Advent in Berlin: So originell sind Berlins Adventskalender
In Berlin gibt es nicht nur Adventskalender mit Schokolade. Einer widmet sich sogar den Schultoiletten.
Am Dienstag beginnt der Dezember – und mit ihm die Tage der offenen Türen. Kleine Kalender mit Schokolade für die Kleinen gibt’s im Supermarkt, aber in der großen Stadt gibt es auch jede Menge große – nützlich, witzig oder einfach nett. Wer es kommerziell, aber ausgefallen und regional mag, kann sich mit dem Paläo-Kalender einer Kreuzberger Firma durch die Steinzeit schlemmen und bekommt für 65 Euro … äh, jedenfalls weder Milch noch Soja oder Gluten.
Die brotlose Alternative sind Kunstkalender mit von idyllisch verschneiten Weihnachtsmarktbuden umstelltem Brandenburger Tor für rund elf Euro. Allerdings gibt es die auch mit – immerhin pegidafreier – Frauenkirche und anderen auswärtigen Motiven.
Mehr Lokalkolorit steckt in der Neuauflage der „Einstürzenden Schulbauten“. Über seinen gleichnamigen Blog fordert der Steglitz-Zehlendorfer Elternausschuss alle Berliner Schulen auf: „Zeigt uns eure schimmeligen Wände, kaputten Möbel, vergammelten Sanitäranlagen, verrotteten Fenster und Türen.“ Der Ausschuss leitet die Beiträge täglich per Mail an Politiker, Verwaltungen und Medien weiter. Angesichts des Zustandes vieler Schulen dürfte Türchenmangel ein gravierendes Problem sein, sofern der Trümmer-Advent Heiligabend enden soll.
Begehbarer Adventskalender
Erbaulicher sind die „Nachbarschaftskalender“, die es in mehreren evangelischen Kirchengemeinden in Berlin und Brandenburg gibt: Reihum laden Gemeindemitglieder beispielsweise zu Glühwein oder Gebäck nach Hause. Damit niemand am falschen Stall klingelt, werden die betreffenden Häuser oder Wohnungen mit auffälligen Symbolen geschmückt: Der Stern von Bethlehem weist auch in Blankenburg den Weg. Oder in Pankow, wo sich Kirchen und Kiezinitiativen zusammengetan haben. Täglich, meist 16.30 Uhr, öffnet sich eine Tür im „lebendigen Adventskalender“. Für eine knappe halbe Stunde gibt es „ etwas zu sehen, zu schmecken, zu hören oder zu basteln“.
Gottlos, aber ansonsten ähnlich läuft das mit dem „begehbaren Adventskalender“ im Weitlingkiez und der Viktoriastadt: Lesungen, Chor, Livemusik, Theater, Videoprojektionen, Feuerschau und Pantomime stellt Marion Scheidler, eine der drei Organisatorinnen, in Aussicht – alles privat, kurz und bündig, aber hier und da auch mit der Aussicht auf ein anschließendes Stück Kuchen oder einen Glühwein beim Feuerchen auf dem Hof.
Die Aushänge kleben in den Geschäften im Kiez, das Geld dafür kam aus dem Lichtenberger Kiezfonds. Praktischerweise gebe es etwa genauso viele Interessenten wie Dezembertage bis Heiligabend, so dass mit den Terminen nicht groß jongliert werden musste.
24 rituelle Minivorstellungen
Adventskalender als Quiz stellen beispielsweise Komische Oper und S-Bahn in Aussicht. Die Volksbühne will sich in 24 rituellen Minivorstellungen täglich näher ans „alles dominierende Ereignis: Die Heilige Geburt“ heranarbeiten und weist vorsorglich darauf hin, dass die Vorstellung für Zuschauer unter 18 Jahren nicht geeignet ist. Klingt nach Kaiserschnitt.
Wer Grübeln lieber mag als Gruseln und zugleich Gutes tun will, wird am „Kreuzberg-Kalender“ Freude haben: Für 15 Euro gibt’s ein Abo mit täglichem Rätsel und der Chance auf Preise lokaler Sponsoren. Die Vorgängerversion mit 24 Kreuzberger Produkten wurde nach Auskunft von Miterfinderin Lia Pack verworfen, „weil niemand so viel Nippes braucht“. Deshalb also die nicht ganz leichten Fragen zu Ereignissen des Jahres, an denen sich ganze WGs und WhatsApp-Gruppen abarbeiten können. Von der 1000er-Auflage seien zwar schon doppelt so viele verkauft worden wie 2014, aber immer noch gut die Hälfte da, sagt Lia Pack. Einige will sie am Sonntag auf dem Flohmarkt am Maybachufer loswerden, weitere online. Erfolg ist dem Projekt schon deshalb zu gönnen, weil ein Euro pro Exemplar an die Kältehilfe geht. Das passt doch zum Advent.
Einen weiteren originellen Weihnachtskalender finden Sie in Spandau - wie Sie in unserem Spandau-Blog unter diesem Tagesspiegel-Link lesen können. Und alle Weihnachtsmärkte in Berlin finden Sie unter www.tagesspiegel.de/weihnachten