und Mindeststandards und stellen im Sinne eines Baukastens verschiedene technische Lösungen vor. Hier sei eine verkürzte Übersicht gegeben.

UMBAUBEDARF

An den Gerichten herrscht unterschiedlich hoher Bedarf an Umbaumaßnahmen. Das Kammergericht, Berlins Oberlandesgericht, mit Sitz am Kleistpark in Schöneberg, braucht knapp vier Millionen Euro. Der Sicherheitseingang muss umgebaut werden (Kosten: 370.000 Euro). Und: Das Gericht ist zu klein. Derzeit muss das Kammergericht seine sicherheitsrelevanten Verfahren alle im Gebäude des Landgerichts verhandeln, wo es ebenfalls eng wird.

Der Sicherheitssaal im Kammergericht ist veraltet, einen Haftraum für Angeklagte gibt es nicht (Kosten: 30.000). Große Staatsschutzverfahren zu Islamistischem Terror etwa können nicht in den beiden sehr kleinen Verhandlungssälen im Kammergericht abgehalten werden (Ausbau 45.000 Euro).

Ins Amtsgericht Tiergarten sollen rund 2,5 Millionen Euro investiert werden. Die Wachtmeister-Logen sollen umgebaut werden (946.000 Euro), die Zufahrt und andere Eingänge gesichert werden (800.000 Euro) und eine Elektronische Schließanlage eingeführt (470.000 Euro). Fluchttürsteuerungen (188.000 Euro) und Funkgeräte und Funkgerätezubehör (58.000 Euro) werden auch angeschafft.

Am Landgericht müssen zwei Sicherheitssäle in Modulbauweise errichtet werden, das kostet 3,5 Millionen Euro. Dazu kommt der sicherheitsertüchtigende Umbau des Eingangsbereiches an der Littenstraße in Mitte mit 300 000Euro.

BAULICHE MINDESTSTANDARDS

Das neue Konzept definiert Mindeststandards für alle Gebäude der Justiz und der Strafverfolgungsbehörden. Die Zugangstüren müssen beispielsweise durchschusssicher sein, in dem Konzept werden DIN- Normen benannt, an die sich das landeseigene Immobilienmanagement BIM, das für den Umbau zuständig ist, halten muss.

Ein anderes Beispiel sind Briefkastenanlagen. Die sollen in Zukunft freistehend angelegt werden, damit potentiell keine unsichere Gegenstände über den Briefkasten in das Gebäude gelangen können. Auch eine Alarmierungsvorrichtungen muss in allen Sitzungssälen angebracht werden.

ALARMSYSTEME UND NOTFALLPLÄNE

Trotz baulicher Sicherung und Eingangskontrollen sieht das Konzept auch Standards für den Notfall vor. Was passiert bei einem Amoklauf? Oder einem Brand? Die Gerichte sollen als Mindeststandard daher ihre Dienstgebäude mit einem entsprechenden Alarmsystem aufrüsten, das einen Alarmton mit einer Durchsagemöglichkeit kombiniert – das ist bisher noch nicht gegeben. Notfallpläne, die bereits alle Gerichte haben, müssen vereinheitlicht werden.

AUSSTATTUNG DER WACHTMEISTER

Die Justizwachtmeister sollen eine einheitliche Grundausstattung – etwa dieselben neuen Schutzwesten wie die Berliner Polizei bekommen. Bereits ab Dezember vergangenen Jahres, sagte Dirk Behrendt, wurde angefangen, diese zu verteilen. Auch regelmäßige Schulungen sollen vereinheitlicht werden.

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