Berliner Techno-Club ist zurück: So sieht die wieder geöffnete Griessmühle in Schöneweide aus
Der bekannte Club Griessmühle eröffnet an einem neuen Ort in Schöneweide. Vorerst wird draußen getanzt. Kein Problem, findet Betreiber David Ciura.
Es ist gerade mal 21 Uhr, aber David Ciura ist bereits komplett erledigt. Die Pre-Opening-Party zur Wiedereröffnung seines Clubs Griessmühle am Donnerstag dieser Woche geht gerade ihrem Ende entgegen – Freiluftveranstaltungen dürfen in Berlin nur bis 22 Uhr dauern – und immer noch steht er völlig unter Strom. Der Event ist für geladene Gäste, für Freunde des Clubs, ständig muss er mit irgendjemandem einen Corona-Ellbogen-Gruß austauschen, das Handy meldet sich ununterbrochen.
Und wahrscheinlich kommt da noch die ganze Anspannung der letzten Tage, Wochen, Monate hinzu. Sein Club, einer der bekanntesten und beliebtesten der Stadt, ist zurückgekehrt, wiedereröffnet an einem anderen Standort als vorher, und das in Corona-Zeiten, in denen die meisten Clubbetreiber um ihre Existenzen kämpfen. Das klingt durchaus nach einem nervenaufreibenden Abenteuer.
Für Ende Januar diesen Jahres wurde der Griessmühle der Mietvertrag an ihrer ursprünglichen Location an der Sonnenallee in Neukölln nicht verlängert. Das endgültige Aus wurde befürchtet, schließlich ist es bekanntlich nicht so einfach, in der enger gewordenen Stadt ein passendes Areal für einen Club mit einer gewissen Größe zu finden. Doch wenn man nun über das Gelände der neuen Griessmühle in der ehemaligen Bärenquell-Brauerei in Niederschöneweide streift, wird schnell klar: David Ciura hat den Jackpot gezogen.
Vielleicht wird man sich ein wenig daran gewöhnen müssen, dass man für Partys in der Griessmühle in Zukunft doch ein wenig weiter fahren muss als bisher, ein bisschen raus aus der Innenstadt. Doch dafür scheint das Gelände für einen Club mit den Ansprüchen der Griessmühle geradezu ideal.
Einmal wäre da dieser beeindruckende Industrie-Ruinen-Charme. 25 Jahre lang rottete die ehemalige Brauerei mit der Backstein-Fassade vor sich hin, wurde von Graffiti zugetaggt. Einen Club in diesem Ambiente zu eröffnen, passt perfekt zum Techno-Mythos Berlins. Bereits kurz nach der Wende zog man seine Party-Locations in leerstehenden und oftmals heruntergekommenen Gebäuden im Ostteil der Stadt hoch, an diese Tradition knüpft die Griessmühle nun an.
Auf dem Gelände sind auch Start-Ups und eine Privat-Uni geplant
Und das Areal ist riesig, insgesamt vier Hektar groß. Der israelische Investor Ofer Hava, der dieses mit seiner Firma HCM 365 in den nächsten Jahren weiter aufwerten möchte, hat hier zwar noch weit mehr vor, als nur einem Techno-Club ein neues Zuhause zu geben. Start-ups sollen sich ansiedeln, eine Privat-Uni. 250 Millionen Euro will er dafür nach eigenen Angaben insgesamt in die Hand nehmen. Doch den Griessmühlen-Machern hat er eine riesige Spielwiese überlassen. Sie betreiben dort schon den „Baergarten“, einen Biergarten, in dem Pizza serviert wird. Und nun ihren Club, der über gleich mehrere Außenflächen verfügen soll.
Bis auf weiteres werden die Griessmühlen-Partys auf dem Open-Air-Dancefloor statt finden, auf dem gerade immer wilder und doch mit Mundschutz getanzt wird. Aber David Ciura sagt, man werde wohl bald schon auf eine andere Freiluft-Fläche wechseln. Die neue Griessmühle, sie ist in einem organischen Entwicklungsprozess und trotz ihrer offiziellen Eröffnung an diesem Wochenende gerade erst im Entstehen.
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Der Club-Betreiber führt einen in das zukünftige Innere des Clubs, in eine einzige riesige Baustelle. Alles ist zugestellt mit Gerätschaften und Schutt, in einer kleinen Ecke inmitten des Chaos sitzt ein einsamer Mitarbeiter vor seinem Computer. Kommt hier der Dancefloor hin? Oder dort? Wie viele Dancefloors wird es überhaupt geben? Das sind sofort die Fragen an David Ciura, wenn man sich hier umschaut. Doch der gibt sich geheimnisvoll. Das wolle er noch nicht genau beantworten. Aber mindestens zwei Indoor-Floors werde es geben, sagt er.
Erste Kontakte mit Investor Ofer Hava gab es ungefähr zu der Zeit, in der es mit der alten Griessmühle zu Ende ging, also Ende Januar, erzählt Ciura. In der Zeitung habe er darüber gelesen, dass der Projektentwickler an die Berliner Clubcommission herangetreten sei mit dem Wunsch, auch einen Player aus der Partyszene für die Aufwertung seiner Immobilie gewinnen zu wollen.
Mit der neuen Griessmühle hat er viel vor
Gerne hätte Ciura damals den Eigentümer des ehemaligen Club-Geländes in Neukölln dazu bewogen, den Pachtvertrag wenigstens noch um ein paar Monate zu verlängern, um direkt von dem einen zu dem anderen Ort umziehen zu können. Doch der lehnte ab. So musste das ganze Club-Equipment in der Alten Münze in Mitte und in einem Lagerhaus in Brandenburg zwischengelagert werden. Ja, er sei sehr glücklich über den neuen Ort, sagt Ciura, aber zumindest dieses Prozedere hätte er sich gerne erspart.
Der Club-Betreiber hat viel vor mit der neuen Griessmühle. Die soll an das Konzept der alten anknüpfen: „Kunst, Kultur, Performances, Kino, Flohmärkte, Poetry Slams, Konzerte“ solle es auch hier neben dem Clubbetrieb geben, sagt er. Sogar ein kleiner Skaterpark soll entstehen. Und man wolle ein Ort für Berliner Street-Art werden.
[Baergarten Griessmühle täglich von 14 bis 22 Uhr geöffnet. Griessmühle Revier Südost, Open-Air-Partys Freitag 14 Uhr bis 22 Uhr, Sonnabend und Sonntag 9 bis 22 Uhr. Eröffnung dieses Wochenende. Tickets für die Partys nur im Online-Vorverkauf https://griessmuehle.de]
„Wir werden versuchen, die Graffiti-Kunst, die hier entstanden ist, zu archivieren“, sagt Michaela Krüger, Pressesprecherin der Griessmühle. Sie hätten schon Graffiti-Künstler kontaktiert, die sich hier verewigt haben, um von ihnen neue Arbeiten zu bekommen. Etablierte Partyreihen, wie etwa die berühmten sexpositiven „Cocktail d'Amore“-Veranstaltungen, soll es natürlich weiterhin geben. Ab wann genau? Wieder große Geheimnistuerei. „Aber schon eher, als man vielleicht denken würde“, so die Pressesprecherin.
Ende des Jahres sollen die Bauarbeiten in der neuen Griessmühle abgeschlossen sein, so David Ciura. Wenn man sich hier umschaut, klingt das nach einer sehr optimistischen Einschätzung. Aber wahrscheinlich ist gesunder Optimismus einfach eine Lebenseinstellung von ihm. Er eröffnet Mitte September seinen Club, obwohl es draußen langsam immer kälter wird und klar sein dürfte, dass die Open-Air-Saison bald vorbei sein wird.
Indoor wird wegen Corona bis auf weiteres sicher nichts möglich sein. „So kalt wird es im Winter ja nicht mehr in Berlin“, sagt Ciura jedoch, „und ich glaube, man kann auch bei Minusgraden feiern.“ Er ist guter Dinge, dass den ganzen Winter über an frischer Luft in der Griessmühle durchgetanzt werden kann.
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