Geplante Schulöffnung in Berlin: Skepsis bei Gewerkschaft, Fragen und Sorgen bei den Eltern
Am 22. Februar sollen die ersten Schülerinnen und Schüler an Berlins Schulen zurückkehren. So reagieren Eltern und Lehrkräfte.
Auch, wenn es die Kanzlerin frustriert: Die Länder wollen ab übernächster Woche eine langsame Rückkehr in den Präsenzunterricht. "In Berlin haben wir dafür den 22. Februar angepeilt", sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Mittwochabend. Die Öffnungen hätten vor allem sozial- und bildungspolitische Gründe.
Details sollen in einer Sondersitzung des Senats am Donnerstagabend besprochen werden. Darüber, wie eine gestufte Rückkehr von Berlins 360.000 Schülerinnen und Schüler genau aussehen könnte, war vor der Senatssitzung noch keine Einzelheiten bekannt. Müller sagte: "Wenn wir sagen, wir wollen Präsenzbetrieb in den Schulen ermöglichen, reden wir von einem schrittweisen Hochfahren in den Grundschulen – im Wechselunterricht, mit Testeinsatz und Masken."
Bei der zurückgenommenen Schulöffnung im Januar hatten ursprünglich die ersten bis dritten Klassen der Grundschulen und die "abschlussrelevanten Klassen" der weiterführenden Schulen in halber Klassenstärke zurück in die Schulen kommen sollen. Es ist anzunehmen, dass die Bildungsverwaltung von Senatorin Sandra Scheeres (SPD) nah an dieser Strategie zur Rückkehr in den Präsenzunterricht bleibt, aber erst mal nur die jüngsten Grundschüler zurückholt. Präsenzunterricht für abschlussrelevante Jahrgänge gilt vorerst als ausgeschlossen.
Die Erziehungsgewerkschaft GEW Berlin sieht eine Rückkehr weiterhin skeptisch, bevor die Infektionszahlen nicht gesunken sind: „Zum jetzigen Zeitpunkt müssen alle Anstrengungen darauf gerichtet sein, die Anzahl der Infektionen unter die Inzidenz von 50 Neuinfektionen auf 100.000 Menschen in einer Woche zu senken und die niedrigen Infektionszahlen stabil zu halten“, erklärte der Vorsitzende Tom Erdmann.
Erst dann solle "eine schrittweise Öffnung der Kitas und Schulen in halbierten Lerngruppen und prioritär in den Jahrgängen 1-3 erfolgen", sagte Erdmann. Die GEW kritisierte außerdem den "Corona-Stufenplan". Dieser sieht vor, Schulen in vier verschiedene Warnstufen von grün bis rot einzuordnen, je nach Infektionslage an einer spezifischen Schule und in ihrem Umfeld. Die Gewerkschaft lehnt das ab und fordert die Verbindung der Warnstufen mit spezifischen Inzidenzzahlen in ihren Heimatbezirken.
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Wechselunterricht – immer nur eine Hälfte der Klasse geht in die Schule, die andere bleibt zu Hause – hält die GEW aus Sicht der Lehrkräfte für machbar. "Wenn der Stundenplan halbiert wird", sagte ein Sprecher am Donnerstag. "Wenn die Klassen halbiert werden, bedeutet das für Lehrkräfte eine Verdopplung der Lerngruppen, und das muss berücksichtigt werden."
Für Livestreaming aus dem Klassenzimmer seien die Schulen nicht ausgerüstet. Eine Halbierung des Stundenplans ist laut Stufenplan der Bildungsverwaltung auch vorgesehen, wenn Lerngruppen abwechselnd in die Schule kommen, also auf Stufe Rot. Die anderen Stufen sind Orange, Gelb und Grün und sehen jeweils Präsenzunterricht für alle mit unterschiedlich starken Hygienemaßnahmen vor.
Und wie reagieren Berlins Eltern? Schwer zu sagen laut Norman Heise, dem Vorsitzenden des Landeselternausschusses: "Die Berliner Elternschaft ist stark polarisiert", sagte Heise dem Tagesspiegel am Donnerstag.
Viele Fragen zu den Schnelltests
Man müsse nun erst mal abwarten, was genau entschieden werde, "aber gerade unter den Eltern jüngerer Kinder gibt es viele, die erleichtert sind, wenn es wieder eine Perspektive gibt", sagte Heise. Die Vermittlung von Erstwissen wie Lesen, Schreiben oder Rechnen im Fernunterricht funktioniere unter den gegebenen Bedingungen nicht.
Dass sich die Bedingungen an den Schulen in Sachen Infektionsschutz wiederum kaum verbessert haben, besorge einen anderen Teil der Elternschaft sehr, berichtet Heise. Die versprochenen Schnelltests rufen ähnlich gespaltene Reaktionen hervor: Die einen seien erleichtert, dass endlich eine Möglichkeit zum Selbsttest gebe, die anderen lehnten die Tests ab, weil sie sich nicht darauf verlassen wollen, dass sie fachgerecht durchgeführt werden.
"Die Eltern wünschen sich möglichst schnell Klarheit darüber, welche Tests verwendet werden sollen und wo: zu Hause oder in der Schule? Wenn in der Schule: Wie funktioniert die Anleitung? Wie wird verhindert, dass die Testungen nicht zu Superspreader-Events werden? Und wenn zu Hause: Kann man sich dann darauf verlassen, dass wirklich niemand sein positives Kind in die Schule schickt?" Alles Fragen, die die Bildungsverwaltung aus Heises Sicht zur Rückkehr in den Präsenzunterricht noch beantworten muss.
Wenn die Schulen auf Stufe Rot des Coronastufenplans, also im Wechselmodell öffnen, sieht Heise außerdem weiterhin das Problem der fehlenden Betreuung für Eltern, die arbeiten gehen müssen. "Wenn das Kind nach drei Stunden wieder aus der Schule abgeholt werden muss, löst das für viele überhaupt kein Problem", sagte der Landeselternsprecher dem Tagesspiegel.
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