Öffnungsverbot für Geschäfte und Bars: Sind die neuen Pandemie-Regeln für die Berliner Polizei durchsetzbar?
Restaurants, Bars, Geschäfte geschlossen: Die Polizei muss die neuen Regeln nun durchsetzen – zusätzlich zum normalen Betrieb. Schafft sie das?
Die Polizei muss Prioritäten setzen, um die Vorgaben zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie durchzusetzen. Nachdem der Senat am Sonnabend die Schließung von Clubs, Kneipen, Wettbüros und ähnlichen Etablissements verfügt hatte, ist die Polizei bereits unterwegs. Mit den Entscheidungen vom Dienstag gibt es noch mehr zu tun – denn bislang zeigen sich viele Lokalbetreiber unbeeindruckt von der Lage.
Am Dienstagmorgen erklärte Innensenator Andreas Geisel (SPD) dem RBB, die Polizei sei handlungsfähig, auch wenn derzeit mehr als 300 Beamte in Quarantäne sind. Stand Dienstag waren sieben Beamte mit dem Coronavirus infiziert, 104 Beamte müssen als direkte Kontaktpersonen und weitere 208 auf Empfehlung des Amtsarztes zu Hause bleiben.
Geisel sagte, die Polizei werde sich auf die Kernaufgaben konzentrieren. Dazu gehöre, die beschlossenen Einschränkungen durchzusetzen.
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Zumindest an den fast 1900 Spielplätzen in der Stadt muss die Polizei vorerst kein Verbot durchsetzen. Der Senat hat am Dienstag beschlossen, an dieser Stelle vom mit dem Bund vereinbarten einheitlichen Vorgehen abzuweichen.
Aber Läden, die nicht der Grundversorgung dienen, sollen ab Mittwoch geschlossen bleiben. Offen bleiben etwa Supermärkte, Apotheken, Banken, Lieferdienste. Restaurants müssen ab 18 Uhr schließen.
Knöllchen und Anzeigen gegen Falschparker müssen warten
Der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe forderte, die Polizei müsse die Kräfte auf den Kampf gegen die Pandemie konzentrieren: Es sei nicht mehr an der Zeit, Knöllchen für Falschparker zu schreiben und Verkehrskontrollen durchzuführen.
„Es darf nicht überraschen, wenn Menschen trotz der Coronagefahr in Parks, Cafés oder Kneipen mit Hintereingang dicht beieinandersitzen und so der Pandemie Vorschub leisten, wenn der Staat nicht alles daran setzt, seine eigenen Regeln für den Infektionsschutz durchzusetzen.“
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Luthe wirft Innensenator Geisel und Polizeipräsidentin Barbara Slowik vor, die Lage nicht ernst zu nehmen, „wenn zwar einfache Verkehrsordnungswidrigkeiten mit massivem Personaleinsatz verfolgt werden, aber die Ordnungswidrigkeiten gegen das Infektionsschutzgesetz nicht. Das ist aberwitzig.“ Die Verfolgung anderer Ordnungswidrigkeiten müsse zurückgestellt, die Durchsetzung des Infektionsschutzes habe Priorität.
„Unsere Kernaufgabe ist die Sicherheit“, entgegnete eine Polizeisprecherin. „Es dürfen keine rechtsfreien Räume entstehen, dazu zählen auch Verkehrskontrollen.“ Die Beamten könnten nicht wegschauen, wenn ein Auto vorbeirase.
Nach der internen Anordnung, herausgegeben am Montagabend um 20 Uhr von der Einsatzleitzentrale der Polizei, sollen Straftaten nach dem Infektionsschutzgesetz geahndet werden, etwa das Betreiben einer Kneipe oder die Teilnahme an Veranstaltungen und Ansammlungen von mehr als 50 Menschen.
Bei hohem Infektionsrisiko sollen die Beamten im Zweifel wegschauen
Es ist in der Verordnung des Senats nicht vorgesehen, dass die Polizei Ordnungswidrigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz verfolgt, weil die Zuwiderhandlungen laut Polizei als Straftaten eingestuft sind.. Ob in den Restaurants die Tische einen Abstand von 1,5 Metern haben oder sich vor Cafés Menschen in der Sonne tummeln, wäre zwar auch Sache der Polizei. Doch bislang sei kein Beamter mit Zollstock aktiv gewesen, hieß es. Im Zweifel sollen Beamte von Maßnahmen sogar absehen, wenn das Risiko einer Infektion zu groß ist.
Zwar verfügt jeder Beamte über eine Schutzausrüstung, doch die Behörde habe keinen Überblick, wie viel Nachschub auf Lager sei, erklärte die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Noch könne die Polizei die Aufgaben stemmen, es gebe auch weniger Demonstrationen.
Die Lage könne aber in wenigen Tagen und Wochen schon eine ganz andere sein, sagte ein GdP-Sprecher. Auch wenn niemand darüber offen spricht: Sollten härtere Maßnahmen gegen das Coronavirus nötig werden, könnte auch ein schärferes Einschreiten nötig werden – Schutz vor Plünderungen, von sensiblen Einrichtungen wie Krankenhäusern. Hinzu kommt die Infektionsgefahr für die Beamten.
Bis Dienstag bereits mehr als 40 Strafanzeigen
Bislang sind es noch rund hundert Beamte, die nachts zusätzlich unterwegs sind. Auch in den Abschnitten wird vermehrt darauf geachtet, die Vorgaben durchzusetzen. In der Nacht zu Dienstag hat die Polizei 41 Objekte überprüft und geschlossen. 22 Strafanzeigen wegen Verstößen gegen den Infektionsschutz wurden gestellt. Auch fünf größere Menschenansammlungen wurden aufgelöst.
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Und die Kriminalität? Geht sie während der Pandemie zurück? „Das ist ein Blick in die Glaskugel“, sagt Daniel Kretzschmar, Landeschef beim Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Kriminelle passen sich der Lage aber schnell an – etwa beim Enkeltrick.
Betrüger rufen ältere Menschen an und täuschen vor, Enkel oder Neffen zu sein, die für eine Behandlung der Covid-19-Erkrankung Geld bräuchten. Und am Montagabend überfielen vier Maskierte mit Machete, Kuhfuß und Reizgas einen Discounter in Mitte: Sie wollten keine Lebensmittel oder Klopapier – sondern Bargeld.
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